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Petra Cockrell

Tipps von der Karriereberaterin Brauche ich wirklich ein Profil auf LinkedIn?

Petra Cockrell
Ein Gastbeitrag von Petra Cockrell
Katharina ist sich unsicher: Sie will sich beruflich weiterentwickeln, steht aber der Selbstvermarktung auf Jobplattformen wie Xing oder LinkedIn skeptisch gegenüber. Was es zu bedenken gibt.
Foto: Illustration: Niels Blaesi / DER SPIEGEL

Katharina, 38 Jahre, fragt: »Für mich spielt Sicherheit eine wichtige Rolle. Nach mehreren Jahren will ich mich beruflich umorientieren. In den Businessnetzwerken wie LinkedIn und XING habe ich aber kein Profil – ich will mich da nicht gläsern machen. Und vor allem frage ich mich: Was würde mir das überhaupt nützen, wenn ich einen neuen Job suche?«

Zur Autorin

Petra Cockrell  ist selbstständige Jobprofilerin mit den Schwerpunkten Bewerbung, Karriereentwicklung und Mitarbeitergewinnung. Sie arbeitete viele Jahre in Führungspositionen internationaler Unternehmen.

Liebe Katharina,

die Vorstellung, dass ein Profil in einem Businessnetzwerk Dinge über Sie verrät, die Sie gefühlt lieber für sich behalten wollen, ist unangenehm. Und dann schwingt da noch die unausgesprochene Frage mit, welches Risiko damit für Sie verbunden ist. Aber Sie bestimmen ganz allein, was an beruflichen und persönlichen Details in ihrem Profil erscheint.

Außerdem gibt es individuelle Voreinstellungen zur Privatsphäre. Dort können Sie über die Auffindbarkeit ihres Profils bei Google entscheiden oder ob ihre Kontakte über Profiländerungen automatisch informiert werden sollen. Sie entscheiden, welche Vernetzungsanfrage Sie annehmen – und Sie können Kontakte auch wieder löschen, ohne dass die Person davon erfährt. Das ist nur ein kleiner Ausschnitt, wie Sie über Ihr Profil bestimmen können. Wenn Ihnen trotz allem das Risiko zu groß wird: Alles wieder löschen geht auch.

Bislang stellte sich auch immer die Frage: LinkedIn oder Xing? Seit diesem Januar hat sich XING als reine Jobcommunity neu ausgerichtet. Die Summe der Profile ist jetzt ein großer Talentpool, den Unternehmen gegen Bezahlung zur Stellenbesetzung nutzen können. Xing bietet beliebte Mitgliederangebote wie Interessengruppen und Veranstaltungen nicht mehr an. Damit ist nur noch LinkedIn ein internationales, berufliches Netzwerk.

Mit der Neuausrichtung orientiert man sich bei Xing an zwei wichtigen Trends in Sachen Stellenbesetzung: »active sourcing«, die Direktansprache von Kandidaten durch Unternehmen, und »e-recruiting«, den digitalisierten Bewerbungs- und Personalbeschaffungsprozess.

»Post and pray« reicht nicht mehr

Früher reichten Stellenanzeigen aus, um ausreichend viele und passende Bewerber in relativ kurzer Zeit zu finden. Dieser »post and pray«-Ansatz funktioniert nur noch ungenügend: Die Bewerberzahlen sind zu klein, die Stellenbesetzungen dauern einfach zu lange. Die zusätzliche Lösung heißt »active sourcing«. Das muss man sich wie unternehmensinterne Headhunter vorstellen. Sie sind für die Teilnahme an Karrieremessen, den Aufbau von Talentpools und die Direktansprache über Karrierenetzwerke zuständig.

Laut einer aktuellen Umfrage der Boston Consulting Group und StepStone suchen 35 Prozent der Befragten aktiv nach einer neuen Stelle. Weitere 46 Prozent wären bei einem interessanten Angebot zu einem Wechsel bereit. Dieses passive Potenzial wird auch über berufliche Netzwerke angesprochen.

Welche Vorteile bietet nun ein Profil konkret?

1. Hohe Sichtbarkeit, auch wenn Sie nicht konkret auf Jobsuche sind

Das Profil steht rund um die Uhr, 365 Tage bereit und ist somit für »active sourcer« und Personalberater auffindbar. Um geeignete Kandidaten finden zu können, werden Suchbegriffe verwendet. Je mehr Details Sie also angeben, desto leichter landet ihr Profil einen Suchtreffer. Wichtig sind dabei spezifische Schlüsselwörter, die auch gleichzeitig als Suchbegriff dienen können.

2. Elektronische Visitenkarte, die die Professionalität unterstreicht

Mitarbeiterempfehlungen nehmen für Jobbesetzungen ebenfalls weiter zu. Sie sind im Gespräch? Um Ihre Passung für eine Stelle zu überprüfen, hilft ein Blick auf Ihr Profil – ganz unverbindlich. Der dort hinterlegte Lebenslauf und das Profilfoto sollten deshalb aktuell und alle Angaben identisch mit denen einer offiziellen Bewerbung sein. Wenn es passt, klingelt das Telefon bei Ihnen.

3. Elektronische Bewerbung direkt mit dem Profil – mit wenigen Klicks erledigt

Neben den Internetplattformen schalten Unternehmen Stellenanzeigen direkt in den Berufsnetzwerken. Ohne zusätzliches Anschreiben können Sie quasi im Vorbeigehen die Bewerbung starten. Dies ist ein Baustein des »e-recruitings«, der die Bewerbungshürde deutlich heruntersetzt. Und Sie werden da sicher auch experimentierfreudiger, wenn das so fix geht.

4. Unverbindliches Sondieren – und der Algorithmus hilft mit

Durch das Anklicken von Stellenanzeigen lernt der Algorithmus, was Sie interessiert. Auf dieser Grundlage wird Ihnen die Plattform gezieltere Jobangebote schicken. So landet vielleicht der Traumjob in ihrer Inbox. Ein professionelles Profil erhöht also deutlich die Chancen, aktiv angesprochen zu werden – fühlt sich doch gut an, oder? Und warum einen neuen Job suchen, wenn er auch zu Ihnen kommen kann?