Nach dem G-20-Gipfel: Wer ist Schuld an dem Debakel?

Knapp zwei Wochen nach den schweren G-20-Krawallen kommt Hamburg noch immer nicht nicht zur Ruhe. Politiker und Experten streiten über Verantwortlichkeiten und die Frage nach der Schuld.

Es ist höchste Zeit, politische Verantwortung zu übernehmen

André Schulz
  • Wir haben früh davor gewarnt, den G-20-Gipfel in Hamburg duchzuführen
  • Olaf Scholz hat Sicherheit garantiert – und dieses Versprechen gebrochen
  • In erster Linie ist hierfür vor allem Innensenator Andy Grote verantwortlich

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Hinterher ist man ja immer schlauer und es ist natürlich stets leichter, einen Sachverhalt im Nachhinein und bei Kenntnis des Ausgangs zu bewerten. Die Stimmen der Mahner, die im Vorwege vor der Ausrichtung des G 20 zu vernehmen waren, konnte man aber nicht überhören, sie wurden von den politisch Verantwortlichen nur schlichtweg ignoriert. Man wollte sie einfach nicht hören, wiegelte ab und redete klein. Diejenigen, die trotzdem sehenden Auges das Risiko eingegangen sind, müssen sich dann aber auch jetzt dafür verantworten.

Der BDK (Bund Deutscher Kriminalbeamter) hatte früh davor gewarnt und abgeraten, den G-20-Gipfel in Hamburg durchzuführen. Auch die Hinweise des Bundeskriminalamts über drohende massive Ausschreitungen waren bekannt. Das Argument, dass wir uns nicht von Chaoten vorschreiben lassen dürfen, wo wir so einen Gipfel abhalten werden, ist nicht tragbar, mehr als riskant und lebensgefährlich. Olaf Scholz hätte der Bundeskanzlerin deutlich sagen müssen, dass das Risiko aufgrund der Rahmenbedingungen in Hamburg zu groß ist und man nicht für die Sicherheit der Stadt und für Leib und Leben der eingesetzten Sicherheitskräfte, Demo-Teilnehmer und Unbeteiligter garantieren kann. Hat er aber nicht. Außenminister Gabriel hat recht, wenn er sagt, dass die Bilder der brennenden Straßenzeilen und der exzessiven Ausschreitungen, die um die Welt gegangen sind, dem Ansehen der Stadt geschadet haben. Wir haben uns schlicht ein Stück weit lächerlich gemacht.

Ein Untersuchungsausschuss ist notwendig

Zur Aufarbeitung der Vorfälle und zur Selbstkritik gehört aber auch die Feststellung, dass das Sicherheitskonzept für den Gipfel schlichtweg nicht aufgegangen ist. Hierüber wird noch zu reden sein. Ein Untersuchungsausschuss ist zu erwarten und auch angebracht. Wir waren mit über 20.000 Polizistinnen und Polizisten nicht in der Lage, die Stadt vor 1500 linken Kriminellen zu schützen. Was wäre eigentlich passiert, wenn tatsächlich die prognostizierten 8000 linken Gewalttäter nach Hamburg gekommen wären und es an verschiedenen Orten der Stadt gleichzeitig zu Ausschreitungen gekommen wäre? Man mag es sich nicht ausmalen.

Olaf Scholz hat der Stadt Sicherheit während des G 20 garantiert, dieses Versprechen hat er gebrochen. Politisch verantwortlich für die Gewährleistung der Sicherheit der Stadt ist aber nicht Scholz, sondern Innensenator Andy Grote (SPD). Wäre ich Erster Bürgermeister dieser Stadt, hätte ich gegenüber dem Innensenator deutliche Worte gefunden und unmissverständlich meine jetzige Erwartungshaltung artikuliert.

Stolz ist Hamburg nur auf die Einsatzkräfte

Am Ende wird die Stadt stolz sein, hat Olaf Scholz vollmundig verkündet. Auch das stimmt nicht. Die Stadt schämt sich. Stolz ist sie nur auf das Engagement der Polizei, der Feuerwehr und der Rettungskräfte, die bis zur Erschöpfung gearbeitet und teilweise ihr Leben riskiert haben. Die G-20-Gewaltorgie hat dem gesamten linken Milieu einen Bärendienst erwiesen und wird eine Zäsur im Umgang mit dem Linksextremismus in Deutschland darstellen. Die Zukunft der Roten Flora ist offen.

Auch hier werden Hamburgs Politiker nun Verantwortung übernehmen müssen. Zur Wahrheit gehört, dass die Gefahren des Linksextremismus von Grünen und der Linkspartei, aber auch von großen Teilen der SPD über Jahre verharmlost und kleingeredet wurden. Extremismus ist in all seinen Erscheinungsformen, ob islamistisch-, rechts- oder eben linksmotiviert, zu ächten und zu bekämpfen. Gerade in Hamburg und Berlin ist jetzt ein Umdenken im Umgang mit dem linksextremistischen Spektrum erforderlich.

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André Schulz
© BDK
André Schulz

Bundesvorsitzender, Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK)

André Schulz (Jg. 1970) ist Erster Kriminalhauptkommissar im LKA Hamburg und Bundesvorsitzender des Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Nach einer schutzpolizeilichen Ausbildung und einer mehrjährigen Tätigkeit bei der Bereitschaftspolizei und der Kriminalpolizei studierte er Verwaltungswissenschaften, Kriminologie und Polizeiwissenschaft. Im Oktober 2009 wurde er zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden des BDK gewählt und im September 2011 schließlich zum Bundesvorsitzenden.

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