Frauen an der Spitze: Haben Männer Angst vor starken Frauen im Büro?

Noch immer gilt: Weibliche Vorgesetzte sind in Führungsetagen unterrepräsentiert. Über die Gründe wird viel diskutiert. Warum schaffen es nur so wenige Frauen an die Spitze deutscher Top-Unternehmen?

Frauen werden zu selten als führungsstark eingestuft

Simone Menne
  • Ich kenne viele Frauen mit CEO-Potenzial
  • Leider gibt es auch heute immer noch keine Vorstandsvorsitzende im Dax
  • Umso mehr weibliche Vorbilder wir hervorbringen, umso mehr wird sich ändern

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Es ist 2018 und noch immer hat kein einziges Dax-Unternehmen eine Vorstandsvorsitzende – ein Wort, das meine Autokorrektur im Übrigen gar nicht kennt. Ich habe mich schwer getäuscht, als ich vorausgesagt habe, dass schon 2017 eine Frau auf einer solchen Position sitzen würde. Denn persönlich kenne ich genug Frauen, denen ich diese Aufgabe zutraue und habe angenommen, anderen gehe es genauso. Wir sehen doch, dass es qualifizierte Frauen gibt. In M-Dax-Unternehmen haben wir gute Beispiele für weibliche CEOs (Chief Executive Officers) und auch im Ausland. Deutschland ist tatsächlich das einzige Land in der westlichen Welt, welches keine weiblichen CEOs in der höchsten Unternehmensklasse zu bieten hat.

Schließlich haben wir in Deutschland nach der Einführung der Quote doch auch den Anteil der Frauen in den Aufsichtsräten erfüllt. Auch hier hieß es anfangs, es gebe nicht genug qualifizierte weibliche Führungskräfte für diese Aufgabe. Das hat sich schnell als falsch erwiesen. Man hat viele gut qualifizierte Frauen gefunden, die nun an der Besetzung der Vorstandsvorsitzenden mitwirken können. Nur leider scheint die stärkere weibliche Aufsichtsratsbesetzung keine Auswirkungen zu haben. Selbst in den Vorstandspositionen schafft es bisher kein einziger Dax-Konzern auf einen Frauenanteil von 30 Prozent. In den USA sind es ein gutes Drittel und in Frankreich immerhin ein Zehntel der Unternehmen, die diesen Frauenanteil erreichen.

Das System macht es Frauen nicht leicht

Vielleicht ist es einfache Mathematik und deutsche Gründlichkeit, die das System bei der Besetzung von Vorstandsvorsitzenden im Dax recht starr machen und damit auch die Vorschläge für Kandidaten ausschließlich männlich ausfallen lassen. So wird eben in Deutschland nur Sprecher des Vorstands, wer zuvor schon Vorstand war. Das ist in TecDax-Unternehmen im Übrigen anders, aber dort gibt es meist auch weniger Vorstandspositionen. Darüber hinaus hat gute Chancen, wer vorher schon einen operativen Bereich geführt hat, möglichst als Vorstandsmitglied. Oder, wer Chief Financial Officer (CFO) war.

Und nun nehme man einen Rechner zur Hand:

Es gibt in Deutschland 12 Prozent Frauen in Dax–Vorständen. Das ist weniger als jeder achte Posten. Mit 13,4 Prozent ist der Anteil der Vorstandsposten größer, die von Männern mit den Namen Stefan, Michael, Markus oder Thomas bekleidet werden. Und: Von den Vorständinnen sind nur eine Handvoll CFO oder führen einen operativen Bereich. Dazu addiere man die Stereotypen, die wir alle im Kopf haben. Diese wirken auch bei Aufsichtsräten und Aufsichtsrätinnen. Eine Frau wird unter anderem als weniger führungsstark eingestuft. Und wahrscheinlich mag auch kein Aufsichtsratsgremium voranpreschen und die Chief Executive Officer – und damit das Unternehmen – der ständigen Beobachtung der Umwelt aussetzen.

Ich hoffe auf 2020

Welche Rolle spielen dann die Aufsichtsrätinnen? Geht eine Frau das Risiko ein, eine Frau zu benennen, wenn der Rest des Gremiums einen vom Präsidial- oder Personalausschuss vorgeschlagenen männlichen Kandidaten für geeigneter hält?

Ich bleibe trotzdem optimistisch. Denn sobald es erste Vorbilder gibt, werden weitere folgen. Das war auch im Fall der CFO so. Im Jahr 2012 war ich die erste Frau in der Rolle eines Dax-CFO. Auch damals gab es schon viele hervorragende Frauen in den M- und TecDax Unternehmen. Heute gibt es vier weibliche CFO im Dax. Das muss doch auch bei den CEO möglich sein!

Meine Wette lautet: spätestens 2020.


Diskutieren Sie mit, liebe Leserinnen und Leser: Wie haben Sie weibliche Spitzenkräfte bislang im beruflichen Umfeld erlebt? Und was muss sich Ihrer Meinung nach ändern, um endlich Geschlechtergleichheit auf allen Job-Leveln herzustellen? Wie sind gespannt auf Ihre Meinung!


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Simone Menne
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Simone Menne

Aufsichtsrätin, BMW, DPDHL, JCI und Springer Nature

Simone Menne begann ihre Karriere bei ITT, einem amerikanischen Mischkonzern und wechselte dann zur Deutschen Lufthansa. Nach verschiedenen Positionen im In- und Ausland, darunter CFO bei BMI, wurde sie 2012 als CFO der LH Group ernannt. Von 2016 bis 2017 war sie als CFO bei Boehringer Ingelheim tätig. In beiden Unternehmen war sie verantwortlich für die Gründung des Digital Lab. Frau Menne ist als Aufsichtsrat bei BMW, DPDHL, JCI und Springer Nature tätig.

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