Prof. Dr. David Matusiewicz

Prof. Dr. David Matusiewicz

for Gesundheitswesen, Medizinmanagement, Digitale Gesundheit

CLUBHOUSE – der neue Social Media Hype oder kurz: die Demokratisierung des Podcasts

Die neue Plattform Clubhouse ist das Gespräch der letzten Tage auf Social Media. Jeder hat im Augenblick mehr Fragen als Antworten: Was ist das? Wie funktioniert das? Wie komme ich da rein? Wie nur Apple? Und viele weitere Fragen. Deswegen möchte ich hiermit einen kurzen Erfahrungsbericht (n = 1, empirische Eigenevidenz) posten, welcher das Geschehen etwas einordnet.

Clubhouse würde ich nach meiner Erfahrung als eine Art Sammelstelle von zahlreichen parallel laufenden Live-Podcasts nennen, bei denen die Appnutzer verschiedene Räume (wenn diese öffentlich sind) aufsuchen und zuhören können. Man kann somit nicht nur zuhören, sondern auch digital die Hand heben und so aktiv vom Moderator in die Diskussion punktuell oder dauerhaft einbezogen werden. Es ist quasi eine Art der Demokratisierung eines Podcasts. Es geht hierbei nur um die Stimme (Audio) und sein Profilbild, so dass es kein Video und nicht einmal eine Chatfunktion gibt.

Vorteile

Die Vorteile dieser App sind, dass man rund um die Uhr und jeden Tag einfach mitlauschen und diskutieren kann. Wie in immer weiterlaufenden Telefonkonferenzen. Es gibt sicher immer einen spannenden Talk zu hören oder schnuppert vielleicht auch in Themen ein, mit dem man sich sonst nicht beschäftigt hätte. Gerade zur Corona-Zeit muss daher kein Clubhouse-User vereinsamen. Man kann auch technisch aus der weiterlaufenden App rausgehen und trotzdem weiterhören, während man gerade weitersurft oder Mails beantwortet. So lernt man – außerhalb seiner Bubble – völlig neue Leute kennen und kann unkompliziert netzwerken. Sicherlich wachsen die eigenen Follower mehr, wenn man sich traut aktiv in die Diskussion einzubringen und auch qualitativ gute Beiträge beizusteuern. So ging es mir heute morgen als ich nach meiner Kurzvorstellung von 0 auf 150 Follower kam und so merkte, dass es doch recht rege zugeht auf der Plattform. Sonst wäre ich wohl nicht so leicht mit Menschen aus Branchen wie der Luftfahrt oder Fernsehindustrie ins Gespräch gekommen. Nach den aktuellen Trial-and-Error-Versuchen und kollektiver Ahnungslosigkeit entwickelt sich auch eine eigene konstruktive Kultur des Organisierens von neuen Gesprächsrunden. Es gibt es in einigen Gruppen bereits Pro-Tipps wie: ein langsames Ein- und Ausschalten des Mikros auf dem Podium bedeutet, dass man etwas sagen möchte ohne jemand anderen ins Wort zu fallen. Das schnelle Ein- und Ausschalten hingegen hat in einer Gruppe „klatschen bzw. Zustimmung“ bedeutet. So versucht man mit den wenigen Möglichkeiten die Didaktik des Gespräches zu erweitern. Das ist für einen Soziologen sicherlich eine interessante Live-Studie.

Nachteile

Aber die App hat auch Nachteile. Dies betrifft insbesondere die Restriktionen der App und natürlich den Datenschutz. Als Android-Nutzer, kann man wohl nur solche Artikel lesen und erahnen was in der App los ist, da es derzeit nur für Apple-Nutzer möglich ist, diese zu nutzen. Eine der größten Besonderheiten ist es wohl, dass man nicht einfach die App herunterladen kann, sondern sich auf eine Warteliste eintragen kann oder von bereits registrierten Nutzern eingeladen bzw. hochgestuft zu werden. Man hat als neuer User nur zwei Invites frei, so dass die künstliche Verknappung bleibt. Und der aus der Psychologie bekannte FOMO-Effekt – (Fear Of Missing Out) wird dadurch verstärkt. Aber auch der Sog-Effekt, was sicherlich auch eine Marketingstrategie der App sein durfte. Dass Clubhouse zunächst nur für Apple-Nutzer nutzbar ist und nur restriktiv das Wachstum an neuen Mitgliedern ansteuert, liegt nach offizieller Aussage der Clubhouse-App darin, dass man als kleines Team langsam das Wachstum umsetzen kann. Erste Kritiker bemängelt, dass anfangs die Kontakte aus dem Telefonbuch durch die App angezapft werden, um die eigenen Kontakte zu identifizieren, was für den Zuordnungsalgorithmus wichtig ist. Das kann jeder für sich entscheiden, ob er das schlimm findet oder nicht. Andere bemängeln, dass Gespräche zwar im Hintergrund nicht aufgezeichnet werden können, jenes verbietet die App, aber natürlich können die Gespräche durch externe Medien mitgeschnitten werden (was aber auch bei einem normalen Telefongespräch möglich ist). Von daher ist man nicht ganz unter sich, aber das ist auch nicht das Hauptziel der App. Kritische Stimmen sind sicher willkommen, um die App im Laufe der Zeit zu optimieren. Der ein oder andere Mythos bzw. der kritische mediale Diskurs um die App dürfte der Bekanntheit sicher so oder so nicht schaden.

Ein weiterer Aspekt ist, dass Bühne schnell recht groß werden. Hier muss das Moderatorenteam gut moderieren und zwischendurch wieder Teilnehmer in die Audience zurückversetzen. Hierbei stellen sich dann die Fragen wie:

  • Ist das dann unhöflich, jemanden wieder aus dem Podium zu entfernen?

  • Was passiert wenn jemand einen längeren Monolog führt? Oder nur Eigenwerbung macht?

  • Wenn die Sprecher sich ständig ins Wort fallen oder thematisch springen?

Sicherlich entwickelt sich daraus früher oder später eine Clubhouse-Netikette, aber es ist doch schön anfangs einfach intuitiv ausprobieren zu können und "Fehler" zu machen. Es fühlt sich wie - unendliche viele Telefonkonferenzen - an, die auch (theoretisch) immer weiter fortgeführt werden können. Und das stundenlang oder vielleicht sogar tagelang - solange aktive Gruppenmitglieder gibt. Einige Nutzer sprechen gar von Suchtpotenzial oder dem Problem, dass man sich gar nicht entscheiden könne, bei so vielen spannenden Diskussionsrunden. Es bleibt eine autonome Teilöffentlichkeit, zu der man sich zugesellt.

Ausblick

Spannend ist auch, wie sich das weiter entwickeln wird. Ist es nur eine Werbeplattform für die eigenen Social Media Kanäle (man kann Clubhouse auch mit Twitter und Instagram verbinden)? Ist es eine Ergänzung zu normalen Podcasts oder wird es die Podcasts sogar auf Dauer ersetzen? Wird es für Unternehmen und Corporate Influencer interessant sein, sich dort zu positionieren oder bleibt es eher bei privaten Meinungen und Äußerungen? Muss die Marketingabteilung jetzt neben den üblichen Social-Media-Plattformen und nach TikTok jetzt wieder den nächsten Praktikanten dafür einstellen? Es gibt sicher viele offene Fragen.

Clubhouse ist jetzt schon ein Social Media Trend des angefangenen Jahres. Es fühlt sich etwas anders an und ist vielleicht dadurch, dass es nur die Stimme begrenzt ist besonders. Auch dürfte das die Eintrittshürde reduzieren, da man sich nicht zeigen muss. Ich kann jedem empfehlen mal reinzuhören, sobald ihr den Eintritt ergattern könnt. Aber sich auch auf die Warteliste zu setzen, da man dann durch die eigenen Kontakte im Netzwerk auch mittlerweile relativ schnell freigeschaltet wird. Es lohnt sich, sich ein eigenes Bild zu machen: Oder wie es mein neuer Clubhous-Kontakt Katharina beim Maketing-Breakfast heute morgen schön zusammenfassend ausgedrückt hat: „Es ist so „sau-authentisch“, das macht Clubhouse so toll.“

PS: Danke Michaela Schumacher für den Invite und leider habe derzeit selbst keine Invites mehr.

About the author

Prof. Dr. David Matusiewicz
Prof. Dr. David Matusiewicz

Gründer & CEO, DXM Group - Digitale Medizin

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Dekan des Hochschulbereich Gesundheit & Soziales, Direktor des ifgs an der FOM Hochschule | Gründer Digital Health Academy | Digi Health Talk | Buchherausgeber, Speaker und Moderator.