Torsten-Roman Jacke

Torsten-Roman Jacke

for High Sensitiv Person (HSP), Vielbegabung, Talente + Potentiale, menschenzentrierte Unternehmen

Der Mensch im Mittelpunkt...

Foto by Torsten-Roman Jacke
Eine Götterdämmerung hilft uns auch nicht.

... allein mir fehlt der Glaube.

Immer wieder lese oder höre ich den folgenden Satz:

Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt.

So weit, so gut, ist doch selbstverständlich würden wir sagen, und wenn wir den vielen vollmundigen Leitbildern, Hochglanzbroschüren, Unternehmens-Websites, Stellenausschreibungen, medialen Inszenierungen und bunten Werbeanzeigen Glauben schenken dürfen, dann sieht es genau so aus.

Natürlich wäre es jetzt auch noch schön, wenn dieser Satz auch gelebt würde, denn Unternehmen wurden/ werden von Menschen gegründet, die Ideen und Innovationen für Produkte, Dienstleistungen und Services stammen von Menschen, dessen Umsetzung findet durch Menschen statt und die (Geschäfts-) Partner*innen, Zuliefer*innen und Kund*innen sind ebenfalls Menschen.

Doch ist das wirklich ernst gemeint? Steht der Mensch als Individuum mit all seinen Facetten, Talenten, Potentialen, Geschichten, Hintergründen und Lebensumständen, aber auch Sorgen, Nöten und Ängsten wirklich im Mittelpunkt? Oder handelt es sich in vielen Fällen um Lippenbekenntnisse?

Aus meiner Sicht, handelt es sich um HumanGreenWashing, welches sich Unternehmen gerne auf die Fahne schreiben, um in der Öffentlichkeit gut dazustehen. Von den Verantwortlichen gezielt gewünscht und von den Marketingabteilungen hochglanzpoliert in Szene gesetzt.

Natürlich gibt es positive Ausnahmen und in dem ein oder anderen Unternehmen, gibt es dahingehend viel Bewegung. Das durfte ich selbst schon erfahren und nicht unerwähnt lassen. Doch es sind Ausnahmen, denn meine eigenen Erfahrungen und die Berichte von Menschen, denen ich begegne und mit denen ich in meiner täglich Arbeit zusammenkomme, zeichnen ein anderes Bild. Selbst in Unternehmen, die gerne als Vorzeigeunternehmen der Öffentlichkeit präsentiert werden, ist das von mir bezeichnete HumanGreenWashing, gang und gäbe.

Weshalb HumanGreenWashing? Aus drei Gründen.

1. Die Wortwahl

Selbst diejenigen, die sich täglich mit dem Thema Mensch und Arbeit auseinandersetzen und beschäftigen, meiden den Begriff Mensch wie der Teufel das Weihwasser

Zum Beispiel auf Veranstaltungen wie der Leitmesse „Zukunft Personal Europe“, wo Menschen auf Menschen treffen, um über Menschen und Arbeit zu sprechen, zu diskutieren und Informationen auszutauschen. Hier ist das Wort Mensch kaum existent.

Ich habe mir die Mühe gemacht und die Vorankündigungen der Aussteller, sowie der Vorträge und Workshops dahingehend zu analysieren. Von den ca. 770 Ausstellern nutzten 2,21 % das Wort Mensch, bei den Vorträgen und Workshops waren es 1,07 %.

Vor Ort wurden meine Analysen bestätigt.

Es war die Rede von (inklusive meiner eigenen Interpretationen und Assoziationen):

Personal - wie der Name der Messe schon vermuten lässt und mich an die Anekdote erinnert, als ein Unternehmensinhaber von der Polizei angehalten wurde. Auf die Frage nach seinem Personalausweis antwortete er: „Er habe keinen Personalausweis. Er sei Chef und nicht Personal.“

Human Resource (HR) - erinnert mich immer wieder an die Ausbeutung der Ressourcen unseres Planeten, als ob es kein Morgen gibt. So manchem Menschen im Unternehmen geht es genauso.

Human Capital - liest sich wie menschlicher Geldwerter Vorteil

Mitarbeiter*in - hört sich an wie Mitläufer*in und ist in vielen Fällen auch genau so gemeint

Angestellte - liest sich, als ob man sich hinten anstellen soll oder muss

(abhängig) Beschäftigte - hört sich an wie abhängig = Sucht und Beschäftigte wie bei Kindern die die Erwachsenen nicht stören und sich mit irgendetwas beschäftigen sollen

Lohn- und Gehaltsempfänger*in - empfanget das gute Geld wie die Hostie beim Abendmahl und seiet dankbar

Befehlsempfänger*in - wie in den „guten“ alten Zeiten beim Kommiss

Vorgesetzte - wie bei einem Essen, welches einem vorgesetzt wird. Friss oder stirb.

Untergebene - wo sich ein Mensch über einen anderen Menschen erhebt

Einige Aussteller versuchten mit positiv besetzten Begriffen wie Talent(e) zu punkten. Doch wenn ich nach der Begriffsdefinition von Talent(e) fragte, so bekam ich zur Antwort, dass sie damit BewerberInnen meinen. Talent(e) hört sich halt nur besser an. So weit, so schlecht.

Ein Anbieter ließ im Vorfeld der Messe folgendes verkünden:

„… Wir bieten Lösungen für alle Phasen des Talentlebenszyklus. …“ Von der Einstellung über die Entwicklung von Talent bis hin zu Karriere-Neuorientierung basierend auf faktengestütztem validiertem Fachwissen.“

Bitte was? Talentlebenszyklus? Das liest sich wie der Lebenszyklus einer PET-Flasche.

Bei solchen Äußerungen kann ich echten Talenten doch nur raten, leise, still und heimlich das Weite zu suchen.

Das mag für die geneigte Leserschaft banal und kleinlich klingen. Wenn wir jedoch uns vor Augen führen, dass die Menschen auch im unternehmenerischen Kontext an erster Stelle als Mensch wahr- und ernstgenommen werden möchten, ist es gar nicht mehr so banal und kleinlich.

Der Ton macht die Musik. Wenn Menschen z.B. als Ressource oder BefehlsempfängerIn tituliert werden, dann sollte es uns nicht wundern, wenn aufgeklärte Menschen eher empfindlich darauf reagieren und sich Unternehmen suchen, wo ein guter Ton herrscht.

Wenn wir bei der Wortwahl schon solche „Probleme“ haben, wie sieht es dann mit dem Menschenbild in Unternehmen aus?

2. Das Menschenbild

Ich selbst habe anfangs immer ein positives Menschenbild, wenn ich neue Menschen kennenlerne. Selbstverständlich habe ich mir mit dieser Einstellung auch schon mal eine blutige Nase geholt, doch überwiegend, wurde ich dafür im Gegenzug reich beschenkt. Ich bekam Inspiration, neue Denkweisen und ein tolles Umfeld mit Menschen, denen ich auch etwas zurückgeben kann.

Meine Beobachtungen in den vergangenen Jahren zeichnen dahingehend in vielen Unternehmen leider ein anderes, schlechtes Bild. Das Menschenbild ist negativ und vielfach noch geprägt von Mißtrauen, Missgunst und der Unfähigkeit den Mensch in seiner Gänze zu sehen.

Wir mißtrauen Menschen die nicht so sind wie der Durchschnitt, die ihre Andersartigkeit zeigen und einen anderen Lebensstil favorisieren. Wenn diese Menschen dann auch erfolgreich sind, gönnen wir ihnen nicht mal mehr die Butter auf dem Brot, denn wie kann es ein Mensch wagen anders und erfolgreich zu sein.

Wir lassen uns immer noch von Äußerlichkeiten, glatten Lebensläufen, Zertifikaten, Auszeichnungen und Zahlen, Daten und Fakten blenden. Wir stellen immer noch die Frage „Was bist du?“ statt „Wer bist Du?“. Statt sich für die Menschen zu interessieren und die Hintergründe zu erfragen, wie sie ihr bisheriges Leben gemeistert haben, werden Schubladen auf- und schnell wieder zugemacht. Die/Der ist anders und das ist nicht gut.

Dazu eine kleine persönliche Anekdote:

Eine gute Freundin empfahl mich bei einem Unternehmen. Mein Profil passte perfekt zur Stellenausschreibung. Die gute Freundin hatte an dem Tag in dem Unternehmen zu tun und nach ca. einer Stunde kam die HR-Leiterin auf sie zu und meinte ganz unverhohlen zu ihr: „Wir brauchen seriöse Partner!“

Bämmm. Ich bin also nicht seriös und das lasse ich jetzt einfach mal so stehen.

Da hat die gute Dame entweder auf eines meiner Social Media Profile geschaut oder meine Websites besucht. Ein Wort mit mir gewechselt? Fehlanzeige. Meine Texte auf den Websites oder Blogbeiträge gelesen bzw. Podcasts angehört hat schon sie mal gar nicht. Sonst hätte sie erkannt, wer ich wirklich bin, wie ich ticke und das mein provokantes Auftreten nichts mit meinen Fähigkeiten zu tun hat. So what. Diese Firma werde ich zukünftig meiden und auch vorerst nicht empfehlen.

So wie mir ergeht es täglich vielen anderen Menschen. Ob als BeweberIn, als Teil des Unternehmens, als (Geschäfts-)PartnerIn oder KundIn. Sie werden als Bittsteller oder notwendiges Übel betrachtet oder schlimmstenfalls ganz ignoriert.

In Stellenausschreibungen, gerade wenn es um leitende Funktionen geht, begegnet mir immer wieder die Definition von „disziplinarische“ Leitung oder Führung. Für mich sind solche Formulierungen veraltet, sagt aber viel über das vorherrschende Menschenbild im Unternehmen aus.

Anstatt sich mit einer offenen Haltung auf die Menschen einzulassen und zuzuhören, was sie zu sagen, welche Beweggründe sie antreibt oder welche Begabungen und Fähigkeiten sie zu bieten haben, geben wir uns lieber gleich einem negativen Menschenbild hin. Weil es einfach und bequem ist. Durch diese Haltung vergeben wir uns vielfach die Chancen neue Sichtweisen kennenzulernen und Inspirationen, Ideen und Innovationen zu erhalten, um anstehende und vor allem notwendige Herausforderungen angehen zu können.

3. Der Umgang

Gehe mit Menschen so um, wie du es dir wünschst, dass sie mit dir umgehen.

Die erwähnte Wortwahl und das skizzierte Menschenbild spiegeln sich auch im Umgang mit den Menschen in Unternehmen wieder und ich kann es kaum glauben, dass wir uns im Jahr 2019 befinden.

Es wird immer noch geschrien, rumgebrüllt, herablassend und respektlos mit und über Andere gesprochen, im Beisein anderer Menschen rundgemacht und gebrochen, gemobbt, am Stuhl gesägt, Befehle erteilt, Menschen als dumm oder faul bezeichnet, weder wahr- noch ernstgenommen, nicht zugehört, geschwiegen, gelogen, Mißgunst formuliert, Mißtrauen offen ausgesprochen, ignoriert, erwachsene Menschen wie (Klein-)Kinder behandelt, ausgegrenzt, Gesetze gebrochen, Strafen unberechtigt angedroht …

… und das nicht, wie jetzt Viele denken, in sogenannten Ausbeuterbranchen. Nein, in ganz normalen Unternehmen, KMUs und Konzernen.

Manchmal münden solche Verhaltensweisen in unkontrollierten, cholerischen Wutausbrüchen, von denen selbst Unbeteiligte nicht verschont bleiben.

Dieser Umgang findet innerhalb und über alle Hierarchieebenen hinweg und sogar in Teams statt. Selbst in „sozialen“ Organisationen habe ich solche Umgangsformen erlebt.

So darf es uns nicht wundern, dass Unternehmen, Organisationen und Institutionen mehr und mehr Probleme mit der Besetzung von Stellen haben. Es herrschen Unzufriedenheit, Frustration, und eine hohe Fluktuation. Die Krankenstände steigen. Dabei spielen psychische Gründe immer häufiger eine Rolle und lt. Gallup Studie zum Engagement Index Deutschland 2018 ( https://www.gallup.de/183104/engagement-index-deutschland.aspx) haben nur 15% der Menschen in Unternehmen eine enge emotionale Bindung zum jeweiligen Unternehmen.

Ich bin offen gesagt müde angesichts der Tatsache, dass wir aufgeklärt sind und alle Möglichkeiten und Informationen zur Verfügung haben, wie ein gutes und menschliches Miteinander im unternehmerischen Kontext gelingen kann und wir noch so wenig bewegt haben. Da lasse ich es auch die Argumentationen nicht gelten, dass die Menschen durch die sich rasant verändernde Zeit und die immer komplexer werdende Welt, verunsichert sind.

Was können wir tun, damit der Mensch wirklich im Mittelpunkt steht?

Es bedarf zunächst keinem gehypten Buzzword-Bullshit-Bingo Gedöns aus New Work, Agile, Scrum, Kanban, Transformation, Digitalisierung, Disruption und den damit verbundenen Methoden und Tools.

Sapere aude - im Original: Wage es, weise zu sein oder in der Interpretation von Immanuel Kant: Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen. Jede/r von uns kann etwas positives dazu beitragen, indem wir

  • uns selbst hinterfragen, wie es mit der Wortwahl, dem Menschenbild und dem Umgang mit Menschen bestellt
  • auf die Menschen zugehen und ihnen zuhören
  • offen sein für Neues und Andersartigkeit
  • ein Unternehmensumfeld schaffen, wo Menschen sich wie Menschen fühlen und  einer sinnvolle Aufgabe nachgehen. Wo Respekt, Haltung, Werte, Empathie, Vertrauen, Zutrauen, Wertschätzung und ein gesunder Menschenverstand keine leeren Worthülsen sind, sondern gelebt werden. Wo ein guter Ton, ein positives Menschenbild und ein menschlicher Umgang nomal ist und die Menschen, in all ihren Facetten wahr- und ernstgenommen werden. Wo Gefühle, Emotionen, Intuition oder emotionale Intelligenz willkommen sind.

Kurz:

Es braucht mehr Menschlichkeit, damit der Mensch wirklich im Mittelpunkt steht.

So können wir den Umgang untereinander und miteinander menschenfreundlich gestalten und die vorhandenen positiven Kräfte im Unternehmen freisetzen.

Ich schließe mit Johann Wolfgang von Goethe (Werk: Faust 1)

„Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein.“

Über mich

Ich berate und begleite verborgene Talente, hochsensitive Menschen, Unternehmen, Organisationen und Institutionen zu "Talente und Potentiale entdecken - fördern - entfalten" und "Durch Organisations-Counselor zum menschenzentrierten Unternehmen" 

„Hidden Talents“ und hochsensitiven Menschen empfehle ich: https://potentialgefaehrte.de

Unternehmen, Organisationen und Institutionen empfehle ich: https://die-ermoeglicher.com

About the author

Torsten-Roman Jacke
Torsten-Roman Jacke

Geschäftsführer, by troja

for High Sensitiv Person (HSP), Vielbegabung, Talente + Potentiale, menschenzentrierte Unternehmen

Als Potentialgefährte begleite ich hochsensitive Menschen + Scanner-Persönlichkeiten. Unternehmen die die internen Talente und deren Potentiale entdecken und fördern möchten, stehe ich als Organisations-Counselor "auf Zeit" zur Seite. Mit SenseScanner matchen wir Generalist:innen mit Unternehmen.
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