Raus aus dem Büro! Wie Corona schon heute die Arbeitswelt umkrempelt

Nach den Corona-Erfahrungen richten sich viele Unternehmen auf eine neue Art des Zusammenarbeitens ein. Gehört der Weg ins Büro künftig der Vergangenheit an? Und der klassische Feierabend auch?

Arbeiten von unterwegs: Sechs Dinge, die Du wissen musst

Christin Herken
  • Immer mehr Menschen arbeiten inzwischen von außerhalb ihres Büros
  • Doch es gibt rechtlich und steuerlich viele Besonderheiten zu beachten
  • Einen Anspruch auf mobiles Arbeiten haben weder Angestellte noch Unternehmen

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Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt verändert. Unzählige Arbeitnehmerinnen* arbeiten seit dem 16. März 2020 von zu Hause aus. Unternehmen sind zum Teil überrascht, wie gut das funktioniert, und entwickeln aktuell Strategien, wie sie die Arbeit abseits des Büros dauerhaft etablieren können. Welche Formen existieren, worauf muss ich als Arbeitnehmerin achten und welche rechtlichen und steuerlichen Auswirkungen bedingt das flexible Arbeiten?

1. Begriffsklärung

Zu unterscheiden ist das sogenannte „Homeoffice“ (gesetzlich: Telearbeit) vom Mobile Working/Smart Working.

  • Homeoffice/Telearbeit ist in § 2 Abs. 7 ArbStättV gesetzlich geregelt und bedeutet, dass ich als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer neben oder anstelle meines betrieblichen Arbeitsplatzes auch an einem anderen festen Arbeitsplatz innerhalb meines Privatbereichs arbeiten darf. Ich darf meinen Arbeitsplatz also nicht frei wählen.
  • Mobile Working/Smart Working ist gesetzlich nicht geregelt; ich kann alternativ zum Büro jederzeit auch an anderen beliebigen Orten, (zum Beispiel im Café, im Hotel, zu Hause) arbeiten.

2. Anspruch

Ein Anspruch auf Homeoffice oder Mobile Working besteht weder für mich noch für meine Arbeitgeberin. Das bedeutet, dass meine Arbeitgeberin mich nicht zwingen kann, mich auf eines der beiden flexiblen Arbeitsmodelle einzulassen. Umgekehrt kann ich diese aber auch nicht gegenüber meiner Arbeitgeberin durchsetzen. Es erfordert immer eine gesonderte, individuelle Vereinbarung zwischen meiner Arbeitgeberin und mir, selbst dann, wenn es eine Betriebsvereinbarung über Homeoffice/Mobile Working gibt.

Die Vereinbarung über den abweichenden Arbeitsort muss auf Grund des Nachweisgesetzes schriftlich erfolgen. Die übrigen Bedingungen, wie z.B. die Vereinbarung über die Ausstattung des Heim-Büros, sollten aus Beweisgründen auch schriftlich vereinbart werden. Meist wird eine Zusatzvereinbarung geschlossen, auch im Arbeitsvertrag selbst könnte das Thema aber geregelt werden. Habe ich keine schriftliche Vereinbarung, kann meine Arbeitgeberin auch eine bereits länger gelebte „Homeoffice-Praxis“ im Rahmen des Direktionsrechts jederzeit wieder entziehen. Daher sollte ich als Arbeitnemerin auf die Vereinbarung bestehen.

3. Kosten

Grundsätzlich gilt: Vereinbare ich mit meiner Arbeitgeberin das Arbeiten im Homeoffice oder Mobile Working, muss die Arbeitgeberin mir die dafür benötigten Arbeitsmittel zur Verfügung stellen. Das bedeutet, dass sie meinen Arbeitsplatz entsprechend ausstatten und Kosten für mein Arbeitsmaterial erstatten muss. In der Praxis entstehen oft Schwierigkeiten, da eine Abgrenzung nicht immer einfach ist. Jedenfalls aber muss ich im Zweifel nachweisen, dass die Kosten wegen der Ausübung der Arbeit im Homeoffice entstanden sind und notwendig waren. Nur dann habe ich einen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen. Es empfiehlt sich somit auch aus Arbeitnehmerinnensicht eine klare Vereinbarung im Voraus zu treffen, um Differenzen zu vermeiden.

4. Steuer

Überlässt die Arbeitgeberin mir unentgeltlich Arbeitsmittel zur rein betrieblichen Nutzung, liegt kein Arbeitslohn vor, der versteuert werden muss. Hierbei ist es unerheblich, ob die Arbeitgeberin die Arbeitsmittel zur Verfügung stellt oder ob ich die Arbeitsmittel selbst angeschafft habe und die Kosten erstattet bekomme. Beim Smartphone und Laptop zum Beispiel liegt in der Regel sogar dann Lohnsteuerfreiheit vor, wenn ich diese auch privat mit nutze (§ 3 Nr. 45 EStG). Bis zu 20 Euro der monatlichen Telefonkosten kann meine Arbeitgeberin mir ohne Einzelnachweis steuerfrei erstatten. Die Erstattung der Internetkosten ist nicht steuerfrei, allerdings unter bestimmten Bedingungen pauschal mit 25 Prozent zu besteuern. Erstattet meine Arbeitgeberin die Kosten für mein Arbeitszimmer in meiner Wohnung, handelt es sich um zusätzlichen lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn, der in meiner Gehaltsabrechnung auszuweisen ist. Im Gegenzug kann ich aber gegebenenfalls die Kosten in der eigenen Steuererklärung als Werbungskosten abziehen.

5. Arbeitsschutz

Beim Homeoffice gelten generell dieselben Arbeitsschutzvorschriften wie beim Arbeitsplatz im Betrieb. Dies sind insbesondere das Arbeitszeitgesetz, die Arbeitsstättenverordnung und das Arbeitsschutzgesetz mit den geltenden Verordnungen, zum Beispiel der Bildschirmarbeitsverordnung. Erstes gilt auch beim Mobile Working. Das heißt, ich muss zum Beispiel die Ruhezeiten von elf Stunden zwischen den Arbeitseinsätzen einhalten. Meine Arbeitgeberin hat bei der Einrichtung des Homeoffice (nicht beim Mobile Working) eine Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes durchzuführen. Dazu muss ich ihr einmaligen Zutritt zu meinen Privaträumen gewähren.

6. Versicherungsschutz

Die gesetzliche Unfallversicherung greift im Homeoffice nicht durchgängig. Es stehen nur solche Wege eines Beschäftigten während der Arbeitszeit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, die durch berufliche Tätigkeit bedingt sind. Nicht unfallversichert ist daher zum Beispiel mein Weg in die Küche, um ein Glas Wasser zu trinken, oder mein Weg zur Haustür, um ein privates Paket anzunehmen. Der Weg zum Drucker, um einen betrieblichen Ausdruck zu holen, dürfte hingegen versichert sein, weil er im unmittelbaren Betriebsinteresse liegt. Abgrenzungen sind im Einzelfall natürlich schwierig. Zur Beruhigung: Wenn der Unfallversicherungsschutz nicht greift, greift aber natürlich mein Krankenversicherungsschutz.

Abschließend gilt: Als Arbeitnehmerin bin ich gesetzlich im Homeoffice ähnlich gut geschützt wie im Büro. Beim Mobile Working existiert kein fester Arbeitsplatz, daher entfallen einige Schutzvorschriften für Arbeitnehmerinnen, wie z.B. der ergonomische Arbeitsschutz. Im Gegenzug überwiegen aber vielleicht die Vorteile der Flexibilität. Diese Frage muss natürlich jede Arbeitnehmerin individuell beantworten.

  • Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in diesem Artikel die weibliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

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