Eine Zerschlagung wäre dramatisch – aber wohl die beste Lösung
Eine EU-Entscheidung könnte das Ende von DB Cargo einläuten. Ein Drama für die Beschäftigten? Sicher. Aber auch die größte Chance seit Langem. Ein Kommentar.
Jahrelang fuhr die Güterbahntochter nichts als rote Zahlen ein, von Quartal zu Quartal zahlte der Mutterkonzern Millionenbeträge, damit die Gütersparte überlebt. Ein Jammerzustand, so konnte es einfach nicht weitergehen. Das Unternehmen wurde in Stücke filetiert, größere Bereiche an Wettbewerber verkauft. Ein Drama für die Beschäftigten. Doch schon bald zeigte sich: Es war auch der notwendige Neustart für die Bahn.
Die Rede ist nicht von DB Cargo, sondern von der französischen Güterbahntochter SNCF Fret. Die wurde von ihrer Mutter getrennt, ist seit Anfang des Jahres als schlankere Gesellschaft am Markt. Das Unternehmen nimmt damit vorweg, was der DB Cargo noch bevorsteht – im besten Fall.
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Zäsur für die Deutsche Bahn
Wie SNCF Fret wird nun auch die deutsche DB Cargo von der Europäischen Kommission zu Veränderungen gedrängt. In Zukunft, so die ersten Erkenntnisse der EU-Wettbewerbsprüfung, muss die Güterbahntochter ohne finanzielle Hilfen des Mutterkonzerns auskommen. Es wäre eine Zäsur für die Deutsche Bahn, das Ende für DB Cargo, wie es heute existiert.
Mag sein, dass die EU dem Unternehmen aufgrund Reformbemühens ein bis zwei Jahre Bedenkzeit zugesteht. An den strukturellen Problemen wird das nichts ändern: Der lange als Sündenbock gepriesene Einzelwagenverkehr wird mittlerweile von der Bundesregierung mit hunderten Millionen Euro im Jahr gefördert. An der negativen Bilanz der Gesellschaft hat das nichts geändert: 250 Millionen Euro Verlust – allein im ersten Halbjahr. Damit ist klar: Lange wird sich das Unternehmen ohne die Ausgleich-Millionen der DB nicht halten können. Und dann?
Dürften zunächst die im Konzern laut werden, die sich auch bisher gegen jegliche Veränderungen stemmten. Etwa die Gewerkschaften: Mehr arbeiten für weniger Geld? Kaum durchsetzbar in einer Branche, in der schon heute Tausende von Zugführern fehlen. Und es geht ja nicht nur um resistente Arbeitskräfte: Es sind unrentable, langwierige Kundenverträge, margenschwache Aufträge, zu viel Bürokratie und ineffiziente Prozessabläufe, die DB Cargo seit Jahren lähmen.
Am Ende könnte es deshalb möglicherweise so kommen wie in Frankreich: Eine Zerschlagung des Konzerns. In einen per Definition unrentablen, aber politisch geförderten Teil (den Einzelwagenverkehr); und einen zweiten, marktfähigen – der sich dann aber auch am Markt beweisen muss. Ein radikaler Einschnitt wäre das. Aber möglicherweise auch die Chance, die verkrusteten Strukturen endlich aufzulösen, wie ein erneuter Blick nach Frankreich zeigt: Anfang des Jahres, wenige Monate nach dem Neustart für Fret, spricht dort die Chefriege von Wachstum. Bis 2030 soll sich die Menge der Güter auf der Schiene verdoppeln.
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