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Gastbeitrag Gordon Repinski: Stresstest nach Rücktritt von VW-Chef Diess: Wie zukunftsfest ist Deutschlands Autobranche?
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The Pioneer
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Nach dem Rücktritt von VW-Chef Diess, der als Modernisierer und Visionär gilt, stellt sich vor allem eine Frage: Wie zukunftsfest ist Deutschlands Automobilbranche? Die Hersteller kämpfen derzeit mit drei Hauptproblemen. Doch es gibt auch einen Hoffnungsschimmer.

In dieser Sommerwoche freue ich mich, für  Gabor Steingart , der in einem verdienten Urlaub weilt – und vor allem für Sie wieder den publizistischen Weckdienst zu übernehmen. Mein Name ist  Gordon Repinski , ich bin der stellvertretende Chefredakteur unserer Medienmarke The Pioneer. Gemeinsam mit meinem Kollegen  Lukas Herrmann  und seinem Team werden wir Sie auch in dieser Woche ökonomisch kompetent und politisch unabhängig informieren. Los geht's!

Der Wechsel an der Spitze von Volkswagen wirkt weit über die Stadtgrenzen von Wolfsburg hinaus. Mit Herbert Diess geht ein Visionär, der Deutschlands größten Autobauer und damit den wichtigsten Industriezweig grundlegend modernisieren wollte. Diess sah Tesla und die Chancen der Zukunft, wo mancher verzagte und sich lieber an bessere Zeiten erinnerte. 

Dass Diess nun gehen musste, stellt die gesamte Branche vor eine Grundsatzfrage: Wieviel Bereitschaft zur radikalen Modernisierung besteht? Und wie zukunftsfest ist die deutsche Automobilindustrie?

Herbert Diess, VW-Vorstandsvorsitzender, legt sein Amt in wenigen Wochen nieder.
Sven Hoppe/dpa Herbert Diess, VW-Vorstandsvorsitzender, legt sein Amt in wenigen Wochen nieder.
 

Mit drei zentralen Problemen kämpfen Volkswagen und die anderen deutschen Autohersteller: 

Problem 1: Schwere Folgen von Coronapandemie und Krieg in der Ukraine

Unterbrochene Lieferketten und Materialengpässe: Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine treffen die Autoindustrie so stark wie kaum einen anderen Wirtschaftszweig. Es fehlt an Vor- und Zwischenprodukten – vor allem Chips bleiben Mangelware – die Rohstoffpreise steigen und der Krieg bringt zusätzliche Verunsicherung in den Markt. 2021 wurden in Deutschland 2,62 Millionen PKW neu zugelassen, zehn Prozent weniger als im Vorjahr. 2022 scheint einen weiteren Rückgang zu bringen: In den ersten sechs Monaten wurden bislang insgesamt 1,2 Millionen Neufahrzeuge zugelassen, gut elf Prozent weniger als im gleichen Zeitraum 2021.

Noch immer ist auch die Produktion in Deutschland von den Werten vor der Pandemie weit entfernt. Das Volumen im Juni 2022 lag 19 Prozent unter dem im Juni 2019. Im aktuellen Jahresverlauf unterschreitet es den Vergleichswert des Jahres 2019 um 32 Prozent.

Problem 2: Deutsche E-Autos können sich gegen Konkurrenz nicht durchsetzen

Die Elektromodelle der deutschen Hersteller können sich gegen die Konkurrenz nicht durchsetzen. Das beliebteste Elektroauto der Deutschen im Juni 2022: der Fiat 500. Auf den zweiten Platz schafft es Tesla mit dem Model 3. VW muss sich mit dem Elektro-SUV ID.4 auf Platz fünf zufriedengeben.

Zudem fehlt den deutschen Autobauern der Anschluss bei den Kunden im Wachstumsmarkt China. Die Softwarefunktionen etwa der ID-Reihe von VW genügen nicht den Ansprüchen der techbegeisterten chinesischen Kunden. Im wichtigsten Markt für die Wolfsburger bieten chinesische Newcomer wie Nio und XPeng leistungsstärkere Softwaresysteme an. Hersteller wie BYD sehen Experten bei einer weiteren Expansion nach Europa auch für den heimischen Markt als zusätzliche Bedrohung.

The Pioneer

Problem 3: Deutschland hat Schwierigkeiten mit wichtigstem Absatzmarkt

Gleichzeitig ist China für die deutsche Autoindustrie weiterhin der wichtigste Markt. 34 Prozent des weltweiten Pkw-Absatzes von BMW gingen nach Fernost. Bei Mercedes-Benz waren es mehr als 36 Prozent, beim Wolfsburger Mehrmarkenkonzern sogar über 37 Prozent.

Die Wirtschaft ist damit abhängig von einem Land, bei dem längst nicht mehr klar ist, wie lange es noch als größter Absatzmarkt zur Verfügung steht. Die einseitige, wirtschaftliche Abhängigkeit mit Russland im Energiesektor hat längst auch die Politik zum Umdenken gebracht. Die politische Verlässlichkeit wird wieder zum wichtigeren Wert – und über die geschmeidige Entkoppelung von China werden längst auch in der Bundesregierung Strategiepapiere angefertigt. 

Für die Autoindustrie heißt das nicht weniger als: Ein Drittel des Absatzmarktes steht zumindest vor einer harten, politischen Überprüfung.

The Pioneer
 

Doch es gibt auch Hoffnungsschimmer:

Hoffnung 1: Comeback deutscher Autos in den USA

1. Der Marktanteil in den USA war für die deutschen Automobilhersteller (VW 4,2 Prozent, BMW 2,5 Prozent und Daimler 2,2 Prozent) 2021 zwar verschwindend gering, doch gerade in Nordamerika deutet sich ein Comeback an. Volkswagen hat im vergangenen Jahr in die USA 375.000 Fahrzeuge ausgeliefert und damit so viel wie seit 2013 nicht mehr. Auch hier hieß der Vorreiter Herbert Diess: Bis zum Ende des Jahrzehnts wollte er den Marktanteil auf zehn Prozent steigern.

Hoffnung 2: Deutsche Auto-Oberklasse als Statussymbol zieht nach wie vor

2. Besonders beliebt, nicht nur in den USA, sind die Premium-Modelle der Hersteller. Dort sind die deutschen Automarken im internationalen Vergleich nach wie vor Spitze; 2021 lag BMW mit 2,22 Millionen Neuzulassungen vor Mercedes 2,05 Millionen und Audi mit 1,69 Millionen. Die deutsche Oberklasse als Statussymbol funktioniert noch immer weltweit.

Hoffnung 3: Autos "Made in Germany" stehen noch immer für Qualität

3. Auch über den Luxus hinaus gilt: Autos „Made in Germany” stehen für Qualität, deutsche Autofirmen als beliebte Arbeitgeber. Laut dem Trendence-Ranking 2022, welches die attraktivsten Unternehmen für Schüler, Studierende und Berufsanfänger zeigt, befinden sich vier deutsche Automarken in den TOP 10. 

Fazit:  Herbert Diess mag in Wolfsburg als Visionär gescheitert sein, seine Ideen müssen dennoch weiter den Weg vorgeben, will die Branche den Sprung in die Zukunft schaffen. Dass es gelingt, ist nicht selbstverständlich. Denn alles muss sich ständig wandeln, damit es bleiben kann, wie es ist. Die Stärke dazu hat die deutsche Automobilindustrie, den Willen muss sie jetzt zeigen.

 
 
 

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