Crowdworking gilt als internetbasiertes Arbeitsmodell der Zukunft, als eine neue Form von Kooperationen zwischen Arbeitgebern und Selbstständigen. Für mich als Art-Direktorin und Mutter ist es allerdings noch mehr als das: Es ist die bisher beste Chance, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Seit vier Jahren arbeite ich als Crowdworkerin, um mir als Selbstständige nebenbei etwas dazuzuverdienen – und an Projekten zu arbeiten, an die ich sonst so gut wie nie herankommen würde.
Durch Crowdworking kann ich beweisen, dass noch mehr in mir steckt: Ich habe bereits ein Konzept für Spülmittel der Firma Henkel entwickelt, Taschenmesser für die Schweizer Firma Victorinox designt und mir eine Kampagne für Greenpeace gegen den Fast-Food-Riesen McDonald’s überlegt. Auch für Audi, Continental, Villeroy & Boch, Transparency International e. V., Philips oder Media Markt habe ich schon gearbeitet. Unternehmen, die ihre Aufträge üblicherweise nur an namhafte Werbeagenturen vergeben statt an eine selbstständige Kreative wie mich.
Alles geben, nichts erwarten
Mehr als 80 Projekte habe ich in den vergangenen vier Jahren bearbeitet – doch nur bei 32 Projekten habe ich Geld verdient. Im Kreativbereich ist es nicht ungewöhnlich, dass mehrere Designer dem Kunden in einem sogenannten Pitch ihre Entwürfe präsentieren. Man arbeitet also zunächst umsonst und hofft darauf, dass dem Auftraggeber die eigene Idee am besten gefällt. 13 Verkäufe kann ich bisher verbuchen: bei durchschnittlich 200 von der Crowd-Community eingereichten Entwürfen pro Auftrag keine leichte Aufgabe – und eine riesige Konkurrenz.
Als sichere Einnahmequelle kann ich Crowdworking deshalb nicht bezeichnen. Dennoch ist die Bezahlung beim Verkauf einer Idee, einer Kampagne oder eines Designs aus meiner Sicht meist angemessen: durchschnittlich zwischen 1000 und 3000 Euro, je nach Kunde und vorheriger Vereinbarung. Allerdings kann sich der Kunde mit seiner Kaufentscheidung bis zu einem halben Jahr Zeit lassen.
Direkte Folgeaufträge? Fehlanzeige!
Trotz finanzieller Unsicherheit möchte ich Crowdworking nicht mehr missen: Ich kann mich mit Gleichgesinnten austauschen, meine Konkurrenz beobachten und meinen Marktwert checken. Durch die Selbstständigkeit kann ich mir meine Zeit frei einteilen, mir meine Projekte selbst aussuchen und mich trotz der vielen Arbeit auch um mein Kind kümmern. Flexibilität, die ich als Mutter einfordere.
Aus Vitamin C (C für Crowdworking) wird allerdings nur selten Vitamin B (B für Beziehung): Die Auftraggeber nehmen nur selten bis gar nicht Kontakt zu mir als Crowdworker auf, um gegebenenfalls weitere Aufträge zu vergeben oder mich als Mensch persönlich kennenzulernen. Man ist eher wie eine Nummer, eine von vielen in einer großen Menge. Der Kontakt läuft ausschließlich über die Crowdworking-Plattform. Wer aber wie ich Herausforderungen liebt, nicht so schnell aufgibt und darum kämpft, in der Masse durch herausragende Ideen aufzufallen, und auch mit Niederlagen umgehen kann, der hat die idealen Voraussetzungen eines kreativen Crowdworkers.
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