Zinshammer vom iPhone-Bauer: Apple düpiert die US-Bankenwelt
Der Tech-Riese startet ein Sparkonto in den USA und lockt mit deutlich höheren Zinsen als klassische Geldhäuser. Das erhöht den Druck, dass Banken nachziehen.
Apple mischt den US-Finanzmarkt auf. Der Technologiekonzern bringt mit der Investmentbank Goldman Sachs ein Hochzins-Sparkonto an den Start, das Nutzern der Apple Card 4,15 Prozent Jahreszins bietet – mehr als das Zehnfache des US-Durchschnitts.
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Die Apple-Offerte erhöht den Druck auf Banken und Fintechs, mit ähnlichen Angeboten nachzuziehen. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.
Was macht das Apple-Konto so besonders?
Das Sparkonto, das es zunächst nur in den USA gibt, ist ein Zusatzangebot für all jene Kunden, die bereits eine Apple-Kreditkarte besitzen. Seit 2019 gibt Apple gemeinsam mit Goldman Sachs und Mastercard eine Kreditkarte aus und ist damit der erste Technologiekonzern, der eng mit Finanzinstituten kooperiert. Im Oktober hatten die Firmen bereits angekündet, dass es auch ein Sparkonto geben soll.
Kunden erhalten auf ihre Guthaben 4,15 Prozent Zinsen pro Jahr. Damit liegt Apple höher als der Kreditkartenanbieter American Express, der 3,75 Prozent für seine Sparkonten bietet. Das Angebot ist auch attraktiver als die 3,9 Prozent, mit denen die Goldman-Tochter Marcus für ihre eigenen Konten wirbt. Goldman-CEO David Somolon sieht dies als „eine Möglichkeit, eine weitere Quelle für Einlagen zu erschließen“, sagte er am Dienstag bei der Vorstellung von Goldmans Quartalszahlen. „Es ist immer gut für uns, unsere Einlagenbasis zu erweitern.“ Derzeit gebe es nur eine kleine Schnittmenge zwischen Goldmans Marcus-Kunden und den Apple-Kreditkartenbesitzern. Solomon wolle jedoch genau beobachten, ob es „Kannibalisierungseffekte“ gebe.
Für das Apple-Angebot gilt eine Obergrenze von 250.000 Dollar. Bis zu diesem Wert sind Einlagen in den USA versichert. Kunden können das Konto aus der Wallet-App von Apple heraus verwalten. Dort sind beispielsweise auch die Kredit- oder Debitkarten hinterlegt, die man für den Bezahldienst Apple Pay nutzt.
Warum bietet Apple hochverzinste Sparkonten an?
Der Konzern will sein wesentliches Finanzprodukt, die Apple Card, attraktiver machen und Apple Pay stärken. Indem das Unternehmen die Apple Card um eine Sparmöglichkeit ergänzt, könnten Kunden nun „Geld ausgeben, versenden und sparen – alles von einem Ort aus“, erläuterte Jennifer Bailey, die bei dem Tech-Konzern für Apple Pay and Apple Wallet zuständig ist.
Letztlich geht es also darum, dass Apple seine Kundinnen und Kunden enger an sich binden will. Inzwischen lassen sich ein erheblicher Teil der alltäglichen Finanzdienstleistungen nun unmittelbar über die Apple Wallet abwickeln.
Welche Folgen hat das Apple-Sparkonto für den US-Markt?
Apple verweist darauf, dass der Jahreszins von 4,15 Prozent den landesweiten Durchschnitt weit übertrifft. Im Schnitt betrugen die Zinssätze für Sparprodukte laut Einlagensicherungsfonds FDIC zuletzt 0,37 Prozent. Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat die Leitzinsen in den vergangenen zwölf Monaten im Rekordtempo auf die Spanne von 4,75 bis 5,0 Prozent erhöht. Viele US-Banken haben lange Zeit die Zinsen auf Sparguthaben allerdings nicht weitergegeben.
Die Zinsen auf Kredite indes hoben die Geldhäuser deutlich an. Nach der Pleite der Silicon Valley Bank (SVB) im März leiden viele kleine und mittlere Geldhäuser unter einer allgemeinen Vertrauenskrise und Einlagenabflüssen. Das Apple-Produkt könnte nun den Druck auf US-Banken weiter erhöhen, ihren Sparern ebenfalls bessere Konditionen anzubieten. Das würde die Finanzierungskosten für die Banken deutlich in die Höhe treiben.
Geldmarktfonds, die unter anderem in als sicher geltende kurzfristige US-Staatsanleihen investieren, sind zunehmend zur Konkurrenz für Banken geworden. Sie locken mit Renditen von vier bis fünf Prozent und haben in den vergangenen Wochen Rekordzuflüsse verzeichnet. Bei Geldmarktfonds gibt es jedoch keine Einlagensicherung.
Kommt das Apple-Sparkonto auch nach Europa?
Zumindest nicht so schnell. Nourdine Abderrahmane, Partner der Beratungsfirma LPA, bezweifelt, „dass Apple das neue Sparprodukt bald auch nach Europa bringt“. In Europa geben viele Banken die Zinserhöhungen auch nur zögerlich an ihre Kunden weiter, aber bei einigen Geldhäusern gibt es bereits wieder relativ hohe Tages- und Festgeldzinsen.
Gleichwohl ist es aus Sicht Abderrahmanes nur „eine Frage der Zeit, bis Apple Finanzprodukte wie die Apple Card auch in Europa anbietet“. Bei der Kreditkarte arbeitet der Konzern seit 2019 mit Goldman Sachs zusammen. Abderrahmane verweist darauf, dass Apples Bezahldienst Apple Pay auch zuerst in den USA gestartet ist. Apple Pay legte 2014 in den USA los, Ende 2018 folgte der Start in Deutschland.
Apple bietet mit „Pay Later“ bereits Ratenzahlung an. Ist der Tech-Konzern damit eine Bank?
Erst Ende März ist Apple mit dem Angebot von Ratenzahlungen über Apple Pay gestartet, ebenfalls zunächst nur auf dem amerikanischen Markt. Angekündigt hatte der Konzern die Pläne für das Angebot bereits im vergangenen Juni. Apple geht es Branchenkennern zufolge vor allem darum, die Transaktionen per Apple Pay in die Höhe zu treiben.
Eine Bank wird Apple dadurch aber nicht. Zwar gibt es mit Apple Financing eine Konzerntochter, die für Bonitätsprüfung sowie Kreditvergabe zuständig ist und künftig an Wirtschaftsauskunfteien berichten will. Doch die Abwicklung des Geschäfts läuft erneut über Goldman Sachs. Zudem kooperiert Apple mit dem Kreditkartenanbieter Mastercard, der bereits Ratenkauf für Händler und Darlehensgeber oder Bankpartner verknüpft.
Eine volle Bankenlizenz zu beantragen ist aufwendig und teuer und würde komplizierte Regulierungsvorschriften mit sich bringen. Analysten gehen daher davon aus, dass sich Apple-Chef Tim Cook auf Finanzdienstleistungen konzentrieren wird, die ohne Banklizenz möglich sind.
Mit Apple Pay Later tritt der Konzern in Konkurrenz zu etablierten Banken und vor allem zu relativ jungen Anbietern von Raten- und Rechnungskauf wie Affirm und Klarna. Im Fachjargon werden diese Bezahlarten „Buy now, pay later“ genannt. Apples Markteintritt dürfte die Wettbewerber beunruhigen, weil Kunden des US-Konzerns Käufe über sechs Wochen ohne Zinszahlung strecken können. Außerdem dürfte Apple vor allem Kunden mit hoher Kaufkraft und hoher Zahlungsbereitschaft ansprechen.
Wieso macht Apple das iPhone zum Bezahlterminal an der Ladenkasse?
Seit dem vergangenen Jahr bietet Apple in den USA Händlern die Möglichkeit, kontaktlose Karten- und Smartphone-Zahlungen über das iPhone anzunehmen. Das iPhone, ausgestattet mit einer App von Partner-Zahlungsdienstleistern, wird damit zum Kartenlesegerät, wie man es sonst üblicherweise in Geschäften kennt. Apple nutzt bei seinem Service „Tap to Pay“ auch die NFC-Technologie, kurz für Near Field Communication.
Dadurch tritt Apple in Konkurrenz zu einer Vielzahl von Anbietern der Kartenlesegeräte. Dazu zählen traditionelle Zahlungsfirmen, aber auch der US-Onlinebezahldienst Paypal bietet mit Zettle (früher iZettle) Bezahlterminals gerade für kleine Unternehmen. Paypal dürfte es darum gehen, auch Händlern künftig zusehends weitere Finanzdienstleistungen anzubieten und zugleich Apple-Software.
