Lars Hahn

Lars Hahn

für Weiterbildung, Digitalisierung, Arbeitsmarkt

2020 - das Jahr der Bewerber? Jobs mit Sinn und Qualität der Arbeit. #Karrieretrends2020

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Viel Glück für Beruf und Jobsuche in 2020!

Wird 2020 das Jahr der Bewerber und Arbeitnehmer? Mehr Jobs mit Sinn? Viel Qualität bei den Arbeitsstellen?

Schon berufsgemäß frage ich mich ständig, wie sich der Arbeitsmarkt entwickelt und welche Trends sich in Sachen Jobsuche und Bewerbung abzeichnen. Im aktuellen Jahr sind wir an einer drohenden Rezession am Arbeitsmarkt ja doch noch mal vorbeigeschrammt. Themen wie Arbeiten 4.0 und New Work wurden in diesem Jahr bei der Jobsuche immer bedeutsamer und über Sinn und Zweck eines Bewerbungsanschreibens wurde heißer denn je diskutiert.

Welche Themen 2020 und für die 20er Jahre in Sachen Karriere, Jobsuche und Arbeitsmarkt an Bedeutung gewinnen könnten, dazu wage ich in diesem abschließenden Beitrag des Jahres einen Ausblick – auch wenn die Sache mit den Vorhersagen so ihren Haken hat.

Voll daneben – die Sache mit Prognosen und Trends

Denn manchmal liegen auch klare Prognosen rückblickend völlig daneben. Ein Beispiel: Eine vor zehn Jahren durch die Bundesagentur für Arbeit gestellte Prognose besagte einen Rückgang des Arbeitskräftepotentials von über 3,6 Millionen Menschen für das Jahr 2020 gegenüber dem Erwerbspersonenpotential von 44,6 Millionen Menschen im Jahr 2011 voraus. Und was ist stattdessen passiert? Heute gibt es dem Statistischen Bundesamt zufolge 45,4 Millionen Erwerbspersonen, also 800.000 Menschen mehr am Arbeitsmarkt als 2011 und knapp vier Millionen mehr als prophezeit.

Was lernen wir daraus? Ich halte es mit Karl Valentin:

„Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.“

Dennoch wage ich einen Ausblick, welche Themen im nächsten Jahr an Bedeutung gewinnen könnten. Natürlich lege ich die Aufmerksamkeit dabei auf die Themen Arbeitsmarkt, Jobsuche und Bewerbung.

Drei Trends für 2020 und die kommenden 20er

Die digitale Transformation wird unsere Arbeitswelt durch immer stärkere Vernetzung der Menschen und durch den Einfluss von Big Data und künstlicher Intelligenz auf die beruflichen Tätigkeiten stark verändern. Darüber wurde hier und anderswo schon viel geschrieben. Überdies wird die demografische Entwicklung den Arbeitsmarkt definitiv beeinflussen, wenngleich diesbezügliche Personalbedarfsprognosen oftmals schief gehen – siehe oben.

Ich habe mir heute drei weitere Trends für Karriere, Jobsuche und Arbeitsmarkt vorgenommen, die ich aus Gesprächen mit Experten und Personalverantwortlichen sowie in Beratungsgesprächen mit Jobsuchenden in den letzten Wochen und Monaten immer wieder identifiziert habe. Hier sind sie:

Trend 1: Von Quantität zu Qualität im Arbeitsmarkt

„Wir müssen in der Breite zu höherwertiger Beschäftigung kommen: viel mehr Investitionen in Weiterbildung und Qualifizierung der Arbeitnehmer, bessere Arbeitsbedingungen, und eine entsprechende Lohnentwicklung", sagte der Arbeitsmarktforscher Enzo Weber kürzlich im Spiegel-Interview. Während in den letzten 15 Jahren die Zahl der Erwerbspersonen – insbesondere durch Niedriglohnjobs – stetig gesteigert werden konnte, müsse nun die Qualität der Arbeitsplätze durch Qualifizierung der Beschäftigten erhöht werden. Weiterbildung spiele dabei eine entscheidende Rolle. Digitalisierung und E-Mobilität würden diese Notwendigkeit noch verstärken.

Meine Einschätzung: Statt von quantitativem Fachkräftemangel („wir haben zu wenige Arbeitnehmer“), wird man mehr und mehr von qualitativem Fachkräftemangel sprechen („wir haben zu wenig qualifizierte Arbeitnehmer“). Die Qualifizierung und Weiterbildung von Jobsuchenden und Beschäftigten wird 2020 und in den nächsten Jahren noch intensiviert werden, was unter anderem an der aktuellen nationalen Weiterbildungsstrategie und Qualifizierungsoffensive der Bundesregierung abzulesen ist.

Trend 2: Bewerbung allein reicht nicht mehr aus – Strategiemix

Es ist nicht wirklich neu, dass die Jobsuche allein durch Bewerbungen auf Stellenanzeigen für viele Menschen nur schwierig bis gar nicht funktioniert. Gleiches gilt auf der anderen Seite für das Recruiting der Unternehmen. Wer nur eine Stellenanzeige schaltet, findet oft keine geeigneten Bewerber. Es geht für beide Seiten um Passung: den richtigen Bewerber, den passenden Job. Karrierecoach Dr. Bernd Slaghuis lieferte mir hierfür kürzlich im Gespräch die passende Beschreibung: „Bewerber benötigen mehr Klarheit, welche Positionen und Arbeitgeber gut zu ihren Stärken, Zielen und ihrer Persönlichkeit passen. Recruiter werden aktiver und gezielter nach passenden Kandidaten suchen. Je mehr Kanäle beide Seiten hierfür nutzen und je ehrlicher sie sich auf Augenhöhe treffen, umso besser werden sie sich finden."

Die zeitgemäße Jobsuche 2020 besteht daher aus einem guten Jobbörsenmix, einer Nutzung der Businessnetzwerke, aktivem Netzwerken und systematischem Kaffeetrinken. Von allem so viel, wie es zur individuellen Strategie der Jobsuche passt. Die meisten Jobsuchenden werden sich irgendwo zwischen diesen beiden Extremen bewegen.

Auch die professionelle Sichtbarkeit und Präsenz ist für Jobsuchende immer wichtiger, wie Kommunikationsberater Christian Müller weiß: „Die eigene Online-Präsenz, die Personal Brand, gewinnt an Bedeutung. Nicht weil PersonalerInnen unbedingt nach BewerberInnen googlen, sondern weil eine gute Reputation und eine sichtbare Personal Brand eine Strahlwirkung entfalten, die auch bei Unternehmen ankommt.“ Online-Präsenz für die Bewerbung – die einen tun es lauter, die anderen leiser: „Bewerbung undercover oder Jobsuche Out Loud“ – darüber schrieb ich kürzlich auch hier als XING Insider.

Trend 3: Werte, Sinn und Purpose

„Ich möchte endlich einen Job machen, der sinnvoll ist.“

Dieser Satz begegnet mir in letzter Zeit sehr häufig. Ganz gleich ob in den vielen Beratungen mit unseren Teilnehmenden, die sich gerade zwischen zwei Jobs befinden oder im Gespräch auf Karrieretagen: Überall dort, wo sich Menschen akut mit ihrer beruflichen Zukunft befassen, steht heute die Frage nach dem Sinn oft noch vor Themen wie Gehalt, Benefits und sogar vor der Sicherheit des Arbeitsplatzes.

Die Bedeutung von persönlichen Werten, Sinn und Zweck der Arbeit hat zugenommen. Purpose heißt das im Neudeutschen. Kollege Nico Rose hat kürzlich hier als Insider in einem Beitrag einen schönen Impuls dazu geschrieben: „Warum wir (k)einen Purpose im Leben brauchen“.

Im Vergleich zu früher trauen sich viele Jobsuchende und Berufstätige heute also eher zu fragen: „Was mache ich hier eigentlich und ist es „das Richtige““? Der dritte Karrieretrend lautet für mich daher „Jobsuche mit Sinn“.

Auch der übergeordnete Zweck – der Purpose – eines Unternehmens spielt für viele Bewerber bei der Jobsuche eine immer größere Rolle. Genauso wie die Unternehmenskultur. Passt das Unternehmen überhaupt zu mir? Eher agiles hippes Startup oder traditionelles, strukturiertes Familienunternehmen? Nicht ohne Grund hat das Arbeitgeberbewertungsportal kununu kürzlich den Kulturkompass erfunden. Dort können Mitarbeiter nun gezielt die Unternehmenskultur beschreiben und Bewerber können sehen, ob der Cultural Fit stimmt, also die Passung zwischen den eigenen Vorstellungen und der Unternehmenskultur.

2020 wird also endlich das Jahr der Bewerber: Mit viel Qualität bei den Arbeitsstellen und mehr Jobs mit Sinn.

Oder doch nicht?

Wie sehen Sie die Zukunft Ihrer Arbeitswelt?

P.S.: Der oben bereits zitierte Karrierecoach Bernd Slaghuis, veröffentlichte just ebenfalls seine lesenswerten Karrieretrends 2020. Auch Insider-Kollegin Svenja Hofert wagt einen lesenswerten Ausblick "Kippe dein Bild und sieh die Welt 2020 mal anders". Eventuelle Ähnlichkeiten sind tatsächlich zufällig, basieren aber auf vergleichbaren Erfahrungswelten und regelmäßigem fruchtbaren Austausch der Autoren.

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Eine längere Fassung dieses Beitrags erschien zuerst im LVQ-Karriereblog.

Der Autor: Lars Hahn ist der Entdecker von ‘Systematisch Kaffeetrinken’ und Social Media Enthusiast. Als Geschäftsführer der “LVQ Weiterbildung gGmbH” beschäftigt er sich mit Weiterbildung, Arbeitswelt, Karriere. Lars Hahn ist zu finden in vielen sozialen Netzwerken und natürlich hier bei Xing.

Wer schreibt hier?

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Lars Hahn

Geschäftsführer, LVQ Weiterbildung und Beratung GmbH

für Weiterbildung, Digitalisierung, Arbeitsmarkt

Als Trendschnüffler, Karriereberater und Leiter der LVQ Weiterbildung gGmbH schreibe ich über die Veränderung unserer Arbeitswelt durch die Digitalisierung und darüber, wie Sie sich per Weiterbildung und andere Wege fit für Ihre berufliche Zukunft machen.
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