Zum Inhalt springen

Lehrermangel in Baden-Württemberg Englisch für Erstklässler steht auf der Kippe

Englisch und Französisch ab der ersten Klasse - Baden-Württemberg ist Vorreiter im frühen Fremdsprachenunterricht. Den stellt die Landesregierung nun aber wieder mal infrage, wegen Lehrermangels.
Schülerin an der Tafel (Symbolbild)

Schülerin an der Tafel (Symbolbild)

Foto: Armin Weigel/ dpa

Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann will etwas gegen den Lehrermangel an den Schulen im Land tun - und dafür unter anderem beim frühen Fremdsprachenunterricht sparen. "Ich kann mir vorstellen, dass wir die Fremdsprachen in der Grundschule erst ab Klasse drei beginnen lassen und dadurch rund 630 Deputate gewinnen", sagte sie der Nachrichtenagentur dpa.

Die frei werdenden Stunden sollen aber in den Grundschulen belassen werden, als Poolstunden zur weiteren Stärkung von Lesen, Schreiben und Rechnen. Grundschulen sind die einzige Schulart in Baden-Württemberg, die nicht über solche Stunden verfügt, in denen Lehrer flexibel auf Stärken und Schwächen der Schüler eingehen.

Bislang beginnen baden-württembergische Schüler - anders als in vielen anderen Bundesländern - in der ersten Klasse, Englisch und entlang des Rheins Französisch zu lernen. Die Regelung gilt seit 2003, Baden-Württemberg war damit bundesweit Vorreiter. Inzwischen unterrichten zum Beispiel auch Grundschulen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen Fremdsprachen von Beginn an.

Mehr Quereinsteiger bei Lehrermangel?

Doch Baden-Württemberg hadert immer wieder mit dem Konzept. Bereits vor sechs Jahren empfahl ein Expertenrat der Landesregierung, Englisch und Französisch erst ab Klasse drei zu unterrichten, weil besonders Kinder mit Migrationshintergrund sonst überfordert sein könnten.

Sprachwissenschaftler Thorsten Piske argumentierte damals auf SPIEGEL ONLINE, dass gerade Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch sei, sich im Fremdsprachenunterricht oft motiviert und wohl fühlten.

Diesmal argumentiert das Schulministerium vor allem mit dem Lehrermangel. In den kommenden vier Jahren werde es schwer bleiben, genügend neue Lehrer zu gewinnen, sagte Ministerin Eisenmann der dpa. Danach würden sich Angebot und Nachfrage wieder die Waage halten. Es bringe deshalb nichts, auf lange Sicht die Zahl der Studienplätze zu erhöhen.

Bis zur parlamentarischen Sommerpause will Eisenmann weitere Maßnahmen vorstellen, um die Unterrichtsversorgung abzusichern. Derzeit fehlten 1700 Lehrer. "Das heißt aber nicht, dass 1700 Klassen ohne Lehrer dastehen", sagte Eisenmann. Die Lücke werde überwiegend durch Mehrarbeit, Vertretungsverträge und mit Pädagogen geschlossen, die vorzeitig aus der Elternzeit zurückkehren.

Zudem sollen die Qualifikationen ausländischer Pädagogen weniger strikt behandelt werden. Baden-Württemberg setzt gegen den Lehrermangel auch auf Quereinsteiger, die kein Lehramt studiert haben - allerdings nicht so stark wie zum Beispiel Sachsen oder Berlin.

lov/dpa