Unser Rechtsstaat erlaubt den Ermittlungsbehörden, im Fall schwerer Straftaten in die Privatsphäre eines Verdächtigen einzugreifen und Telefongespräche, SMS und die Wohnung abzuhören. Da auch Straftäter ihre Kommunikation ins Netz verlegen, verlangen die Ermittler und viele Innenpolitiker seit Langem, diese Eingriffsmöglichkeit auch auf Computer und Smartphones und dort auch auf die verschlüsselte Kommunikation in Messengerdienste wie WhatsApp auszudehnen. Da es sich um sehr weitgehende Grundrechtseingriffe handelt, waren die Instrumente bislang aus gutem Grund lediglich im BKA-Gesetz zur Terrorismusbekämpfung vorgesehen. Nun sollen sie Eingang finden als Standardmaßnahme in die Strafprozessordnung.
Weil wir es in Deutschland ablehnen, die Verschlüsselung zu brechen oder Unternehmen zum Einbau von Hintertüren zu verpflichten, bleibt zum Abhören verschlüsselter Kommunikation und zur Durchsuchung von Rechnern, Tablets oder Smartphones nur der Einsatz eines Trojaners, eines Schadprogramms, das heimlich auf dem Gerät installiert wird. Dazu ist es notwendig, eine Sicherheitslücke in der Software des Geräts zu nutzen. Ich bin der Auffassung, dass der Staat die betroffenen Hersteller über die Existenz der Sicherheitslücken informieren müsste, weil ich das Geheim- und Offenhalten von Sicherheitslücken durch den Staat als Gefährdung unserer Sicherheit ablehne.
Onlinedurchsuchungen gehen weit über akustische Überwachung hinaus
Das Bundesverfassungsgericht hat dem Einsatz eines staatlichen Trojaners in seinem Urteil zur Onlinedurchsuchung enge Grenzen gesetzt: Das Instrument der Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) ist am Maßstab des Fernmeldegeheimnisses zu messen, und es muss entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts durch technische und rechtliche Maßnahmen sichergestellt sein, dass ausschließlich die laufende Kommunikation überwacht und aufgezeichnet wird. Die Onlinedurchsuchung, die hinsichtlich der Tiefe des Grundrechtseingriffs weit über die akustische Wohnraumüberwachung hinausgeht, unterliegt deutlich höheren Hürden und muss sich am Maßstab des eigens hierzu geschaffenen IT-Grundrechts messen.
Ein solch weitreichender Eingriff muss entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auf schwerste Straftaten begrenzt sein. Beide Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts werden mit dem beschlossenen Gesetz verfehlt. Weder ist bei der Quellen-TKÜ hinreichend klargestellt, dass der Zugriff allein die laufende Kommunikation umfassen darf, noch ist der Straftatenkatalog für die Onlinedurchsuchung, der sich an dem des Großen Lauschangriffs orientiert, auf diese schwersten Straftaten begrenzt.
Berufsgeheimnisträger werden nicht ausreichend geschützt
Hinzu kommt, dass dieses Gesetz nur einen unzureichenden Schutz von Berufsgeheimnisträgern enthält. So ist ein absoluter Schutz für alle Berufsgeheimnisträger nur für die Onlinedurchsuchung vorgesehen, nicht aber bei der Quellen-TKÜ – dort gilt für zahlreiche Berufsgeheimnisträger, zum Beispiel Journalisten, der relativierte Schutz nach einer nicht zu prognostizierenden Abwägungsentscheidung.
Aus den genannten Gründen bin ich gegen das beschlossene Gesetz und habe bei der Abstimmung im Bundestag gegen den Gesetzentwurf gestimmt.
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