Die „Sandwich-Manager“ – Leistungsträger oder Sündenbock?

Sie bekommen Druck von oben und Druck von unten – das mittlere Management hat es meist nicht leicht. Doch Experten sehen nicht nur die Unternehmen in der Pflicht, etwas zu verändern.

Die mittlere Führungsebene muss sich selbst freischwimmen

Dr. Bernd Slaghuis
  • Das Korsett für die sogenannten Sandwich-Manager ist enger denn je
  • Es fehlen die Zeit für strategische Weitsicht und Muße für Innovationen
  • Sich nur in die Opferrolle zu flüchten, löst das Problem allerdings nicht

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Sie sollen die Zielvorgaben nach unten vermitteln und dafür sorgen, dass der Laden läuft. Sie sind Motor von Wachstum und Produktivität und Schlüssel für den Unternehmenserfolg. Markt- und Kundenorientierung müssen gelebt, Mitarbeiter entwickelt und Potenziale gehoben werden. Die kostenoptimierten Prozesse sind einzuhalten, Fehler sind tabu und Alleingänge nicht gestattet. Das Korsett, in das die mittlere Führungsebene gepresst wird, ist besonders in den großen Konzernstrukturen heute enger denn je.

Weichgespülte Führung ist das falsche Signal

Und während die Manager der mittleren Führungsebene so kaum Luft bekommen, fordern ihre Mitarbeiter mehr Freiheit und Flexibilität von ihnen ein. Selbstbestimmteres Arbeiten, Selbstverwirklichung und eine gute Work-Life-Balance stehen bei den jungen Generationen hoch im Kurs. Ein Paradigmenwechsel in der Führung, mit dem vor allem Führungskräfte alter Schule kämpfen. Angst vor Kontrollverlust und Unsicherheit machen sich breit. Doch verängstigtes Ausharren und weichgespülte Führung führen dazu, dass sich der Graben zu den eigenen Mitarbeitern noch weiter vertieft – und damit auch die Probleme in der Mitte des Hierarchiegefüges.

Viele der Sandwich-Manager saufen buchstäblich ab. Ihre Kalender platzen aus allen Nähten, sie schlagen sich neben dem rasanten Tagesgeschäft mit hochpriorisierten Projekten und Ad-hoc-Anfragen ihres Managements herum. Die Anzahl der Bälle in der Luft ist schwindelerregend, das eigene Bewusstsein für Erfolge abhandengekommen. Sie funktionieren, agieren von Tag zu Tag und planen maximal in Quartalen. Denn so lebt es auch ihr Topmanagement vor, das längst zur getriebenen Geißel immer strengerer Reportinganforderungen sowie eines hochdynamischen und damit unsicheren Markt- und Wettbewerbsumfelds geworden ist. Kaum Zeit für strategische Weitsicht, Muße für echte Innovation sowie Reflexion des eigenen Denkens und Handelns.

Jammern allein hilft nicht

Wirkungsvolle Führung ist das Management von Beziehungen und funktioniert nicht nebenbei. Sie ist eine eigene Aufgabe, die Zeit beansprucht und Freiräume erfordert. Doch die Befreiung aus dem Spannungsfeld des von oben getriebenen permanent reaktiven Baustellen-Managements und der zunehmenden Desorientierung der eigenen Mitarbeiter infolge fehlender Klarheit in der Führung gelingt vielen Mittel-Managern nicht mehr. Einige flüchten sich derweil in die scheinbar bequemere Opferrolle. Jammer-Koalitionen werden geschlossen, Frust und Resignation machen sich breit, doch das Problem wird so nicht gelöst.

Führungskräfte des mittleren Managements brauchen wieder Klarheit über ihre eigene Haltung und das Bewusstsein, selbst Verantwortung zu übernehmen. Mehr Selbststeuerung statt Fremdbestimmung – nach oben und unten. Unnütze Meetings absagen, als Sparringspartner mit dem Topmanagement auf Augenhöhe agieren, Aufgaben stärkenorientiert delegieren, sich aktiv Zeit nehmen für sich selbst und die eigenen Mitarbeiter. Wer als Führungskraft absäuft, lässt sich runterziehen. Über Wasser bleibt nur, wer sich selbst freischwimmt.


Dr. Bernd Slaghuis ist einer von mehr als 70 neuen XING Branchen-Insidern, die ab sofort regelmäßig ihre persönlichen Einsichten mit den mehr als 10 Millionen XING Mitgliedern teilen. Sie können ihm und weiteren XING Branchen-Insidern hier folgen, um keinen der Beiträge mehr zu verpassen.

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Dr. Bernd Slaghuis
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Dr. Bernd Slaghuis

Ökonom, Karriere- und Business-Coach

für Job & Karriere, berufliche Neurorientierung, Bewerbung

Dr. Bernd Slaghuis ist promovierter Ökonom, Systemischer Coach und Experte für neue Karrieren und gesunde Führung. In seiner Kölner Coaching-Praxis hat er sich auf Anliegen der Karriereplanung und beruflichen Neuorientierung sowie das Coaching von Führungskräften aus dem mittleren Management spezialisiert. Er schreibt in seinem Karriere-Blog „Perspektivwechsel“ über seine Sichtweisen auf Karriere, Bewerbung sowie Führung und hält zu diesen Themen deutschlandweit Vorträge und gibt Seminare.

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