Nicht nur in Europa, und den USA – nein, eigentlich überall auf der Welt, werden die Märkte zurzeit mit billigen chinesischen Waren geflutet. Die Konsumlaune der Chinesen ist schwach, gleichzeitig gibt es gewaltige Überkapazitäten. Den Ausweg sucht Präsident Xi Jinping im Ausland, wo die Firmen ihre Produkte (mal wieder) zu Dumpingpreisen verschleudern.
Diese Methode ist nicht neu – und hat in der Vergangenheit auch gut funktioniert, weil viele Staaten die günstigen Produkte aus China dankend annahmen. Doch spätestens seit der Ära Donald Trump gibt es ein Umdenken. Seitdem dominieren Alleingänge mit dem Ziel, die chinesische Macht einzugrenzen.
Doch über den richtigen Weg wird gestritten. Im Wesentlichen gibt es zwei Ansätze, die sich mit Strafzöllen und Subventionen abkürzen lassen. Beide Ansätze führen zu komplexen Wechselwirkungen, weshalb sie entweder von Unternehmen oder von der Politik bevorzugt werden. Das zeigt sich nun nahezu exemplarisch an den neuen Strafzöllen, mit denen die USA Billigimporte aus China aussperren wollen.
Das sind die Pläne von Biden
US-Präsident Joe Biden verhängte am Dienstag neue Zölle auf Einfuhren aus der Volksrepublik im Wert von voraussichtlich 18 Mrd. Dollar, wie das Weiße Haus mitteilte. Zum Schutz der heimischen Wirtschaft sollen im Wahljahr insbesondere Halbleiter, Batterien, Solarzellen und strategisch wichtige Mineralien stärker belastet werden. Hinzu kommen Abgaben auf Hafenkräne und einige medizinische Produkte. Erhöhte Zölle auf Stahl, Aluminium und vor allem auf Elektroautos waren bereits zuvor angekündigt worden.
Die Sanktionen werden die US-Wirtschaft schützen, kündigte Biden an, also ein Vertreter der politischen Ebene. Nur: ob die Politik ihr Versprechen auch einlöst, daran zweifelt die Wirtschaft mitunter stark. Von dort sind die Reaktionen jedenfalls eher verhalten. Viele Unternehmen hätten sich eher Subventionen als Antwort gewünscht – zum Beispiel steuerliche Vorteile, um die heimische Produktion zu verbillgien. Grund für die Skepsis sind aber vor allem Wechselwirkungen, die global agierende Unternehmen erleben. Denn klar ist, dass China mit ähnlichen Zöllen reagieren wird und so Unternehmen trifft, die auf dem Weltmarkt unterwegs sind.
Europa könnte bald nachziehen
Kaum eine Branche wird davon aber so stark getroffen wie die Autobauer – insbesondere die E-Autobauer. Die meisten von ihnen produzieren in mehreren Ländern, und die großen Hersteller haben fast alle Werke sowohl in China als auch in den USA. Besonders europäische Hersteller wie BMW, Mini oder Volvo sind davon betroffen, weil sie in China Volumenmodelle für den Weltmarkt fertigen.
Laut einer Simulationsstudie des IfW Kiel dürften die Auswirkungen zwar im ersten Moment gering sein – gerade einmal 12.000 Elektroautos werden aus China in die USA importiert. Doch auch innerhalb der EU gibt es intensive Diskussionen, ob Strafzölle nicht das richtige Instrument seien, um der Flut der chinesischen E-Auto-Player wie BYD oder Nio Einhalt zu gebieten. Bidens Pläne könnten die Diskussionen in Europa anfachen, wo knapp 500.000 Autos jährlich aus China eintreffen.
Unter diesen Importen, egal ob nach Europa oder in die USA, befinden sich keineswegs nur chinesische Marken, sondern auch europäische. Entsprechend intensiv lobbyiert die Automobilbranche derzeit in Brüssel gegen Strafzölle. Vor allem diejenigen, die in China für den Weltmarkt produzieren – zum Beispiel BMW – wären stark davon betroffen. Und zwar stärker als Konkurrenten, die in China vor allem für den chinesischen Markt produzieren wie etwa Volkswagen.
Wer diese Autobauer sind, und welche Modelle am stärksten betroffen wären. Ein Überblick:
Diese Autos könnten von den Strafzöllen betroffen sein
Das E-Automodell iX3 wird bei BMW Brilliance in Shenyang gefertigt. Dabei handelt es sich um ein Gemeinschaftsunternehmen des deutschen Autobauers mit dem chinesischen Unternehmen Brilliance China Automotive.
Der Volvo EX30 wird von Volvo-Eigner Geely im chinesischen Zhangjiakou gefertigt. Ab 2025 sollen Teile der Produktion wieder im belgischen Gent erfolgen.
Polestar ist zwar formal eine schwedische Marke, die einst von Volvo mitgegründet wurde, sich jedoch im Eigentum von Geely befindet, einer chinesischen Holdinggesellschaft. Entsprechend werden auch fast alle Modelle in China hergestellt und zwar in Hangzhou Bay.
Der Buick Envision ist das erste in China gebaute Fahrzeug von General Motors, das seit 2014 dort produziert wird. Es ist zwar kein E-Auto, könnte aber später dennoch in den Fokus geraten, wenn die Strafzölle ausgeweitet werden
Der Cupra Tavascan wird bei Volkswagen Anhui in Hefei gefertigt und ist für den europäischen Markt konzipiert.
Der Dacia Spring für den europäischen Markt wird bei Dongfeng in Wuhan gefertigt.
Der Honda Jazz ist zwar kein Elektroauto, wird aber bei Honda in Dongfeng gefertigt und wird von dort aus auf den europäischen Markt geliefert.
Hinter dem Lincoln Nautilus verbirgt sich der Autohersteller Ford, der das Modell in Zhejiang beim Joint Venture Changan Ford produzieren lässt.
Drei elektronische Mini-Modelle – Cooper, Aceman und Countryman – werden bei Great Wall Motors gefertigt. Der chinesische Partner hat auch einen Großteil der Technik der neuen elektrischen Minis entwickelt.
Ähnlich wie Polestar hat die Holdinggesellschaft Geely großen Einfluss auf die Marke. Geely gehören fast 50 Prozent der Mercedes-Benz-Tochter Smart. Die Chinesen haben fast alle Modellen mitentwickelt. Smart-Modelle werden seit 2022 in China gefertigt. Die Produktion in Europa wurde 2024 beendet.
Wer an E-Autos aus den USA denkt, dem wird vermutlich zuerst Tesla einfallen. Doch auch Tesla produziert in seiner Gigafactory in Schanghai für den Weltmarkt – und zwar das Model 3, das vor allem nach Europa geht.