VR-Brille von Apple

Eine neue Produktkategorie – aber für wen?

6. Juni 2023, 11:18 Uhr | Heinz Arnold
Das »Vision Pro«-Headset von Apple ähnelt einer Skibrille.
© Apple

Jetzt ist sie da: die VR/AR-Brille von Apple: Mit der »Vision Pro« will Apple-Chef Tim Cook in eine neue Produktkategorie vorstoßen – für den stolzen Preis von 3500 Dollar wird sie die Smartphones aber kaum ablösen können.

Denn das wäre der Traum der Hersteller wie Apple: eine AR-Brille auf den Markt zu bringen, die sich in Form, Gewicht und Tragekomfort kaum von einer heutigen Sonnenbrillen unterscheidet. Solche Geräte könnten dann in die Stückzahlen heutiger Smartphones vorstoßen, von denen im vergangenen Jahr rund 1,2 Mrd. Stück gefertigt wurden. Doch bei der »Vision Pro« handelt es sich um eine Mischung aus Virutal Reality und (VR) und Augmented Reality (AR). Im VR-Modus taucht der Nutzer in die virtuelle Welt ein und sieht nur virtuelle Bilder. Er kann aber auch in den AR-Modus umschalten. Dann wird die »Vision Pro« durchsichtig, der Nutzer sieht die reale Welt wie sie ist und erhält zusätzlich Informationen über virtuelle Bilder, die in die Brille eingeblendet werden. 

Die »Vision Pro« sieht aus wie eine Skibrille, sie wirkt zwar gegenüber Wettbewerbsprodukten etwas weniger klobig. So leicht wie eine Sonnenbrille dürfte sie aber kaum sein. Der AR-Brillen-Traum wird wohl mit diesem Modell noch nicht in Erfüllung gehen: Nur eingefleischte Spielefans und Nutzer im professionellen Umfeld, beispielsweise in der Industrie,  dürften sich die Brille für begrenzte Zeit aufsetzen wollen und bereit sein, den Preis dafür zu bezahlen. 

Apple selbst nennt die »Vision Pro« einen tragbaren Umgebungs-Computer. »Wir glauben, dass die Apple Vision Pro ein revolutionäres Produkt ist«, sagte Konzernchef Tim Cook. Das Gerät werde verändern, wie Menschen kommunizieren und zusammenarbeiten, zeigte er sich überzeugt. In den USA soll das Gerät Anfang kommenden Jahres auf den Markt kommen.

Bei Apples Brille wird die Umgebung von Kameras auf dem Gehäuse eingefangen und auf Displays vor den Augen wiedergegeben. Nach diesem Prinzip geht auch die Konkurrenz vor. Auf beide Bildschirme verteilt hat die Brille 23 Millionen Pixel – mehr als die 4K-Auflösung eines Fernsehers für jedes Auge. 

Apple sieht eine Einsatzmöglichkeit für die Vision Pro im Beruf, weil man sich viele große virtuelle Displays ins Blickfeld einblenden kann. Eine andere Anwendung soll Unterhaltung mit Videos im großen Format auch unterwegs sein. So wird der Streamingdienst Disney+ von Beginn an auf der Vision Pro verfügbar sein.

Entsperrt wird die Vision Pro per Augenerkennung. Auf diese Weise kann man auch gespeicherte Passwörter bei Online-Diensten freigeben – ähnlich wie per Fingerabdruck oder Gesichtserkennung auf dem iPhone. Um die Brille leichter zu machen, wurde die Batterie ausgelagert und ist mit einem Kabel angebunden. 

Die Kombination digitaler Inhalte und realer Umgebungen ist bekannt als AR (Augmented Reality) oder Mixed Reality. Apple arbeitet schon lange daran. Jahrelang wurde über Pläne des Konzerns für eine Brille mit durchsichtigen Gläsern spekuliert, bei der digitale Objekte direkt ins Blickfeld der Nutzer eingeblendet werden. Doch dafür fehlen laut Brancheninsidern immer noch die nötigen technologischen Durchbrüche etwa bei der Rechenleistung. Deshalb dienten die meisten Computer-Brillen bislang zur Anzeige virtueller Realität (VR), bei der Nutzer komplett in digitale Welten eintauchen. 

Apple steigt in den Markt ausgerechnet in einem Moment ein, in dem ein kurzlebiger Hype rund um das Geschäft mit virtuellen Welten und Objekten merklich abgeflaut ist. Stattdessen steht unter anderem dank dem Chatbot ChatGPT, der Sätze auf dem sprachlichen Niveau eines Menschen formulieren kann, künstliche Intelligenz im Mittelpunkt.

Vor allem Facebook-Gründer Mark Zuckerberg setzt weiter auf eine Zukunft, in der sich große Teile des Lebens in einer digitalen Welt – dem Metaverse – abspielen würden. Um das zu betonen, benannte er den Facebook-Konzern in Meta um. Doch trotz Milliarden-Investitionen blieben VR-Brillen und virtuelle Welten bisher ein Nischengeschäft - das Meta Milliardenverluste einbringt. Der Konzern ist Marktführer bei VR-Headsets und begrüßte Apple vergangene Woche mit der Ankündigung des neuen Modells Meta Quest 3 zum Preis von 570 Euro. Es werde auch gut darin sein, digitale Objekte in die reale Umgebung einzublenden, sagte Zuckerberg,

Laut US-Medienberichten waren auch bei Apple selbst einige Top-Manager nicht überzeugt von den geschäftlichen Aussichten der Computer-Brille. Der Konzern gab mit seinem 2007 vorgestellten iPhone die Richtung für den Boom des Smartphone-Marktes vor – und es ist weiterhin das wichtigste Produkt von Apple. 

Das Geschäft mit VR-Brillen ist bislang unvergleichlich kleiner als der Smartphone-Markt. Die Marktforscher von IDC gehen davon aus, dass 2023 lediglich zehn Millionen VR- und AR-Headsets abgesetzt werden. 

Es ist der erste Eintritt von Apple in eine neue Produktkategorie nach der Vorstellung einer Computer-Uhr 2014. Die Apple Watch führt seit dem Verkaufsstart im Frühjahr 2015 den Smartwatch-Markt an.

Apple entwickelte für die Brille einen neuen Chip und ein spezielles Betriebssystem und sicherte sich nach eigenen Angaben rund 5000 Patente. Zugleich brachte der Konzern über die Jahre diverse Bausteine für das AR-Erlebnis in Position - etwa das 3D-Audio in den AirPods-Ohrhörern oder die Fähigkeit, digitale Objekte auf dem iPhone-Display in die Umgebung einzublenden.

Zu Beginn des Events wurden neue Mac-Computer mit leistungsstärkeren Prozessoren vorgestellt. Darunter ist auch das erste Modell des auf professionelle Nutzer ausgerichteten Mac Pro mit hauseigenen Chips. Die mehrjährige Umstellung der Modellpalette von Intel-Prozessoren auf Chips aus eigener Entwicklung ist damit abgeschlossen. Danach wurden Neuerungen der nächsten Betriebssysteme für iPhone, iPad und Mac vorgestellt. Dazu gehört unter anderem die Möglichkeit, leichter Kontaktdaten zwischen zwei iPhones auszutauschen.

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+

Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Apple GmbH

Weitere Artikel zu IoT / IIoT / Industrie 4.0