UN-Klimakonferenz in Polen: Können wir die Erderwärmung noch stoppen?

Brandkatastrophen in Kalifornien, rasant schmelzende Polkappen - der Klimawandel wird immer realer. Im polnischen Katowice beraten die Staaten Gegenmaßnahmen. Und wie positioniert sich Deutschland?

Kein Zweifel: Der Klimawandel ist menschengemacht

Dr. Hans von Storch

Klimaforscher, Hamburg

Dr. Hans von Storch
  • Seitens der Forschung gibt es keinen Zweifel: Der Klimawandel ist menschgemacht
  • Wissenschaftler streiten jedoch noch über die Folgen und den Umgang mit ihnen
  • Die Begrenzung des Klimawandels ist eine Herausforderung an Politik und Technik

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Die Frage nach dem gesellschaftlichen Umgang mit dem menschengemachten Klimawandel steht wieder auf der Tagesordnung. Auf der nächsten „Conference of the Parties“ in Katowice geht es darum, abzusprechen, mit welchen politischen Steuerungen die Staatengemeinschaft das politische Ziel von „nicht mehr als 2 Grad Celsius, besser 1,5 Grad Celsius globaler Erderwärmung“ erreichen kann. Diese Vereinbarung wird seit Jahren von der Staatengemeinschaft diskutiert.

Über viele Details sind wir Forscher uns noch uneinig

Manche Politiker und Laien äußern immer wieder Zweifel an der Wissensbasis – sei es, ob sich das Klima tatsächlich in einer auffälligen Weise ändere, ob dies wirklich an der Freisetzung von Treibhausgasen liege oder schließlich ob die derzeitigen und zukünftig zu erwartenden Veränderungen überhaupt von erwähnenswerter Bedeutung seien. Doch in der Klimawissenschaft ist der Konsens wirklich überwältigend: Die Ansammlung von Treibhausgasen, wie sie etwa bei der Energieerzeugung, bei der Heizung und Kühlung, oder beim Verkehr entstehen, ist die Ursache des Klimawandels. Der Grund für die Erderwärmung ist der Mensch.

Die Diskussion wird von interessierter Seite häufig mit der Formel „The science is settled“ (frei übersetzt: „Die wissenschaftliche Arbeit dazu ist erledigt“) zu beenden versucht. Wie oben beschrieben, ist das in Bezug auf die grundlegenden physikalischen Zusammenhänge auch richtig – allerdings nicht in Bezug auf viele Details. So gibt es in der Forschungsgemeinde unterschiedliche Deutungen etwa zur Geschwindigkeit des Meeresspiegelanstiegs, zur Einordnung von gegenwärtigen Starkniederschlägen oder zu möglichen Veränderungen tropischer Wirbelstürme. Daneben gibt es Uneinigkeit über die mögliche Zunahme an Klimaflüchtlingen. Zusätzlich gibt es auch von Wissenschaftlern immer wieder absurde Behauptungen wie, der Klimawandel würde eine Zunahme von Nierensteinen begünstigen.

Das Klimaziel können wir nur erreichen, wenn wir der Atmosphäre Treibhausgase entziehen

Doch diese wissenschaftlichen Detaildiskussionen dürfen nicht den Blick darauf verschleiern, dass sich die überwältigende Mehrheit der Forscher auf der ganzen Welt in einem Punkt sicher und einig ist: Wenn die Erde sich nicht um mehr als 1,5 bis 2 Grad erwärmen soll, muss die Emission von Treibhausgasen in den nächsten wenigen Jahrzehnen massiv gemindert werden. Für diese konkrete Aussage braucht es keine weiteren wissenschaftlichen Belege.

Die Erderwärmung ist bereits so weit fortgeschritten, dass – im Rahmen des derzeitigen Wissens – das Ziel offenbar nur dann erreicht werden kann, wenn später Treibhausgase der Atmosphäre entzogen werden („negative Emissionen“). Dies scheint in der Öffentlichkeit nicht verstanden zu sein, geschweige denn dass die Folgen einer zukünftigen Umsetzung erkannt wurden. Noch ist unklar, ob und wie Treibhausgase der Atmosphäre im erforderlichen Umfang entzogen werden könnten. Dies ist eine Frage an Ingenieure. Und die Öffentlichkeit muss diskutieren, inwiefern sie großtechnische Anlagen hinzunehmen bereit ist, die für diese Aufgabe benötigt werden – oder ob es zu massiven Widerständen kommt wie im Falle der Verpressung von Kohlendioxid im Boden.

Klimawissenschaftler sind nicht legitimiert, „zu fordern“, sondern haben die Aufgabe, „zu beraten“

Das Tätigkeitsfeld der Klimawissenschaft beinhaltet jedoch nicht, Maßnahmen zu „fordern“ – wie man es allenthalben in den Medien liest und hört – und damit die Gesellschaft zu entmündigen. Dass der menschengemachte Klimawandel grundsätzlich gesteuert werden kann, ist hinlänglich nachgewiesen. Eine wesentliche gesellschaftliche Aufgabe der Klimawissenschaft bleibt es, Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit zu beraten, welche konkreten Folgen wann bei welchen Klimapolitiken zu erwarten sind. Dabei muss klar sein, dass Folgen auch dann zu erwarten sind, wenn das 2-Grad- oder besser noch 1,5-Grad-Ziel erreicht werden sollte.

Neben der Frage des Beendens der Emissionen ist der Umgang mit den Folgen eine Herausforderung an die Gesellschaft – also die Anpassung, insbesondere auf lokaler und regionaler Ebene. Welche Optionen für diesen Umgang bestehen, fällt zumeist in die Bereiche von Politik und Verwaltung, der Ingenieur- und Gesellschaftswissenschaften sowie in die öffentliche Debatte darüber.

Katowice ein Treffen von Politikern, zu dem Klimawissenschaftler kaum etwas beitragen können.


Diskutieren Sie mit, liebe Leserinnen und Leser: Wie können Politik, Technologie aber auch wir, die Gesellschaft, den Klimawandel begrenzen?

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Dr. Hans von Storch
© KlimaCampus Hamburg, Foto D. Ausserhofer
Dr. Hans von Storch

Klimaforscher, Hamburg

Der Meteorologe (Jg. 1949) ist ehemaliger Leiter des Instituts für Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum Geesthacht – Zentrum für Material- und Küstenforschung in Geesthacht nahe Hamburg und Professor an der Universität Hamburg. Hans von Storch gilt als „Klimarealist“. Zum Verhältnis von Klimaforschung und Gesellschaft hat er mit dem Ethnologen Dr. Werner Krauss 2013 das Buch „Die Klimafalle“ veröffentlicht.

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