Life & Style Unfucked Drinks, please!

Unfucked Drinks, please!

Eigentlich ist Timo Baumgartl Verteidiger. Profifußballer. Schalke 04. Aber als Founder schaltet er auf Angriff. Zusammen mit Winzer Thomas Diehl hat er VINØ gegründet, eine Marke für alkoholfreien Wein. The Next Big Thing, wie sie hoffen

Es ist eine Gründer-Story wie aus einem Start-up-Handbuch. Nur viel emotionaler. Die beiden sind Schulfreunde aus Stuttgart. Der eine wird Fußballstar. Verdient Millionen. Mischt mit Union Berlin die Erste Bundesliga auf, bis er zu einer Routineuntersuchung geht. Er ist topfit. Dann die Schockdiganose: Hodenkrebs! Ein Tabu im Milliarden-Business-Fußball. Ein High-Performance-Geschäft, in dem sich jeder mit einem Schutzpanzer umgibt, damit ja niemand sieht, wie man sich wirklich fühlt. 

Timo Baumgartl aber traut sich in die Öffentlichkeit. Er spricht offen darüber, wie der Krebs seine Karriere zerfrisst. Er ist 26 und kämpft nicht mehr um Tore, sondern ums Überleben. Vom Stadion in die Berliner Charité. Operation, Chemotherapie. Gift im Körper eines Athleten. Timo gibt nicht auf. Er lernt, jeden Schritt neu zu gehen. Und schafft es nach Monaten zurück auf den Fußballplatz. Bei seinem Comeback stehen die Zuschauer auf: Standing Ovations.

Der Killer Krebs

Vor allem junge Männer sterben an Hodenkrebs. Timo ruft sie auf, zur Vorsorge zu gehen, und rettet damit Menschenleben. Er ist bis heute der Mutmacher auf Krebsstationen. 

Der andere Founder: Thomas Diehl, 32, Winzersohn aus Baden-Württemberg. „Dritte Generation – man erzählt im Weinbau ja immer sehr stolz, wie lange es das Weingut schon gibt“, sagt er. Seine Pläne aber sind weniger traditionell. Statt Weinbau studiert er Soziologie, Politik und Wirtschaftswissenschaften. Er jobbt bei Winzern in Südfrankreich und Neuseeland, arbeitet in einem Family-Office in Zürich und bei einem Maschinenbauer in Vietnam. Bis er bei Rocket Internet in Berlin landet, damals das große Start-up-Wunder der Samwer-Brüder. „Die haben mich gefragt: Willst du ein Praktikum? Oder willst du ein geiles Praktikum?“, erinnert sich Thomas Diehl. Seine Antwort: „Sehr geiles Praktikum!“ Ihre Antwort: „Okay, dann musst du dich jetzt von den ganzen Arbeitszeiten verabschieden. Ab jetzt gehörst du uns!“ Thomas landet im Global Communication Department, ist plötzlich im ­Experten-Team Börsengang: „Du bist morgens um 8 Uhr ins Büro gekommen und irgendwann wieder rausgefallen. Du hast sieben Tage die Woche gearbeitet. Es war so genial, mit diesen smarten Typen zu arbeiten und Visionen nach vorn zu treiben.“ Ein Spirit, der ihn bis heute prägt. Timo und Thomas, Double T. Eines abends sitzen sie in einem Stuttgarter Restaurant und kommen auf die Idee. Sie gründen die Company, telefonieren drei Mal täglich miteinader. Ihre Analyse von der Wein-Industrie: „Sehr verkrustet, sehr traditionell, sehr elitär und von sich eingenommen.“ Die Bier-Branche stieg vor 20 Jahren schon auf „alkoholfrei“ um. Die Winzer hätten dafür auf einem zu hohen Ross gesessen: „Die dachten, das Geschäft geht immer so weiter.“ Aber der Trend kippt.

Alkohol? Lieber nicht

Das Founder-Duo wertet alle Statistiken aus: 50 Prozent der 18- bis 25-Jährigen trinken überhaupt keinen Alkohol mehr. Schwangere und Kranke dürfen nicht. Ein gewaltiges Marktpotential. Dazu der gesellschaftliche Druck: „Wer kennt es nicht, dass man immer irgendwie dazwischensteht, nur weil man nicht mittrinken mag.“ Dass sie sich damit nicht nur Freunde machen – geschenkt. „Klar denken die Leute: Da kommen jetzt so’n Fußballer und so’n Jungwinzer daher, der nicht mal Weinbau studiert hat, wie das gute Winzer machen, und wollen der Branche zeigen, was fehlt.“

Ihr Erfolg: die ersten 1.500 Flaschen ihres alkoholfreien VINØ. Preis: 7,50 Euro für 0,5 Liter. Ausverkauft innerhalb von 24 Stunden! More to come.

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