Weltfrauentag: Wie steht es um die Gleichberechtigung im Job?

Der 8. März ist Weltfrauentag. Was Du über den Status Quo der Gleichberechtigung in der deutschen Arbeitswelt wissen musst, hat die XING Redaktion hier für dich zusammengestellt.
Für die einen ist es der Weltkampftag, für andere lediglich ein Anlass für fehlgeleitete Rabattaktionen. Dazwischen liegt sehr viel Raum für Aufklärungsarbeit. Das Narrativ wird meist von den Lücken bestimmt: Die Lohnlücke, der Equal Pay Gap, die Rentenlücke, der Gender Pension Gap, die Pflegelücke, der Gender Care Gap. Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern klaffen – und das bisher deutlich zugunsten der Männer.
Daraus resultiert – natürlich – auch ein Investment Gap. Frauen, die wegen niedriger Löhne oder Teilzeitbeschäftigung wenig oder kein Geld beiseite legen können, haben auch keine Chance, durch private Anlagen ihre niedrigen Renten im Alter ausgleichen.
Frauen laufen schon mit der Geburt des ersten Kindes Gefahr, in Altersarmut zu geraten, weil das System sie mit fehlender Kinderbetreuung, dem Ehegattensplitting und mit zu starren Arbeitszeitmodellen strukturell benachteiligt. Warum kucken wir uns nicht mehr bei unseren Skandinavischen Nachbarn ab, fragt sich XING Insiderin Maike van den Boom. Geteilte Elternzeit, kein Ehegattensplitting und offenbar auch weniger Unconcious Bias, zumindest im Arbeitskontext.
Unconsciou Biases, diese unbewussten Vorurteile, die jede·r von uns in sich trägt, sorgen dafür, dass selbst Spitzenkräfte wie Douglas CEO Tina Müller nach anderen Maßstäben beurteilt werden, als Männer in vergleichbaren Positionen.
Systematisch benachteiligt, ständig erschöpft
Es ist schade, dass Frauen nicht jeden Tag ganz automatisch Aufmerksamkeit für ihre Leistung bekommen. Stattdessen müssen viele mit Alltagsdiskriminierung leben: im Meeting nicht gehört, bei der Gehaltsverhandlung übergangen.
So lange wir das als Gesellschaft nicht hinbekommen, müssen wir hartnäckig über das herrschende Ungleichgewicht sprechen. Dr. Linda Scott, eremitierte Oxford-Professorin, hat dieser Aufgabe ihr ganzes akademisches Leben gewidmet. In ihrem Buch "Das weibliche Kapital" fasst sie ihre Forschung zusammen und belegt: Frauen wird systematisch die Teilhabe an der Wirtschaft verwehrt. Dabei ist es ihre, meist unbezahlte Arbeit, die das herrschende System aufrecht erhält.
Die Erschöpfung der Frauen liegt unter anderem in ihrem Dauereinsatz. Frauen leisten jeden Tag im Schnitt mindestens zweieinhalb Mal soviel unbezahlte Arbeit wie Männer. Als Mutter, Hausfrau, pflegende Angehörige – und das sowohl körperlich, als auch im Kopf. Sie befinden sich in der Mental Load Falle.
Die Corona-Pandemie hat viele Frauen, insbesondere Mütter, unter ganz besonderen Druck gesetzt. Mit ständig ausfallender Kinderbetreuung und Homeschooling lernten viele, dass sie sich mehr von ihren Arbeitgebern erwartet haben. Eine Forsa-Studie belegt: Frauen sind jetzt wesentlich unzufriedener im Job als Männer.
Dass wir alle davon profitierten, wenn Männer mehr Anteil an Haus- und Betreuungsarbeit übernehmen würden, schreibt hier XING Insider Birk Grüling. Statt „babysitten“ und im Haushalt „helfen“, sollten Väter mehr Gleichberechtigung in der Kinderbetreuung einfordern.
Mehr Frauen in Führung
Das wird schon besser, ja. Aber gut ist das noch lange nicht. Jedes Jahr wird der Allbright Bericht veröffentlicht: eine Auswertung der Frauen in deutschen Vorständen und Aufsichtsräten. 2021 war ein Rekordjahr. Aber let’s face it, da gibt es noch viel zu tun!
In Großunternehmen ging es zwar aufwärts für die Frauen. Im deutschen Mittelstand sieht das anders aus. Pandemiebedingt wurden viele Frauen in ihre tradierten Rollen zurückgeworfen. Das spüren auch die KMUs, schreibt die ZEIT: Nur 16 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen wurden 2021 von Frauen geführt.
Lange diskutiert, wird sie in börsennotierten Unternehmen jetzt durchgesetzt: die Quote. Bis 2025 haben die Unternehmen Zeit, die passenden Frauen anzuheuern. XING Insider Martin Spilker ist allerdings der Meinung, dass die Haltung deutscher Führungskräfte hier noch zu wünschen übrig lässt. Die finden nämlich: "Bei uns ist alles paletti!"
Und übrigens: Das Zukunftsinstitut hat den Gender Shift, einen Wandel der Geschlechterrollen, als einen der zwölf Megatrends, eine der großen Zukunftsaufgaben unserer Gesellschaft definiert. Gleichberechtigung sollte sich also jedes Unternehmen dringend auf die Tagesordnung setzen. Nicht nur heute.
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Die Quote
