Der Bericht des sogenannten Sonderermittlers der Bundesregierung belegt: Der amerikanische Geheimdienst NSA hat auch deutsche Unternehmen ausgespäht. Wie erfolgreich er dabei war, ist nicht klar. Sicher jedoch ist, dass er es versucht hat und dass der deutsche Bundesnachrichtendienst ihm dabei half.

Welche Unternehmen wahrscheinlich illegal überwacht wurden, verrät zumindest der öffentlich zugängliche Teil des Berichts nicht. Dabei kennt die Bundesregierung die Namen. Wie viele deutsche Firmen genau von NSA-Spionageversuchen betroffen sind? Nicht einmal das sagt der Regierungsbericht.

In einem Rechtsstaat muss staatliches Handeln rechtlich überprüfbar sein. Wenn jemand in Deutschland nicht damit einverstanden ist, überwacht zu werden, kann er dagegen klagen. Die Krux daran: Er muss davon Kenntnis haben. Geheimdienste in Deutschland sind deshalb dazu verpflichtet, Betroffene von Überwachung zu informieren. Sie tun das ungern, unwillig und unvollständig, haben aber letztlich keine Wahl. Der BND wird dazu beispielsweise in Paragraf sieben des BND-Gesetzes verpflichtet.

Der Regierungsbericht aber verweigert den Betroffenen genau diese Möglichkeit. Indem die Namen der Firmen verschwiegen werden, nimmt die Bundesregierung ihnen die Chance, ihr Recht einzuklagen. Sie macht sie rechtlos.

So etwas sollte niemand hinnehmen. Jedem Unternehmen hierzulande, dass Beziehungen zum Ausland hat, kann man daher nur raten, sofort beim BND nachzufragen. Sie sollten ihr Auskunftsrecht nutzen, Druck beim Bundesnachrichtendienst machen und notfalls vor Gericht ziehen.

Seit Monaten wird darüber gestritten, was genau die NSA aus dem Datenstrom fischt, wen sie ausspionieren will. Der Bundestag wollte diese Selektoren genannten Suchworte sehen, er wollte sie analysieren, um aufklären zu können, wofür sich die NSA interessiert. Die Bundesregierung weigert sich, dem Parlament diese Beweise zu zeigen, und setzte den Sonderermittler zur Prüfung ein. Doch weigert sich dieser nun, öffentlich zu machen, wer Betroffene sind.

73 Nummern von EADS und Eurocopter

Sein Bericht nun beweist, dass die NSA zum Beispiel nach Telefonnummern und nach Mobilfunkkennungen (IMSI und IMEI genannt) sucht und damit nach Telefonaten, die Mitarbeiter deutscher Firmen geführt haben. Auch E-Mail-Adressen finden sich zuhauf in den Interessenclustern der Amerikaner. Wessen? Und warum wurde danach gesucht? Das verschweigt der Sonderermittler – auf Weisung der Bundesregierung.

In einem Punkt wird er aber deutlicher: Seit Längerem ist bekannt, dass die europäischen Rüstungsfirmen Eurocopter und EADS im Suchprofil der NSA lagen. Dem BND selbst fiel das 2005 zum ersten Mal auf, woraufhin er entsprechende Suchbegriffe aussortierte. Der Bericht des Sonderermittlers sagt nun wenigstens, worum es dabei ging: "Es handelt sich um Telefonnummern im Zusammenhang mit diesen Firmen und Dienststellen von ihnen in europäischen und außereuropäischen Ländern. Die Liste umfasst 73 Einträge." Genauer: "EADS (52 Rufnummern) bzw. EUROCOPTER (22 Rufnummern)." Die NSA interessierte sich also für 73 Telefonnummern dieser beiden Firmen. Was die Dimension der Spionage deutlich macht: Wenn die NSA sich für jemanden interessiert, dann tut sie es richtig.

Eurocopter und EADS sind keine deutschen Firmen. Aber auch solche finden sich laut dem Bericht in den NSA-Daten. So nennt er in der sogenannten Ablehnungsliste für Telefonie-Selektoren 13 dieser Begriffe, die "verschiedenen Unternehmen" in Deutschland zugeordnet werden konnten. In einer anderen Suchwortliste fanden sich "19 Selektoren (IMSI und Telefonnummern) von deutschen Unternehmen in Mitgliedsstaaten der Europäischen Union". 

BND soll Spionage abwehren, nicht unterstützen

Das Gesetz schützt jedes Unternehmen hierzulande vor ausländischer Spionage. Der BND hat sogar die Aufgabe, solche Spionageversuche fremder Mächte zu erkennen und abzuwehren. Denn die Bundesrepublik ist laut Grundgesetz dazu verpflichtet, zu verhindern, dass deutsche Grundrechte durch andere Staaten verletzt werden. Das ändert sich auch nicht, wenn der BND mit ausländischen Diensten kooperiert. Auch dann hat er dafür zu sorgen, dass diese keine deutschen Gesetze brechen, solange sie hier zugange sind.

Das hat der BND auch versucht, es hat nur nicht funktioniert. Grundsätzlich bemüht sich der Bundesnachrichtendienst, alle Suchanfragen der NSA zu filtern und jene auszusortieren, die gegen deutsches Recht verstoßen – doch dieser sogenannte G10-Filter arbeitete nie richtig. Das haben verschiedene BND-Leute im Untersuchungsausschuss zugegeben. In einem internen Mängelbericht hatte das der Nachrichtendienst selbst sogar schon vor Jahren festgestellt.

Konsequenzen? Bislang keine. Im Gegenteil: Es soll nun sogar vertuscht werden, wer alles von diesem lückenhaften Grundrechtsschutz betroffen war, wer also illegalerweise ausgespäht wurde. Das sei notwendige Geheimhaltung, argumentiert die Bundesregierung. Man müsse die eigenen und die amerikanischen Interessen schützen. Aber wer schützt die Interessen der Ausgespähten?

Das Problem betrifft natürlich nicht nur Unternehmen. Aber sie haben die Macht und das Geld, sie haben die Ressourcen, um solche langwierigen Klagen zu führen. Sie sollten sie nutzen, um das Recht aller auf Auskunft durchzusetzen. Sie sollten dafür kämpfen, damit auch alle anderen erfahren können, ob sie unter dieser Geheimniskrämerei leiden.