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Wie die hausärztliche Versorgung auf dem Land gesichert und gestärkt werden kann

Die Versorgungsdefizite im Gesundheitswesen werden immer größer, vor allem der Mangel an Landärzten ist nach wie vor eine drängende Herausforderung.

Steindorf ist eine ländlich gelegene schwäbische Gemeinde mit knapp 1000 Einwohnern. Gleichzeitig liegt sie im Einzugsgebiet der Metropole München sowie der Großstadt Augsburg.

Für medizinische Angebote müssen aktuell meist längere Wege in Kauf genommen werden. Starker Zuzug durch vor allem auch junge Familien aus München führt dazu, dass die knappen Gesundheitsangebote in der Region für eine noch größere Personenanzahl ausreichen müssen. Der demografische Wandel bei Hausärzten, Fachkräftemangel bei Therapeuten und in der Pflege verschärfen dieses Problem zunehmend.
Christine Bergmair

Seit Jahren setzt sich Christine Bergmair für lokale, kommunale und regionale Strategien zur Sicherstellung und bedarfsgerechter Infrastruktur im Gesundheitswesen ein und hat hier aus eigener Initiative heraus ein modernes Praxishaus gebaut: Der ökologische Holzneubau ist technisch auf aktuellem Stand, es gibt Praxisräume mit geteilten Gemeinschaftsflächen und der Option zu Praxis-Sharing, ein Seminarraum für Veranstaltungen rund um Gesundheit und Prävention und zur Aus-, Fort- und Weiterbildung von Fachpersonal sowie eine große Außenanlage für Kurse und Erleben in der Natur. Doch es fehlen Ärzte, um eine nachhaltige, zukunftssichere und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Und das, obwohl in Steindorf ein Angebot geschaffen wurde, das es noch nie gegeben hat.

 Die Gründe dafür sind vielfältig: So bevorzugen viele junge Ärzte Angestelltenverhältnisse und Teilzeitmodelle (veränderte Lebensmodelle), was die Übernahme von Einzelpraxen erschwert. Auch die hohe Arbeitsbelastung (Bereitschaftsdienste, lange Arbeitszeiten) sowie große Entfernungen (häufig weite Wege, um Hausbesuche zu machen, Distanz zu Spezialisten und Kliniken) halten Landärzte von diesem Schritt ab. Dabei könnten sie als Hausärzte in ländlichen Regionen als medizinische Generalisten ein breiteres Aufgabenspektrum abdecken als ihre Kollegen in der Stadt. Auch wäre die Arzt-Patienten-Beziehung hier viel intensiver. Doch was es zunächst braucht, sind große, übergeordnete Maßnahmen, um im Kleinen wirken zu können. Dazu gehören:

  • Finanzielle Anreize (einige Bundesländer bieten Prämien für die Niederlassung in einer unterversorgten Region)

  • Gezielter Bürokratieabbau

  • Förderung von E-Health und Telemedizin (vor allem im ländlichen Raum)

  • Stärkere Förderung von Forschung und Innovation

  • Gewinnung, Bindung, Förderung und Schutz von Fach- und Spitzenkräften

  • Förderung des Gesundheitsbewusstseins: Aufklärung und Bildung für Fachkräfte und die Bevölkerung (Förderprogramme, Ausbau und die Förderung von Bildungsinitiativen im Gesundheitsbereich)

  • Größere Priorisierung der Gesundheitsdatennutzung gegenüber übertriebenem Datenschutz

  • Etablierung einer holistischen Kostenbetrachtung

  • Landarztquote (ermöglicht es Medizinstudierenden mit einer Verpflichtung, später in unterversorgten ländlichen Gebieten zu arbeiten, einen Studienplatz ohne einen exzellenten Abiturschnitt zu erhalten)

  • Mentalitätswechsel weg von bloßem Benennen von Hindernissen (z. B. im Bereich der Regulatorik, hin zu einem problemlösungsorientierten Ansatz)

  • Stärkung der Nachhaltigkeit und grünen Technologien im Gesundheitssektor: Einrichtung von grünen Innovationsfonds auch für den Gesundheits(wirtschafts)-Bereich

  • Projekte zur Nachwuchsgewinnung (Kampagnen oder Veranstaltungen)

  • Überwindung der Sektorengrenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung (Ermöglichung eine durchgängige und patientenorientierte Versorgung)

  • Stipendien (Landesministerien und Kassenärztliche Vereinigungen vergeben diese an Studierende, die sich für eine Tätigkeit auf dem Land entscheiden)

  • Verbesserung der Versorgungsqualität entlang der Patient Journey (Stärkung der sektorübergreifende Zusammenarbeit)

Um eine flächendeckende, effiziente Gesundheitsversorgung vor Ort sicherzustellen, bietet Christine Bergmair, Gründerin des Gesundhaus i-Tüpferl in Steindorf, auch Ärzteseminare an (z.B. „Erfolgreich Niederlassen & Praktizieren“, „Praxisprävention & umfassende Patientenbegleitung durch Wissen, Vernetzung & Innovationen“) und engagiert sich auch beim Thema Quartiersmanagement und arbeitetet eng mit der Gemeinde und regionalen Partnern zusammen, um die Angebote des Gesundhaus mit den Bedürfnissen vor Ort zu verknüpfen. Ihr Anliegen ist es, durch die Vernetzung von Gesundheitsangeboten und sozialen Aktivitäten die Lebensqualität im ländlichen Raum zu verbessern und ein lebendiges Quartier für alle Generationen zu schaffen und soziale Teilhabe zu ermöglichen. In der Gemeinde Steindorf wird Quartierspflege und Quartiersmanagement künftig durch die Kommune organisiert - mit ihr als Partnerin. Dabei unterstützt die Gesellschaft für Gemeinsinn e.V.

Weiterführende Informationen:

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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