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Chinesischer Billigversand EU-Verbraucherschützer legen Beschwerde gegen Temu ein

Die chinesische Billig-App Temu erlebt in Europa einen Boom. Verbrauchschützer aber werfen der Plattform Kundenmanipulation vor: Wer den eigenen Account kündigen wolle, müsse einen »Hindernisparcours« durchlaufen.
App Temu: Der gewaltige Erfolg sorgt für neue Kritik

App Temu: Der gewaltige Erfolg sorgt für neue Kritik

Foto: Thomas Trutschel / photothek / IMAGO

Ist die chinesische App Temu nur deshalb so erfolgreich, weil sie geschickt für sich wirbt und billige Preise anbieten kann? Verbraucherschützer aus 17 EU-Ländern werfen dem Anbieter vor, mit unsauberen Methoden Umsätze zu machen und fordern ein Einschreiten der jeweils zuständigen Behörden.

»Der Online-Marktplatz ist voll von manipulativen Techniken, die darauf abzielen, die Verbraucherinnen und Verbraucher dazu zu bringen, mehr auf der Plattform auszugeben«, erklärte die Chefin der europäischen Verbraucherorganisation BEUC, Monique Goyens, am Donnerstag. Temu verstoße damit gegen das EU-Gesetz für digitale Dienste (Digital Services Act, kurz: DSA). Mit einem koordinierten Vorgehen in verschiedenen EU-Mitgliedsländern soll der chinesische Betreiber nun zu wesentlichen Änderungen gezwungen werden.

Kunden in die Irre geführt?

Die Verbraucherschützer werfen dem Unternehmen eine ganze Reihe von Verstößen vor. Sobald sie ein bestimmtes Produkt angeklickt haben, werde Kundinnen und Kunden etwa eine Reihe teurerer Versionen angezeigt, erklärte Goyens. »Außerdem lässt Temu die Verbraucherinnen und Verbraucher häufig im Unklaren darüber, von wem sie die Produkte kaufen«, fügte sie hinzu. Dadurch sei nicht nachvollziehbar, ob ein Produkt den EU-Sicherheitsvorschriften entspreche. Zudem würden Kundinnen und Kunden behindert, wenn sie der Plattform den Rücken kehren wollen. Wer sein Konto bei Temu löschen wolle, müsse dazu einen »Hindernisparcours« auf der Website durchlaufen. Laut Beschwerde hat der Anbieter mittlerweile monatlich mehr als 75 Millionen Nutzer in der EU.

Temu teilte mit, die Beschwerde von BEUC »sehr ernst« zu nehmen und sie »sorgfältig« zu prüfen. Als neues Unternehmen auf dem europäischen Markt habe es sich verpflichtet, sich an die »lokalen Gepflogenheiten« anzupassen, erklärte eine Unternehmenssprecherin. »Wo wir Verbesserungsmöglichkeiten sehen, wollen wir gemeinsam daran arbeiten, unseren Service noch zu verfeinern und etwaige Mängel zu beheben.«

In Deutschland bereits Besserung versprochen

Das Unternehmen verwies auch auf eine Unterlassungserklärung, die Temu vor Kurzem gegenüber dem Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) abgegeben hatte. Dieser hatte das Unternehmen wegen »manipulativer Designs« und falscher Umweltversprechen abgemahnt. Temu verpflichtete sich dann, Hinweise wie »Beeile dich! Über 126 Personen haben diesen Artikel in ihrem Warenkorb« künftig bei deutschen Kunden nicht mehr anzuzeigen. Solche Techniken dienen gemeinhin dazu, Kunden und Kundinnen unter Zeitdruck zu setzen und so zu einem schnellen Kauf zu verleiten.

Das hinter Temu stehende Unternehmen Pinduoduo hatte zuletzt nahezu eine Verdopplung seines Gewinns im vergangenen Jahr gemeldet. Die App lockt mit extremen Schnäppchen, steht aber immer wieder wegen schlechter Qualität, nicht erhaltener Sendungen und der mangelhaften Klima- und Umweltbilanz seiner Produkte in der Kritik. Auch aus dem Handel kommt deutliche Kritik an dem neuen Konkurrenten.

Die zuständigen Behörden in den EU-Staaten sollen nun klären, ob Temu gegen das Gesetz für digitale Dienste verstößt. Es verpflichtet Onlinehändler unter anderem, Informationen über Anbieter auf ihren Plattformen offenzulegen, verboten werden irreführende Verkaufsmethoden. Bei Verstößen drohen den Unternehmen Strafen in Höhe von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. In Deutschland soll sich künftig die Bundesnetzagentur um solche Beschwerden kümmern.

tmk/AFP