Schwache Konjunkturzahlen :
Wie schlimm steht es um die deutsche Wirtschaft wirklich?

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Die Silhouette eines Arbeiters auf einer Baustelle in Frankfurt am Main
Die Industrie drosselt ihre Produktion auch im November. Es droht das zweite Quartal ohne Wirtschaftswachstum. Und nun?

Erst war es nur eine kleine Delle, die schnell überwunden sein dürfte. Jetzt ist es eine ernstzunehmende Schwächephase, die der deutschen Wirtschaft zu schaffen macht: Denn auch im November ist entgegen der Erwartung von Fachleuten die Produktion der Industrie geschrumpft. Im Vergleich zum Vormonat haben die Unternehmen 1,9 Prozent weniger hergestellt.

Der dritte Rückgang in Folge ist auch deshalb mehr als eine Randnotiz, weil die gesamte deutsche Wirtschaft im dritten Quartal 2018 um 0,2 Prozent geschrumpft war. Volkswirte hatten das mit vorübergehenden Problemen der Autoindustrie begründet – jetzt schlagen sie andere Töne an. „Die heutigen Produktionsdaten haben ganz eindeutig das Risiko einer technischen Rezession erhöht“, kommentierte Carsten Brzeski, Deutschland-Chefvolkswirt der Bank ING. Auch Alexander Krüger, Konjunkturfachmann des Bankhaus Lampe sieht die Rezessionsgefahr als „deutlich gestiegen an“. Von einer Rezession sprechen Ökonomen, wenn das Bruttoinlandsprodukt zwei Quartale hintereinander nicht wächst.

Die neuen Zahlen der Industrie lassen auch deshalb hellhörig werden, weil nicht nur die Autoindustrie, die noch immer unter der Umstellung auf neue Abgastests leidet, schlechte Ergebnisse lieferte. Der Rückgang betrifft sämtliche Bereiche: die Bauproduktion, die Energiewirtschaft sowie die Konsumgüterhersteller. Am Montag waren zudem schon die Auftragszahlen für den Monat November schlechter ausgefallen als erwartet.  

„Die fetten Jahre sind vorbei“

Allerdings bleiben die Volkswirte trotz des abermaligen Rückgangs insgesamt zuversichtlich. Selbst im Fall einer Rezession drohe der deutschen Wirtschaft kein Horrorszenario, kommentieren die Ökonomen unisono. Sie rechnen weiterhin mit einem Wiedererstarken der deutschen Autoindustrie und positiven Wachstumszahlen im neuen Jahr. Eine Rezession sei in diesem Fall eher etwas Technisches, analysierte ING-Ökonom Brzeski, „ohne signifikante Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt“. Die Industrie sei weiter in einem guten Zustand.

Zudem verweisen Ökonomen auf die intakte Binnenkonjunktur: Auch dank steigender Löhne konsumieren die Deutschen und sorgen so für wirtschaftliche Dynamik. Als Problem sehen viele hingegen den sich verstärkenden Fachkräftemangel an, der es Unternehmen zunehmend erschwere, zu wachsen. Für das laufende Jahr rechnen die großen Konjunkturforschungsinstitute etwa mit einem Wirtschaftswachstum um 1,5 Prozent – das wäre dann der zehnte jährliche Anstieg nacheinander.

Auch bei der Bundesregierung in Berlin wächst jedoch die Sorge, dass nun wirtschaftlich härtere Zeiten beginnen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) rechnet mit keinen weiteren positiven Überraschungen bei den Steuereinnahmen, nachdem die Zahlen in den vergangenen Jahren regelmäßig für noch größere Spielräume im Staatshaushalt gesorgt hatten. „Die fetten Jahre“ seien vorbei, hatte Scholz am Wochenende in einem Interview gesagt.