Steigende Mieten und knapper Wohnraum bergen immer mehr gesellschaftlichen Zündstoff. „Dann bauen Sie sich doch einfach“, lautet da ein oft gehörter Ratschlag. In vielen Ländern der Europäischen Union ist das eine Selbstverständlichkeit. Beim EU-Spitzenreiter leben mehr als neun von zehn Bürger in einer eigenen Wohnimmobilie. Ganz anders sieht das Bild in Deutschland aus. Hier können oder wollen sich immer weniger Menschen ein Haus oder eine Wohnung leisten.
Eigentum oder Miete? Diese Entscheidung hängt von vielen Faktoren ab. Neben wirtschaftlichen Erwägungen (Verfügbarkeit, Preise, Nachfrage) spielt die Urbanisierung des Landes eine Rolle. Wohneigentum in Großstädten ist teurer als auf dem Land. Außerdem mögen es viele Stadtbewohner auch beim Wohnen flexibel und scheuen die dauerhafte Bindung an eine Immobilie, selbst wenn sie sich den Kauf leisten könnten.
Laut der Statistikbehörde Eurostat leben aktuell rund sieben von zehn EU-Bürgern in eigenen vier Wänden. In der Eurozone sinkt der Anteil auf rund 60 Prozent. Die beliebteste Wohnform sind Wohnungen (rund 42 Prozent), gefolgt von Einfamilienhäusern (34 Prozent) und Doppelhaushälften (24 Prozent).
In diesen EU-Ländern gibt es die meisten und die wenigsten Hausbesitzer:
EU-Länder mit den meisten und wenigsten Hausbesitzern
In Ungarn wohnt nur etwa jeder siebte Bürger zur Miete. 85,2 Prozent der Bevölkerung leben hingegen in einer eigenen Immobilie. Das bedeutet Platz fünf in der Liste der EU-Mitgliedsstaaten mit dem höchsten Anteil an Haus- und Wohnungsbesitzern. Die aktuellen Zahlen für den EU-weiten Vergleich stammen von 2017. Beitrittskandidat Nordmazedonien liegt in der Eurostat-Liste mit 88,7 Prozent noch vor Ungarn.
89,7 Prozent der Litauer leben in einer eigenen Wohnung oder einem eigenen Haus. Damit liegt die ehemalige Sowjetrepublik auf Platz vier des EU-Rankings.
Neun von zehn (90,1 Prozent) Slowaken wohnen in eigenen vier Wänden. Das bedeutet europaweit Platz drei.
Kroatien sicherte sich mit 90,5 Prozent knapp den zweiten Platz vor der Slowakei. Der Anteil der Immobilienbesitzer ist seit 2017 um 2,3 Prozentpunkte gestiegen. Damit liegt Kroatien aber immer noch weit hinter dem EU-Spitzenreiter.
In keinem Land der EU leben mehr Menschen in den eigenen vier Wänden als in Rumänien. Das Land kam 2017 laut Eurostat auf einen Anteil von 96,8 Prozent. Mieter sind damit in Rumänien eine absolute Randerscheinung. Ganz anders sieht der Wohnmarkt in den folgenden fünf Ländern aus.
In keinem Land der EU gibt es mehr Mieter als Wohneigentümer. Allerdings fällt die Bandbreite enorm aus. Unter den Ländern mit den wenigsten Hausbesitzern liegt das Vereinigte Königreich auf Platz fünf. Nicht einmal zwei von drei Bürgern (65 Prozent) leben in eigenen vier Wänden. 2010 betrug der Anteil noch 70 Prozent.
Wohneigentum ist in Frankreich keine Selbstverständlichkeit. 64,4 Prozent der Bevölkerung lebten 2017 laut Eurostat in eigenen vier Wänden.
Auch in Dänemark geht der Anteil an Hausbesitzern Jahr für Jahr zurück. 2011 lag er bei 68,7 Prozent. 2017 waren es nur noch 62,2 Prozent. Eurostat listet in seiner Statistik einige Länder außerhalb der EU auf. Würden wir sie berücksichtigen, läge die Türkei mit 59,1 Prozent auf dem dritten Rang.
55 Prozent der Menschen in Österreich wohnten 2017 in einer eigenen Immobilie. Eurostat verzeichnete für 2018 einen leichten Anstieg auf 55,4 Prozent.
In keinem Staat der EU leben weniger Menschen in eigenen vier Wänden als in Deutschland. Ihr Anteil liegt bei gerade einmal 51,4 Prozent. 2011 waren es noch über 53 Prozent. Seitdem hat der Anteil kontinuierlich abgenommen. Setzt sich der Trend fort, könnte Deutschland bald der erste EU-Staat sein, in dem weniger als die Hälfte der Bevölkerung eine eigene Immobilie bewohnt. Das ist in der Schweiz bereits jetzt Realität. Dort liegt der Anteil der Haus- und Wohnungseigentümer bei nur 41,3 Prozent.