Bestsellerautor Schätzing: Für die Geiz-ist-geil-Wirtschaft müssen Milliarden Menschen leiden.
Autor Frank Schätzing findet, Klimaschutz brauche ein neues Narrativ, das Spaß statt Angst verbreitet. Ein Gespräch über neue Technologien, bessere Arbeitsplätze und weniger Konsum.
Die Süddeutsche Zeitung hat Frank Schätzing (Der Schwarm) neulich als Meister des Wissenschaftsthrillers bezeichnet. Vor Kurzem hat der Kölner Autor ein neues Werk herausgebracht, es ist sein zweites Sachbuch. Über „Was, wenn wir einfach die Welt retten“ haben wir mit ihm am 25.05. im XING Live Lunch Talk gesprochen.
Als Person des öffentlichen Lebens wolle er mit dem Buch versuchen, „die Fakten (zum menschengemachten Klimawandel) so in die Öffentlichkeit zu transportieren, dass sie konsumierbar werden, dass sie verdaulich werden, dass sie befreit von Scham und Schuld, Debatten und Moral-Tiraden, einfach ins allgemeine Denken Einzug finden“, sagt Schätzing. Denn das Thema Klimaschutz habe ein Imageproblem: „Wir erzählen die ganze Geschichte falsch. Klimaschutz ist ja erst mal was Gutes“, so Schätzing in dem Gespräch weiter.
Deutschland sei indes „verliebt in den Pessimismus“, die Frage sei deshalb, ob es nicht möglich sei, „neue, bessere, mehr Arbeitsplätze in Zukunftsbranchen zu schaffen? Klimaschutz geht ganz klar in diese Richtung“. So könnten etwa Hochgeschwindigkeitszugtrassen Inlandsflüge ablösen und dabei auch mehr Arbeitsplätze schaffen, als in der Flugindustrie verloren gingen. Der Klimaschutz würde die Welt für alle Beteiligten verbessern, und „uns wieder ein Gefühl für Wertigkeit“ vermitteln. „Wir leben in einer Welt, in der wir das Märchen von von der ständigen Verfügbarkeit von allem und jedem in jeder beliebigen Menge zum billigsten Preis erzählen“, sagt Schätzing im Gespräch weiter. „Das führt zu einem Wertverfall, zu einer Billig- und Geiz-ist-geil-Mentalität. Und das, was wir haben, ist doch vielfach nichts mehr wert. Dafür müssen Millionen Lebewesen leiden. Dafür müssen Milliarden Menschen leiden, die nicht nachhaltig prosperieren können in ärmeren Ländern. Das heißt, es ist nicht gut“, so der Bestsellerautor weiter.
Für einen nachhaltigen Wandel könne jede und jeder etwas tun: Er selbst sei inzwischen regelrecht „süchtig“ danach, seinen privaten Wasserverbrauch „smart“ zu reglementieren: „Ich kann gar nicht mehr anders, als über meinen Wasserverbrauch nachzudenken.“ Das Gefühl, selbst wirksam zu sein, könne deshalb viele Menschen zum Umdenken bewegen. Neben neuen Technologien sei auch Ernährung ein wichtiger Hebel, Treibhausgase zu reduzieren: „Wir müssen auch mal Ekelgrenzen überwinden. Heuschrecken sind auch nichts anderes als fliegende Garnelen“, sagt Schätzing. Da gäbe es noch viel zu entdecken.
Die „systemischen Weichenstellungen“ könnten allerdings nur Politik und Wirtschaft vornehmen. Diese Aufgabe könne nicht auf den Einzelnen abgewälzt werden. Die beste Kombination dafür wäre deshalb eine Koalition aus Union und Grünen, und damit aus „Klimapragmatikern mit Erfahrung im Regieren“ und der Partei, die am besten dazu befähigt sei, den Klimaschutz positiv zu besetzen. Zudem müsse der Staat Menschen mit geringem Einkommen künftig durch eine Klimazulage unterstützen.
Das Video ist ein Ausschnitt aus einem längeren Gespräch, das als Live Lunch Talk am 25.05. digital stattgefunden hat. Folgt dieser Seite, damit ihr keine weiteren Zukunft.machen. Live Gespräche verpasst.
Zum Autor:
Frank Schätzing ist einer der populärsten deutschen Autoren. Schätzing, Jahrgang 1957, studierte Kommunikationswissenschaften und war Mitbegründer der Kölner Werbeagentur Intevi. Seit den 90er Jahren ist er als Schriftsteller aktiv, sein größter Erfolg war „Der Schwarm“, der weltweit in 27 Sprachen übersetzt wurde und seit Erscheinen eine Gesamtauflage von ca. 3.8 Millionen Exemplaren erreichte. Frank Schätzing ist zudem ausgebildeter Taucher, Musiker, Musikproduzent und leidenschaftlicher Hobbykoch. Er lebt mit seiner Frau in Köln.