Die fünf Gesetze menschlicher Dummheit

Wie kann man nur …? Falls Sie sich bisweilen über Ihre Mitmenschen wundern, geben Sie es auf. Es ist einfach nicht zu fassen, dass es Menschen gibt, die sooo dumm handeln. Aber halt, was ist denn dumm …? Und es ist keine Frage der Perspektive! Nur anders als Sie denken.
Etwa ein Markus Söder, der gerade ziemlich blöd ins politische Messer läuft, weil er korrekte Datenkommunikation offensichtlich für weniger relevant hält. Dumm darin ist weniger die „Datenpanne“ als vielmehr die Tatsache, die Öffentlichkeit und den politischen Gegner für dumm zu verkaufen.
Mit IQ hat das nichts zu tun. Sehr viele Menschen, auch jene mit hohem IQ, treffen am laufenden Band extrem dumme Entscheidungen. Nun fragen Sie sich vielleicht, woran man diese dummen Entscheidungen erkennen kann.
Es gibt einen einfachen Weg, den der rationalen Logik. Demnach ist derjenige dumm, der sich selbst UND anderen schadet. Und derjenige schlau, der sowohl sich selbst als auch anderen Nutzen zufügt. Der Schlüssel liegt also im Blick auf beide Seiten.
Dummheit nimmt zu
Vor einiger Zeit fiel mir ein kleines Büchlein in die Hand, das diese Frage auf wunderbar einfache, aber dennoch analytische Weise löst. Es stammt vom 2000 verstorbenen Historiker Carlo M. Cipolla und heißt „The basic laws of human stupidity” – und ist leider auf Deutsch nicht mehr verfügbar. Der Essay wurde in den 1970er-Jahren auf Italienisch verfasst und verdient breite Aufmerksamkeit. Denn Dummheit nimmt beängstigend zu. Das liegt an der wachsenden Komplexität.
Diese Komplexität trägt, so meine Hypothese, zur allgemeinen Verblödung bei. Denn die meisten suchen diese ganzen Widersprüche, all das Unklare, Unsichere, Uneindeutige „zu reduzieren“ – mitnichten jedoch auf intelligente Weise. Die Mehrzahl versucht auf all das einzuschlagen, in der natürlich vergeblichen Hoffnung, die Uneindeutigkeit möge verschwinden. Doch mit jedem gewaltsamen Vernichtungsschlag verbreitet sie sich weiter. Da hilft Carlo wirklich sehr.
Was also sind Cipollas fünf Gesetze der menschlichen Dummheit?
Das erste ist sehr simpel und lautet:
1. Gesetz: Wir unterschätzen die reine Zahl der dummen Individuen.
Dass wir das tun, zeigt sich eben daran, dass wir uns wundern, wie es sein kann … dass Hans-Peter weiter in seinem ungeliebten Job bleibt, obwohl er weder seinem Arbeitgeber Freude macht noch selbst zufrieden ist. Wir haben also keinen Nutzen für uns selbst und auch keinen für andere. Das ist dumm.
2. Gesetz: Die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Person dumm ist, ist unabhängig von anderen Merkmalen wie Intelligenz, sozialer Status etc.
Oft denken wir, Menschen mit mehr IQ müssten auch klügere Entscheidungen treffen. Cipolla hat selbst Nobelpreisträger analysiert – sie sind genauso dumm wie jemand mit Hauptschulabschluss. Denn sie treffen ebenso Entscheidungen, die ihnen und anderen schaden. Ich erinnere mich an die in „Brandeins“ publizierte Geschichte eines Nobelpreisträgers, der einen Fehler in einer Exceltabelle, die wesentlich für seine Forschungen war, vertuschte. Natürlich kommt so was irgendwann raus wie der berühmte Kommafehler bei der Berechnung des Eisengehalts im Spinat. Allen anderen nutzt so ein Fake auch nicht. How stupid!
3. Gesetz: Eine dumme Person ist eine Person, die Verluste in einer anderen Person oder in Gruppen verursacht, während sie selbst keine Gewinne und Vorteile erzielt, sondern gleichermaßen Verluste.
Stellen Sie sich das mit Minus und Plus vor. Eine dumme Person sorgt für ein Minus überall. Sogar eine Bandit ist da schlauer – er erzielt wenigstens Vorteile für sich selbst. Dabei gibt es laut Cipolla intelligente und dumme Banditen. Die intelligenten verhalten sich so, dass es für die anderen nicht ganz schlecht ausgeht. Sie nutzen im Betrieb z.B. Zoom, obwohl es seitens des Datenschutzes nicht erlaubt ist. Aber großen Schaden fügen sie auch keinem zu.
4. Gesetz: Nichtdumme Menschen unterschätzen regelmäßig die zerstörerische Macht der dummen Leute. Intelligente Menschen vergessen verlässlich, dass es sich immer und in jedem Fall als teurer Fehler herausstellt, mit dummen Leuten zu kooperieren.
Wenn Sie politisch interessiert sind, dann wandern Sie mal in Gedanken hin zu den wirklich blöden Sachen. Teure Fehler sind Fehler, die auf allen Seiten ein Minus erzeugen. Nun ist das in historischer Betrachtung und retrospektiv oft einfacher zu ermitteln als im Hier und Jetzt. Und das ist vielleicht auch das Schwierige daran. So wie der Dumme den Schlauen nicht erkennt, so wird der Dumme dieses Gesetz so lange auf sich beziehen, bis die Schlauen ihn eines Besseren belehrt haben. Was echt lange dauern kann …
5. Gesetz: Eine dumme Person ist die gefährlichste überhaupt.
Das ist das Ding. Wer die Gefahr selbst nicht sieht, nimmt sie auch nicht wahr. Wer sich selbst gar nicht infrage stellt, kann auch seine Intelligenz nicht infrage stellen. Eben das ist ja genau die Dummheit. Deshalb werden wir uns wohl weiter kräftig wundern.
Aber wenn Sie bis hierhin gelesen haben, dann wollen Sie doch lieber schlau sein. Carlo Cipolla unterscheidet am Ende vier Typen: den Dummen, den Schlauen, den Hilflosen und den Banditen. Ich bin der Meinung, dass man das nicht so einfach und nur personengebunden sehen kann, deshalb habe ich seine Matrix für Entscheidungen übersetzt. Wo in der Matrix liegt die Entscheidung, die Sie gerade treffen? Aus Ihrer Sicht – und aus der Sicht von anderen.
Prüfen Sie mal Ihre nächste. Zumindest das ist schlau.