Der Schwarm als Investor: Ist Crowdinvesting eine Kreditalternative?

Crowdfunding ist als Finanzierung von Start-ups bereits bekannt. Doch eine Finanzierungsform ist in diesem Jahr präsenter und beliebter geworden – gerade auch für Mittelständler: das Crowdinvesting.

Durch Schwarmintelligenz könnten wir alle gesünder leben

Dr. Patrick Pfeffer
  • Wir haben ein neues Finanzierungsportal für den Gesundheitssektor entwickelt
  • Erfindungen werden schneller als bei klassischer Finanzierung realisiert
  • Deutschland kann sich als Innovationsstandort im Wettbewerb positionieren

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Deutschland ist Technologiestandort, Hochburg der Autoindustrie sowie ein Mekka für Großkonzerne und etablierte Mittelständler. Und Start-ups? Nein, für Gründer gelten diese Superlative (noch) nicht. Bis in Deutschland eine ähnliche Start-up-Kultur wie in den USA herrscht, wird noch viel Zeit vergehen. Start-ups kämpfen mit viel Skepsis, strikten Regeln und – last, but not least – oftmals mangelnder Finanzierung. Den Gründern fehlt häufig einfach das Geld – gerade im Gesundheitsbereich, wo klinische Studien oder Zertifizierungen mit eigenen Mitteln gestemmt werden müssen. Wer die Bank seines Vertrauens nicht vom Potenzial der eigenen Idee überzeugen konnte, stand bislang allein da.

Die Wende für Gründer brachten die ersten Crowdfundingportale wie Kickstarter. Schnell wurde jedoch klar, dass es neben dem „sozialen Crowdfunding“ – ich unterstütze eine gute Idee und erhalte ein nettes Goodie – noch eine weitere Verwendung für Investitionen der Internetcommunity gibt. Beim „Crowdinvesting“ stellen Gründer und Unternehmen ihre Ideen auf Portalen der Crowd vor. Interessierte Privatinvestoren und Kapitalgesellschaften können in diese Unternehmen investieren (in Deutschland in Form eines Nachrangdarlehens) und so die Verwirklichung der Idee unterstützen. Im Gegenzug erhalten sie für diese Art des Risikokapitals eine attraktive Rendite.

Der Schwarm entscheidet, welche Idee es auf den Markt schafft

Crowdinvesting bedeutet also nichts weniger als die Demokratisierung von Venturecapital. Der „Schwarm“ entscheidet darüber, welche Ideen das größte Potenzial besitzen und es verdient haben, in den Markt zu gelangen. Diese Idee hat mich so fasziniert, dass ich eine Finanzierungsplattform gegründet habe. Ganz bewusst haben wir uns dabei auf den Gesundheitsmarkt spezialisiert. Der Nutzen für die Bevölkerung ist klar: Erfindungen, wie etwa ein neuartiges Fixationssystem für die Unfallchirurgie oder ein von drei Studenten entwickelter elektrischer Rollator, können so früher als mit einer klassischen Finanzierung in den Markt gelangen. Im Rahmen der Kampagnen „trommeln“ die Unternehmen zudem für ihr Produkt und erhalten eine große Reichweite. Nicht wenige Gründer machen so Business-Angels und potenzielle Abnehmer auf ihr Produkt aufmerksam.

Crowdinvesting bedeutet eine große Chance – nicht nur für Unternehmer, sondern auch für den Innovationsstandort Deutschland, der sich durch diese Art der Finanzierung langfristig im weltweiten Wettbewerb positionieren kann. Aber auch darüber hinaus macht Crowdinvesting derzeit von sich reden. Gerade haben wir den Auftrag von der EU erhalten, unser Modell des Crowdinvestings für Innovationen aus dem Gesundheitssektor auf andere europäische Länder auszuweiten. Die Chancen, die Gesundheitsversorgung durch Investitionen des „Schwarms“ langfristig zu verbessern, sind groß. Genauso groß sind die Chancen, die das Crowdinvesting allen anderen deutschen Branchen bietet. Nur Mut!


Anm. der Redaktion: Für diese Debatte haben wir, die Redaktion, auch mehrfach Unternehmen angesprochen, die bereits auf Crowdinvesting setzen. Leider wollte keiner der Beteiligten zu diesem Thema Stellung beziehen.

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Dr. Patrick Pfeffer
© aescuvest
Dr. Patrick Pfeffer

Gründer & Geschäftsführer, aescuvest GmbH

Der promovierte Chemiker gründete die erste auf den Gesundheitssektor spezialisierte Crowdinvestingplattform in Europa. Statt bei einer Bank einen Kredit aufzunehmen oder von institutionellen Investoren Eigenkapital einzuwerben, können Unternehmer oder Erfinder ihre Geschäftsideen direkt von privaten Anlegern finanzieren lassen. Zuvor war Pfeffer unter anderem als Berater für die Pharmaindustrie, als Global Account Director in einer Werbeagentur und in der Geschäftsführung eines medizinischen Verlags tätig.

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