Wer eine – wenn auch nur kleine – Revolution im Internet lostreten will, legt sich früher oder später mit mächtigen Gegnern an. Marc Al-Hames und Jean-Paul Schmetz haben gleich drei von ihnen vor sich. Der Co-Geschäftsführer und der Gründer der Cliqz GmbH aus München haben mit ihrem Team erstens einen Browser entwickelt, der zweitens eine neue Art Suchmaschine enthält und drittens ein ziemlich schlaues System, um Tracking-Skripte zu zähmen.

Cliqz tritt damit an gegen die Browser-Entwickler unter anderem von Mozilla und Google, gegen die Suchmaschinen, also vor allem Google, und gegen Teile der Online-Werbebranche, darunter wiederum Google.

Das ist ambitioniert und auch ein kleines bisschen brisant, weil Cliqz eine Tochter des Verlags Hubert Burda Media ist. Der wiederum streitet sich mit Google seit Jahren über das Leistungsschutzrecht. Es geht dabei, vereinfacht gesagt, um die Frage, unter welchen Umständen Google für das Verlinken von Verlagsinhalten eine Lizenzgebühr zahlen muss. Kurz: Google und Burda sind nicht gerade best friends 4 ever.

Cliqz gibt es für Windows, OS X, iOS und Android

Allerdings ist die Anti-Tracking-Technik im Cliqz-Browser auch nicht gerade der Traum von werbefinanzierten Websites, wie sie auch Burda im Angebot hat. Deshalb lohnt es sich, den Browser zunächst einmal entpolitisiert und aus Nutzersicht zu betrachten. Seit heute ist Version 1.0.1 online, hier kann man sie herunterladen.

Der Browser selbst ist vor allem ein Vehikel, ein notwendiges Gerüst, für die beiden anderen Teilrevolutionen. Die Suchmaschine ist in sein Adressfeld integriert, das Tracking-Bremssystem läuft im Hintergrund.

Zunächst zum Browser: Es gibt ihn für Windows, OS X, iOS und Android. Die Desktopversion nutzt die Gecko-Engine zur Darstellung von Websites, so wie es auch Mozillas Firefox tut. Überhaupt basiert Cliqz auf dem Firefox-Code und ist Mozillas Browser sehr ähnlich. Er ist schnell und hat einen optionalen Proxy-Modus. Kurz: Cliqz ist grundsätzlich alltagstauglich.

Einzige gewichtige Einschränkung: Mit der heute veröffentlichten Version unterstützt Cliqz vorerst keine Firefox-Add-ons mehr. Denn einige Erweiterungen sammelten Nutzerdaten und niemand wisse, was damit geschehe, heißt es bei Cliqz.

Suchergebnisse erscheinen bei der Eingabe in die Browserzeile

Das auffälligste Merkmal des Browsers ist die integrierte Suche. "Wir wollten die Suchmaschine neu denken", sagt Al-Hames. Man könnte auch sagen: Die Cliqz-Entwickler haben eine Suchmaschinen-Vermeidungsmaschine gebaut.

Nutzer sollen ihre Suchbegriffe direkt in die Adresszeile eintippen, also dort, wo sonst www.zeit.de steht. Das geht zwar auch in anderen Browsern, führt bei denen aber immer auf die voreingestellte Suchmaschinenseite und deren Ergebnisse. Alternativ gibt es dafür das Suchmaschinenfeld neben der Adresszeile. Cliqz jedoch zeigt die Suchergebnisse schon beim Tippen direkt unter den eingegebenen Buchstaben an, ohne die zuvor geöffnete Website zu verlassen. 

Der gewünschte Effekt: Cliqz-Nutzer können eine der drei eingeblendeten Zielseiten direkt anklicken, ohne den Umweg über die Suchmaschine. Im Optimalfall müssen sie erst gar kein Suchergebnis anklicken, weil sie die gewünschte Information direkt unter der Adresszeile angezeigt bekommen, etwa bei Suchanfragen wie "Wetter Berlin" oder "1 Bitcoin in EUR". So sparen die Nutzer im Zeit und Google oder andere Suchmaschinen bekommen ein paar Daten weniger.

Der Ansatz ist nicht einzigartig. Auch Google geht dazu über, Antworten auf Suchanfragen direkt zu geben statt nur in Form einer Linkliste. Ähnliches tun auch Microsofts Bing, DuckDuckGo und WolframAlpha. Cliqz beantwortet manche Fragen allerdings schon vor dem Betätigen der Eingabetaste und damit dem Wechsel auf die Suchmaschinen-Website.