Wirtschaft

Folgen der Kriegswirtschaft Putin setzt seine wichtigste Branche aufs Spiel

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Bislang haben Angestellte in der Öl- und Gasindustrie im Vergleich zu anderen Branchen gutes Geld verdient.

Bislang haben Angestellte in der Öl- und Gasindustrie im Vergleich zu anderen Branchen gutes Geld verdient.

(Foto: imago images/ITAR-TASS)

In Russland herrscht ein eklatanter Mangel an Fachkräften. Das bekommen auch die wichtigen Öl- und Gasunternehmen zu spüren, die mit der Armee und Rüstungsfirmen um Personal konkurrieren. Um neue Mitarbeiter zu gewinnen, werden sie kreativ.

Die russische Kriegswirtschaft lässt die Konjunktur brummen. Die wirtschaftliche Basis sei solide, die Dynamik gut, sagte Putin erst Ende April. "Die industrielle Aktivität wächst." Russland rechnet mit um die drei Prozent Wachstum in diesem Jahr.

Doch auf dem Arbeitsmarkt zeigen sich erste Folgen: Laut einem Bericht der russischen Zentralbank kämpfen alle Wirtschaftszweige mit einem wachsenden Personalmangel. Davon bleibt auch die wichtige Öl- und Gasbranche nicht verschont. Inzwischen konkurrieren Energieunternehmen mit der russischen Armee und Waffenherstellern um Arbeitskräfte. Nach Schätzungen der in Moskau ansässigen Kasatkin Consulting fehlen der Branche in diesem Jahr rund 40.000 Mitarbeiter, berichtet das Finanzportal "Bloomberg".

Dabei haben Angestellte in der Öl- und Gasindustrie im Vergleich zu anderen Branchen bislang gutes Geld in Russland verdient. Laut Berechnungen von "Bloomberg" liegen die Löhne seit 2017 mindestens zwei Drittel über dem nationalen Durchschnitt. Im Januar und Februar betrug das monatliche Durchschnittsgehalt in der Branche demnach etwa 125.200 Rubel (umgerechnet 1.340 US-Dollar).

Auch Rüstungsunternehmen bieten lukrative Jobs

Im Vergleich dazu, was sich im Militär verdienen lässt, sind das allerdings Peanuts: Allein die Antrittsprämie für Soldaten entspricht laut Analysten und Personalvermittlern fast einem durchschnittlichen Jahresgehalt eines Öl- und Gasfeldarbeiters. Zusätzlich zu der landesweiten Antrittsprämie von 195.000 Rubel bietet jede russische Region eine Einmalzahlung für einen neuen Rekruten, die bis zu einer Million Rubel betragen kann.

Selbst wenn ein Arbeiter nicht in der Ukraine kämpfen will - auch Rüstungsunternehmen bieten lukrative Jobs an. Im vergangenen Jahr hat der staatliche russische Rüstungskonzern Rostec etwa die Gehälter um durchschnittlich 17,2 Prozent erhöht. "Wir brauchen immer noch Leute", sagte der Vorstandsvorsitzende Sergej Chemezov im August gegenüber Wladimir Putin. "Viele unserer Einrichtungen arbeiten an den Wochenenden, an Feiertagen und nachts.

Die Erhebungen der russischen Vermittlungsplattform hh.ru zeigen: Die Zahl der Stellenanzeigen im Internet in der Öl- und Gasindustrie ist im ersten Quartal dieses Jahres um 24 Prozent gestiegen. "In dieser Branche gibt es offene Stellen für Elektriker, Fahrer, Mechaniker, Schweißer, Maschinisten, allgemeine Arbeiter, Vertriebsleiter, Konstrukteure und Verkäufer", zitiert "Bloomberg" die Leiterin der regionalen externen Kommunikation bei hh.ru. Anna Osipova.

Unternehmen müssen mehr bieten

Um neue Mitarbeiter zu gewinnen, werden die russischen Öl- und Gasunternehmen kreativ. Sie bieten zusätzlich drei warme Mahlzeiten am Tag und regelmäßige ärztliche Untersuchungen an. Auch Anreize wie Neujahrsgeschenke für Kinder und Reisen in Firmenressorts sollen Arbeitskräfte anlocken. Darüber hinaus werden Prämien für die Vermittlung neuer Mitarbeiter in Aussicht gestellt.

Die Rohstoffgroßmacht verkauft ihr Öl und Gas seit dem Embargo im Westen vor allem nach Osten, nach China und Indien. Die Ölfördermenge des vergangenen Jahres hat einen postsowjetischen Rekord eingestellt und die Erdgasproduktion des Landes erholt sich nach dem starken Rückgang in den Jahren 2022 und 2023. Die Regierung geht davon aus, dass sich die Pipeline-Exporte des Brennstoffs in diesem Jahr um fast ein Fünftel steigen werden.

Der aktuelle Arbeitskräftemangel wirft allerdings die Frage auf: Kann die russische Öl- und Gasindustrie diese Leistung auch in Zukunft aufrechterhalten? "Der eingeschränkte Zugang zu westlichen Hightech-Öldienstleistungen ist ein Risiko für die Aufrechterhaltung und Steigerung der rentablen Produktion und Raffination von Öl und Gas", zitiert "Bloomberg" Sofia Mangileva, Analystin beim Moskauer Beratungsunternehmen Yakov & Partners. "Der Mangel an qualifiziertem Personal verschärft diese Herausforderung, da die Aufgabe nun nicht nur darin besteht, die Anlagen zu bedienen, sondern auch eigene Technologien zu entwickeln."

Quelle: ntv.de, jki

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