Definition „Telemetrie“ Was ist Telemetrie?

Von Gedeon Rauch

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Der Begriff Telemetrie kommt aus der Vermessungstechnik und fasst Messung und Übertragung zusammen. In der Softwareentwicklung sind solche Messungen und Erhebungen allerdings auch kritische Faktoren.

Telemetriedaten sind wichtig, um potenzielle Probleme in verschieden, meist entfernten Systemen erkennen zu können.
Telemetriedaten sind wichtig, um potenzielle Probleme in verschieden, meist entfernten Systemen erkennen zu können.
(© Gorodenkof - stock.adobe.com)

Das Wort Telemetrie entstammt dem Griechischen und bezeichnet wortwörtlich die Fernmessung. Das bedeutet, dass die genommenen Daten nicht zwangsläufig am Messort gesammelt und verarbeitet werden müssen – stattdessen ist eine mehr oder minder große räumliche Trennung möglich.

Hierbei können verschiedene Messverfahren zum Einsatz kommen und neben Maßen und Gewichten können auch statistische Werte erfasst werden. Letzteres ist in der Softwareentwicklung und -verwaltung entscheidend, um Nutzungsdaten zu erfassen und die eigene Software auch nach Release noch verbessern zu können.

Fernfeld- und Nahfeldtelemetrie – die wichtigsten Unterschiede

Generelle Unterscheidungen telemetrischer Verfahren finden sich vor allem in der Distanz zwischen Sender und Empfänger. Die Übertragung über längere Distanzen wird Fernfeldtelemetrie genannt und kommt etwa beim Sammeln von Wetterdaten, bei der Aufzeichnung von Wildbewegungen, bei der Verfolgung von Fahrzeugen oder beim Sammeln von dezentralisiert gemessenen Verkehrsbewegungen.

Die Messung kann dabei – je nach Stärke des Senders – über beliebig große Distanzen erfolgen, auch die Datenübermittlung eines Mars-Rovers an die Bodenstation der NASA ist ein Fall von Fernfeldtelemetrie. Häufig entfallen dabei mehrere Sender auf einen Empfänger bzw. eine Auswertungsstelle, um größere Datensätze in sinnvolle Informationen umzuwandeln. Die Informationen mehrerer räumlich getrennter Wetterstationen können beispielsweise ein präziseres Bild von Wolken- und Windbewegungen nachzeichnen. Auch im IoT finden sich solche Szenarien in eingeschrumpfter Form.

Im Gegensatz dazu ist die Nahfeldtelemetrie die Aufzeichnung von Daten über kurze Distanzen, wobei ein drahtloses Messgerät und ein nahe stehendes Empfangsgerät zum Einsatz kommen. Solche Technologien finden sich etwa in Kfz-Werkstätten und verbinden die Vorteile kleiner mobiler Sensoren und größerer leistungsstärkerer Auswertungstechnik.

Telemetrie in der IT-Datenerfassung und Softwareentwicklung

Gesammelte Messdaten müssen keine Temperatur-, Abstands- oder Gewichtswerte sein und Sender müssen nicht zwangsläufig eigene Geräte sein. Auch in der Qualitätskontrolle von Hard- und Software kommen Telemetrieverfahren zum Einsatz. So können Nutzerdaten (mit Zustimmung) gesammelt, übermittelt und verarbeitet werden, um beispielsweise Daten über Systemabstürze, Crashes oder die Nutzung der Software zu sammeln.

Lücken, die auch in extensiven Beta-Tests übersehen wurden, werden mitunter erst durch die öffentliche Nutzung und eine größere Anzahl an Usern offensichtlich. Entwicklerinnen und Entwickler erkennen dadurch, ob und wie Features genutzt werden, welche Unstimmigkeiten es mit Hardwarekonfigurationen geben kann und wie stabil Systeme sind.

Aus Datenschutzperspektive ist es selbstverständlich erforderlich, die Erlaubnis einzuholen und die Freigabe der Daten zu erfragen. Die nicht erfassten Daten können entsprechend für Software-Updates und Bug-Fixes nicht weiter genutzt werden, was zu einem für Programmiererinnen und Programmierer interessanten Dilemma führt: User, die dem Sammeln von Daten nicht zustimmen, sind eher technikinteressiert, was auf lange Sicht zu einer „Software-Verdummung“ führen kann.

Klare Lösungsansätze gibt es hierfür nicht, allerdings sollte klar kommuniziert werden, dass die telemetrische Erfassung der Daten anonymisiert erfolgt. Nutzungsdaten von Software sollten entsprechend von allen Werbezwecken entkoppelt werden und ausschließlich der Verbesserung des Produktes dienen Zusammengefasst sollte bei Telemetrie also immer die ethische Datenerhebung im Vordergrund stehen, um Sicherheit und Privatsphäre der User zu gewährleisten.

Im Microservices-Umfeld spielen Metriken in Verbindung mit dem Logging und Tracing ebenfalls eine große Rolle. Sie bilden die drei großen Säulen der Observability, die in Ergänzung zum klassischen Monitoring versucht, über äußere Faktoren auf die inneren Vorgänge von verteilten Systemen zu schließen.

Dementsprechend sind telemetrische Verfahren vom Logging abzugrenzen, auch wenn beide Begriffe oft (fälschlicherweise) synonym zueinander verwandt werden. Das Logging beschreibt das lokale Sammeln von Daten, ein Rechner kann also sehr wohl ein Log anlegen, das anschließend für die Telemetrie genutzt wird – beide Verfahren sind aber zu differenzieren und obliegen anderen technologischen Herausforderungen.

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Unterschiedliche Zwecke der Telemetrie in Software Development und Management

Geschäftsmetriken: Telemetrische Verfahren können für Business Metrics genutzt werden, um beispielsweise die Nutzung einzelner Produkte über einen gewissen Zeitraum besser zu überblicken und daraus Investments in Weiterentwicklung, Patches oder Nachfolgeprodukte besser zu planen.

Fehlerbehebung und Diagnose: Nutzungsdaten können auch Aufschluss über häufig auftretende Probleme und Zusammenhänge mit verwendeten Konfigurationen in Soft- und Hardware geben.

Validierung menschlicher User: Auch als Ersatz derzeit gängiger Captcha-Verfahren kann Telemetrie zum Einsatz kommen, indem Cursorbewegungen und Texteingabegeschwindigkeiten gemessen und ausgewertet werden. So kann effizient zwischen Menschen und Bots unterschieden werden.

Moderne Anwendungen von Telemetrie im IoT

Telemetrie wird in vielen Branchen eingesetzt und kommt sowohl in Reparaturwerkstätten als auch in der Landwirtschaft, bei der Landschafts- und Gebäudevermessung oder im Leistungssport zum Einsatz. So entstehen genauere Bilder über die Bewässerung auf verschiedenen Feldern, Heatmaps von Fußballern oder aber Live-Daten verschiedener Fahrzeugteile bei Formel-1-Boliden. Auch im Hausgebrauch findet sich immer häufiger Telemetrie-Technik, genau diese Technologie steckt nämlich hinter dem IoT und dem Smart Home.

Das Internet of Things macht sich die Vorzüge der Nahfeldtelemetrie zunutze, indem die Sensoren und Sender nur extrem wenig Strom nutzen müssen, da der Empfänger (in diesem Falle der Hub) räumlich so nah ist. Selbst Geräte, die nicht an das Stromnetz angeschlossen sind wie intelligente Thermostate oder Fenstersensoren können somit zuverlässig über Jahre Daten an den Hub liefern.

Die Sensoren können zudem extrem klein ausfallen, was beispielsweise bei kleineren Tags zum Einsatz kommt, die Nutzerinnen und Nutzer beim Auffinden ihrer Schlüssel helfen sollen. Internet of Things und moderne Telemetrie sind daher untrennbar miteinander verbunden, auch wenn Telemetrie eher an Straßenvermessungen erinnert.

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