„Warum sollten wir Sie einstellen?“ – euer Ernst? | © Getty Images

„Was sind Ihre größten Schwächen?“ – Warum viele Interviewfragen nicht mehr zeitgemäß sind

Mein Plädoyer für klügere Gespräche im Recruiting.

Wer im Jahr 2025 noch fragt: „Was sind Ihre größten Schwächen?“, ist nicht neugierig – sondern im Bewerbungsgespräch von 2008 steckengeblieben.

Natürlich lässt sich diese Frage irgendwie beantworten.
Mit Klassikern wie:
„Ich bin zu perfektionistisch.“
„Ich arbeite zu viel.“
Oder – je nach Tagesform – mit: „Ihre schönen Augen.“

Aber hilft das irgendwem? Wohl kaum.

Viele Standardfragen im Vorstellungsgespräch gehören überdacht.
Sie liefern wenig Erkenntnis, erzeugen Stresssituationen ohne Mehrwert und wirken oft wie ein Pflichtprogramm aus längst vergangenen HR-Zeiten.

Beispiele gefällig?

„Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?“
Eine verständliche Frage – wenn es um strategische Planung geht. Aber im Bewerbungsgespräch wirkt sie oft gestellt. Und weltfremd.

„Warum sollten wir Sie einstellen?“
Nach zwei Gesprächsrunden sollte die Antwort auf diese Frage nicht mehr allein vom Kandidaten kommen müssen. Wenn die Gesprächspartner keine klare Vorstellung haben, ist das möglicherweise das größere Problem.

Dabei geht es auch anders. Moderne Interviews brauchen modernere Fragen. Fragen, die Tiefe schaffen, Perspektiven zeigen und wirklich etwas über die Person verraten.

Zum Beispiel:

✔️ „Woran bist du in deinem letzten Job gescheitert – und was hast du daraus gelernt?“
✔️ „Was war das Letzte, das du freiwillig neu gelernt hast?“
✔️ „Wenn du ein Team führst – was ist dir wichtiger: Geschwindigkeit oder Genauigkeit?“
✔️ „Mit welchem Führungsstil kommst du nicht klar – und warum?“

Solche Fragen öffnen Gesprächsräume. Sie zeigen Denkweisen, Werte, Selbstreflexion. Und sie lassen auch Raum für Ehrlichkeit – ohne dass sich Bewerber:innen wie in einem Kreuzverhör fühlen.

Recruiting ist längst mehr als reines Abfragen von Fakten.
Es ist Beziehungsarbeit, Matching, ein Kennenlernen auf Augenhöhe. Wer heute noch auf Floskeln setzt, verpasst die Chance, Menschen wirklich zu verstehen.

Und wer weiß – vielleicht ist die merkwürdigste Interviewfrage nicht die, die gestellt wird. Sondern die, die niemand mehr hinterfragt.

Ika Amonath schreibt über Employer Branding, Recruiting Insider, Personalvermittlung, Job & Karriere

Recruiting und Ika = 🤝 Ika hat nicht nur einen Podcast und schreibt spannende Artikel: Vielmehr vermittelt sie Fach- und Führungskräfte per Direktansprache für verschiedene Branchen, hilft in Fragen zu Personal Branding wie Employer Branding und genießt an ihrem Job, das kein Tag gleich ist.

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