Als Professor, Fachbereichsleiter, Regisseur, Schauspieler, Autor und Filmemacher führe ich ein selbstbestimmtes wie schillerndes Leben mit weit überdurchschnittlichem Verdienst – sollte man meinen. Da ich jedoch alleinerziehender Vater einer Tochter bin, Unterhalt für vier weitere Kinder zahle und auch in der Erziehung Verantwortung für meine Kinder übernehmen will, muss ich mich intensiv mit Ämtern und Gerichten auseinandersetzen, damit mir ein Minimum zum Leben bleibt. Alle reden von einer Leistungsgesellschaft. Ich hingegen mache die Erfahrung, dass ich hochgradig ineffizient handle, indem ich weiter meiner Qualifikation nachgehe und weiterhin arbeite. Würde ich ein Verbrechen begehen, damit mich die Hochschule kündigen muss, so würde ich vom Sozialsystem aufgefangen werden und mein verfügbares Einkommen würde steigen.
Meine älteste Tochter, eine Einserschülerin, brach die Schule kurz vor dem Abitur ab, um in einer Lehre eigenes Einkommen zu erzielen. Sie schreibt dazu: „Es war ein ständiges Thema, dass wir kein Geld haben. Eine sehr belastende Situation für mich, da ich nicht verstanden habe, warum mein Vater immer arbeitet und dann kein Geld übrig bleibt. Dass selbst der Lebensmitteleinkauf zur Herausforderung wurde, hat mich überfordert.“
Nur die Hälfte der Eltern zahlen den Mindestunterhalt
Mit meinen anderen Kindern habe ich regelmäßigen Umgang – auch über viele Hundert Kilometer hinweg, weil eine Mutter nach der Trennung in den Norden zog, die anderen in den Süden. Die Kosten für den Umgang bleiben bei mir – all die Jahre.
Nur die Hälfte der unterhaltspflichtigen Eltern zahlen den Mindestunterhalt, nur ein Viertel der Kinder bekommen ihn. Ich zahle – für alle meine Kinder. Aber zu dem Preis, selbst in Armut zu leben und bis ins Alter hinein Schulden abtragen zu müssen. Gleichzeitig bin ich Topzahler in die Sozialsysteme und bin mit dem Spitzensteuersatz belastet. Macht das Sinn? Welcher aufgeklärte Erwachsene soll sich so etwas antun?
Nur Romantiker bekommen noch Kinder
Erwerbstätige brauchen wirtschaftlich gesehen keine Kinder, im Gegenteil, viele Nachteile sind damit verbunden. Die Kosten steigen, gleichzeitig sinkt die Flexibilität und damit die Karriere- und Erwerbschancen. Kinder aber stiften Sinn. Das erlebt jeder, der welche hat. Und die Gesellschaft ist mit ihren Umlagesystemen ohne nächste Generation am Ende.
Aber wer trägt dieses finanzielle Risiko von Kindern in einer beruflich bedingt immer mobileren Gesellschaft? Die Gesetzeslage hinkt der gesellschaftlichen Situation so weit hinterher, dass genau das passiert, warum viele Gesetze in den 40er- und 50er-Jahren auf den Weg gebracht wurden: Man kann sich eine Trennung bei mehreren Kindern nicht mehr leisten.
Wer eine Familie will, sollte auswandern
Um bei solch einer Situation noch Kinder zu bekommen, braucht es schon sehr starke romantisch-sentimentale Züge. Ich hatte sie und bereits zwei Kinder während des Studiums. Mit meinen heutigen Erfahrungen muss ich sagen: Würde ich mich bewusst für eine Familie entscheiden, dann würde ich auswandern. Zum Beispiel nach Frankreich, wo Familien fiskalisch viel besser gestellt sind. Dort gibt es auch eine demografisch viel positivere Situation.
Unternehmen müssen Mitarbeitern mit Kindern Perspektiven aufzeigen. Der Staat hat noch nichts begriffen. Im Wahlkampf spielte diese Problematik bei uns keine Rolle. Die Gruppe der Eltern ist als Wähler zu marginal geworden. Sie ist gesellschaftlich aber von zwingender Bedeutung. Potenzielle Eltern sollten auf bessere Voraussetzungen für Kinder warten – und dies lautstark öffentlich artikulieren. Man muss es den Politikern offensichtlich brachial auf die Agenda setzen. Ich versuche, meinen Beitrag dazu zu leisten: Zum einen habe ich bereits Verfassungsbeschwerde eingereicht. Zum anderen will ich Aufmerksamkeit schaffen – durch einen Gastbeitrag hier bei XING Klartext, aber auch durch ein Film- und Theaterprojekt. Vielleicht haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht, ich würde mich über einen Austausch mit Ihnen freuen.
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