Meist diskutieren Arbeits- und Sozialpolitiker im Bundestag, wie viel Abhängigkeit man Angestellten (welch ein Begriff: Anstellen!) zumuten kann, bis unsere Wirtschaft vollends eingeschnürt ist. Nach so innovationsschädlichen Themen wie dem antiquierten Arbeitszeitgesetz, der Diskreditierung von Zeitarbeit und dem Schubsen selbstbewusster Soloselbstständiger in die Scheinselbstständigkeit (einer Art Vorhölle, bevor man sie wieder in die abhängige Beschäftigung bugsiert) liegen nun tatsächlich zwei interessantere Themen auf dem Tisch.
Erstens: Soll Mitarbeitern (heutzutage meist jungen Müttern) „Brückenteilzeit“ ermöglicht werden, also zeitlich befristete Teilzeit, verbunden mit dem Recht auf Rückkehr in Vollzeit? Und zweitens: Sollen Mitarbeiter das Recht auf Arbeit im Homeoffice haben, wenn dies der Charakter ihrer Arbeit grundsätzlich möglich macht?
Gerade wir Freien Demokraten diskutieren beides intensiv und kontrovers, denn: Hier können unternehmerische Freiheit und die Souveränitätswünsche von Mitarbeitern miteinander in Konflikt geraten. Ich stehe beidem offen gegenüber, jedoch mit Bedingungen!
Schon mittelgroße Unternehmen werden überfordert sein
Was die Möglichkeit zur Rückkehr in Vollzeit angeht: Gute Firmen (wie auch mein altes Unternehmen Deutsche Telekom AG) haben dies längst freiwillig eingeführt. Zudem wünschen sich laut aktuellen Studien nur 13 Prozent der Frauen nach der Teilzeit zurück in die Vollzeit.
Das Ziel ist völlig richtig. Fürchterlich ist nur, wie die GroKo es umzusetzen gedenkt. So leidenschaftlich bürokratisch, dass schon mittelgroße Unternehmen mit 46 bis 200 Mitarbeitern überfordert sein und kleine wie große Unternehmen vor hohe Hürden mit Beweispflichten und -lasten gestellt sein werden.
Ich empfehle den Drangsalierungsfetischisten der Bundesregierung stattdessen einen Besuch beim schwäbischen Maschinenbauer Trumpf. Dort klären in regelmäßigen Mitarbeiter-Entwicklungsgesprächen diese selbst ihre Arbeitszeit mit der Personalabteilung – seit vielen Jahren erfolgreich. Natürlich mit zeitlichem Vorlauf und damit personeller Planungsstabilität für das Unternehmen.
Die Gewerkschaften fürchten die Vertrauensarbeitszeit
In den Niederlanden müssen Arbeitgeber begründen, wenn sie Wünsche nach Homeoffice ablehnen, etwa wegen Sicherheitsrisiken, unlösbarer Dienstplanung oder nicht vertretbarer finanzieller Probleme. Ein durchaus gangbarer Weg auch in Deutschland, wenn damit auch die Vertrauensarbeitszeit gilt – der leibhaftige Teufel für die Gewerkschaften.
Übrigens: Das Gerücht, dass Mitarbeiter im Homeoffice alles tun – nur nicht arbeiten, lässt sich anhand zahlreicher Studien widerlegen. Laut Stanford-Ökonom Nicholas Bloom steigt die Produktivität am heimischen Bildschirm um 13 Prozent, da wir zu Hause weniger und kürzere Pausen machen und uns seltener krankmelden. Und mehr Spaß mache die Arbeit daheim Bloom zufolge auch. Doch Übermaß schadet! Schmerzlich erfahren hat das Yahoo, wo durch Verabsolutierung von Homeoffice Unternehmenskultur und Performancemanagement zerfaserten. Organisationen benötigen feste Zeiten im Team und für Führungsgespräche.
Seit Jahren streite ich dafür, Mitarbeiter als „Unternehmensbürger“ anzusehen. Mit Rechten und Pflichten. Sie sind in der modernen Arbeitswelt keine passiven Objekte, sondern selbstbewusste, mündige und souveräne „Bürger“ ihres Unternehmens. Die Mitarbeiter der Zukunft suchen nach Sinn – sie möchten in Unternehmen arbeiten, deren Ziele Sinn geben und die sich mit eigenen Interessen und Werten vereinbaren lassen. Damit einher geht eben ein Kontrollverlust von Führungskräften und Betriebsräten.
Den digitalen Wandel bewältigen wir nicht mit den Methoden des 20. Jahrhunderts. Auch Arbeitskulturen und Arbeitsrecht müssen neue Wege gehen. Technologische und soziale Innovation sind Zwillinge – sie begünstigen und bedingen einander.
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