US-Präsident Trump
Bild: Evan Vucci / AP/dpa

Wenn Du unseren Tipps für eine breit aufgestellte Geldanlage folgst, kennst Du vielleicht schon das Zauberwort „Risikostreuung“. Das gilt insbesondere an der Börse, wo Anleger nicht alles auf eine Karte setzen sollten. Wir empfehlen daher, lieber auf eine riesige Gruppe zu setzen, beispielsweise die rund 1.600 Unternehmen aus dem Weltindex MSCI World.

Aber stimmt das mit der „Welt“ überhaupt? Das fragen uns immer wieder Finanztip-Leser, die dann auf den hohen Anteil der USA in diesem Aktien-Mix verweisen. Ende Juli 2020 waren zwei Drittel des MSCI World Index US-amerikanisch. Oder anders gesagt: Von 1.000 Euro in Deinem Depot wären rein rechnerisch 662 Euro in US-Werten angelegt, wenn Du einen Fonds (ETF) besparst, der den MSCI World nachbaut. Ist das noch sinnvoll, wenn wir das Risiko streuen wollen?

 

1. Wie das Länder-Ranking entsteht

Werfen wir zunächst einen Blick hinter die Kulissen: Der MSCI World heißt nicht so, weil er aus wirklich jedem Land Aktien zusammensucht, sondern weil er die Weltwirtschaft widerspiegelt. Dazu wendet er eine doppelte 85-Prozent-Regel an: Er beschränkt sich nämlich auf knapp zwei Dutzend Industrieländer, die aber für rund 85 Prozent des weltweiten Börsenwertes stehen. Und aus jedem dieser „Mitgliedsländer“ berücksichtigt der Index jeweils 85 Prozent des nationalen Börsenwerts.

Dass der US-Anteil in den vergangenen Jahren stetig gewachsen ist, ergibt sich also aus mathematischen Regeln. Man könnte es auch eine Abstimmung per Geldbeutel nennen – amerikanische Aktien haben vergleichsweise mehr Fans gewonnen als die Papiere aus anderen Regionen, damit stiegen ihre Kurse stärker, und so wuchs ihre Marktkapitalisierung.

 

2. Schlechte Politik gleich schlechte Börse?

Wem diese US-Dominanz unheimlich vorkommt, weil er Donald Trumps Politik nicht mag oder die Konsequenzen seiner chaotischen Corona-Politik fürchtet, der kann die Schwerpunkte in seinem Depot etwas verschieben. Neben dem MSCI World ist auch der ACWI („All Countries“) ein gängiger Index, der neben den 23 Industrieländern noch 26 Schwellenländer wie China umfasst. Der ACWI repräsentiert ebenfalls 85 Prozent des Börsenwerts seiner Ländergruppe. Weil die Rechenregeln identisch sind, bleiben die USA auch in dieser Auslese der größte Bestandteil, aber ihr Gewicht sinkt auf aktuell 58 Prozent. Es gibt auch ETFs, die rein europäische Indizes nachbilden. Mit ihnen kannst Du den Amerika-Anteil noch einfacher ausgleichen.

 

3. Wie geht es weiter?

1987 waren nicht die USA, sondern Japan das dominierende Land im MSCI World. Wer weiß, vielleicht wird es 2027 China sein. Denn es wird ganz sicher Länder und Firmen geben, die neu in diese Weltauswahl aufgenommen werden. Man könnte es auch so formulieren: Bei einem ETF auf einen Index wie den MSCI World sind regelmäßige Updates inbegriffen, um konstant den Löwenanteil der internationalen Börsen abzudecken.

Wir von Finanztip meinen: Wenn Du Dich auf einen dieser Indizes verlässt, verpasst Du keinen Megatrend. Du brauchst weder oft ins Depot noch in die Wirtschaftsnachrichten zu schauen. Und so sollte eine langfristige Anlage beschaffen sein.

Falls Dir trotzdem etwas weniger USA und vielleicht mehr Schwellenländer oder Europa lieber sind, schau einfach in unsere ETF-Empfehlungen für diese Kategorien.

In einer aktuellen Folge von Tenhagens Corona-Podcast sprechen wir über die Kritik am MSCI World.

 

Walt Disney
Bild: Richard Drew/ AP/dpa

 

4. In den USA zu Hause, weltweit aktiv

Wenn Du Dich um ein US-Übergewicht in Deinem Depot sorgst, solltest Du bedenken: Apple, Facebook und viele andere Börsenstars mögen zwar ihren Sitz in den USA haben. Sie wirtschaften aber quasi weltweit – und das gilt für die allermeisten MSCI-World-Firmen. 2018 erzielten die 500 größten US-Aktiengesellschaften rund 29 Prozent ihrer Umsätze außerhalb der USA. Coca Cola wird eben auch in Peru oder in Portugal getrunken. Hier trägt die Globalisierung zur Risikoverteilung Deines Depots bei und federt den – formal hohen – US-Anteil deutlich ab.

 

5. Der fallende Dollarkurs

Im Lauf der vergangenen zwölf Monate hat der Dollar rund 5 Prozent an Wert gegenüber dem Euro verloren. Das schwächt in Euro gerechnet zurzeit auch den MSCI World ab. Aber ist das wirklich ein Problem? Es geht doch um Risikostreuung.

Ein Großteil Deines Lebens spielt sich automatisch in Euro ab – das Gehalt, der tägliche Einkauf, der Rentenanspruch. Da ist ein Gegengewicht sinnvoll. Zudem hantieren die US-Firmen nicht nur mit dem Dollar, sondern durch ihr internationales Engagement mit so vielen Währungen, dass sich Wechselkursveränderungen langfristig ausgleichen. Und Dein ETF-Investment sollte langfristig sein. Auch hier gilt: Du kannst mit einem europäischen ETF den Dollar-Einfluss in Deinem Depot senken, wenn Du magst. Unbedingt nötig ist das aus Finanztip-Sicht nicht.

Mit der Frage, welche Rolle die unterschiedlichen Währungen in Deinem ETF spielen, befasst sich auch Saidi in seinem aktuellen Video bei Youtube.

Hendrik Buhrs
Autor

Stand:

Redakteur im Team Bank und Versicherung. Vor seiner Zeit bei Finanztip berichtete er für die Radioprogramme des Hessischen, später des Westdeutschen Rundfunks über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Hendrik hat in Münster und Exeter VWL studiert. Erste berufliche Erfahrungen sammelte er bei Radio Q und im Lokalfunk Recklinghausen. Gespartes Geld investiert er gern in Reisen.

5 Kommentare

  1. die emitenten des world etfs sind alle transatlantisch. die haben ein grosses interesse dran, dass das anlegerkapital hauptsächlich in usa aktien investiert wird. so können us unternehmen überproportional weiterwachsen, während unternehmen andere länder kaum investorengelder erhalten. das ist bewusst durch blackrock und co. so gewollt. es wird auch gegen china, russland und alle anderen schwellenländer bashing betrieben, damit diese länder kein geld mehr erhalten. bei russland wurden die anleger sogar direkt enteignet (quasi). da werden bestimmt noch ein paar krumme dinge kommen von dieser finanzmafia usa.

  2. Ich habe ihre Empfehlung zur Investition in ETFs vor einigen Jahren aufgegriffen und bis seitdem durchaus intensiv in den Titeln ETF110, A1JAR1 und DBX1MW investiert. Meine bisherigen Erfahrungen sind recht zuriedenstellend. Es werden nun weitere Gelder aus anderen Anlagen frei. Sollte ich erneut in die drei genannten Titel investieren? Ich meine sie hätten vor längerer Zeit über weitere ETFs berichtet, für entsprechende Hinweise wäre ich sehr dankbar.

  3. Sehr beeindruckend, wie stark Amerika im MSCI World vertreten ist. Was mich am meisten verblüfft hat ist allerdings, dass kein anderes Land zweistellige Prozentzahlen im Index aufweisen kann. Auf Platz 2 mit gerade einmal 7,5% folgt Japan.

  4. Hallo, wie sieht es denn mit nachhaltigen MSCI World, Schwellenländer etc aus? Könnt ihr das empfehlen, denn ich lebe sehr bewusst und möchte das nicht in einer ETF Anlage missachten.
    Vielen Dank für ein Feedback.
    LG Martina

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