Der Europäische Gerichtshof hat Deutschland dafür verurteilt, zu wenig gegen Nitrate im Grundwasser unternommen zu haben. Wie die Richter feststellten, hätte Deutschland zusätzliche oder verstärkte Maßnahmen einleiten müssen, um seine Gewässer zu schützen. Die Bundesrepublik habe damit gegen die für den Gewässerschutz maßgebliche EU-Richtlinie verstoßen. Strafzahlungen in Milliardenhöhe könnte die EU-Kommission nun in einem zweiten Schritt durchsetzen.

Die Kommission war 2016 gegen Deutschland vor Gericht gezogen, weil die Bemühungen gegen die Gewässerverunreinigung durch Nitrat nicht verstärkt worden waren. Hintergrund sind zu hohe Werte in Grund- und Oberflächenwasser, also Bäche, Flüsse und Meere. Eine Konzentration über 50 Milligramm Nitrat pro Liter Wasser gilt als bedenklich. In ihrem Nitratbericht räumte die Bundesregierung 2016 ein, dass dieser EU-Grenzwert an mehr als einem Viertel der deutschen Grundwasser-Messstellen überschritten wurde.

Das Trinkwasser ist bis auf wenige Ausnahmen nicht belastet. Anders das Grundwasser: An 28 Prozent der Messstellen in Deutschland wurden laut einem Bericht von 2016 mehr als 50 Milligramm Nitrat gemessen. Grundwasser ist die wichtigste Quelle für Trinkwasser. Wenn es zu viel Nitrat enthält, muss es stärker gefiltert oder verdünnt werden. Oder Brunnen müssen tiefer gebohrt werden, und das ist teuer.

Grundlage ist die Düngeverordnung von 2012

Die Kommission warf Deutschland eine Verletzung der Nitratrichtlinie und der Wasserrahmenrichtlinie vor. Sie bezog sich auf Messwerte von 2012. Der Bauernverband und die Bundesregierung wendeten ein, dass Deutschland seitdem einiges unternommen hat, um die Lage zu verbessern. So wurden in Deutschland, nachdem die Klage eingereicht worden war, ein neues Düngegesetz und eine neue Düngeverordnung verabschiedet; diese sind seit 2017 in Kraft. Festgelegt sind darin neue Grenzwerte für Stickstoffdüngung, Zeitspannen für Düngeverbote und düngefreie Bereiche rund um Gewässer.

Das Argument ließ der EuGH allerdings nicht gelten. Nach ständiger Rechtsprechung sei die Lage zum Zeitpunkt der Klage zu beurteilen. Grundlage des Spruchs ist demnach die Düngeverordnung in der Fassung von 2012. Deshalb sind die Folgen des Urteils auch zunächst schwer zu beurteilen. Die EU prüft 2020 wieder, ob sich die Werte bessern.

Nitrat gelangt vor allem über das Düngen in der Landwirtschaft ins Wasser. Pflanzen brauchen Nitrat zwar für ihr Wachstum, und der Stoff ist für den Menschen auch zunächst ungefährlich. Durch chemische Zerfallsprozesse können daraus aber gesundheitsgefährdende Nitrite entstehen.

Für Erwachsene gilt die Aufnahme von stärker mit Nitrat belastetem Wasser über einen begrenzten Zeitraum als ungefährlich; zeitlich befristet gelten bis 130 Milligramm pro Liter als tolerabel. Ist die Konzentration zu hoch, kann es sein, dass Darmbakterien Nitrat in Nitrit umwandeln. Bei Säuglingen kann das die Sauerstoffversorgung der Zellen schädigen, bei Erwachsenen in manchen Fällen zu Durchblutungsstörungen führen. Weiterhin kann Nitrit mit sekundären Aminen, die in vielen Lebensmitteln enthalten sind beziehungsweise bei der Verdauung entstehen, im Magen Nitrosamine bilden – einige Nitrosamine haben sich im Tierversuch als krebserregend herausgestellt.