Warum ist es wichtig, gegen die Gruppe der G20 zu protestieren? Sie umfasst 19 der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer sowie die EU. Würden die einfach nur miteinander reden über die Probleme in der Welt und wie Lösungen dafür aussehen könnten, könnte wohl kaum jemand etwas dagegen sagen. Das tun sie aber nicht. Die 20 nehmen vielmehr für sich in Anspruch, dass ihre Absprachen für alle anderen Gültigkeit haben sollen. Viele der zusätzlich eingeladenen Staatengruppen und internationalen Organisationen sind nur deshalb dabei, um bei der Durchsetzung behilflich zu sein. Vor allem Themen, die ärmere Weltregionen und Länder betreffen, werden ohne Rücksprache mit den Betroffenen verhandelt. Demokratische Verfahren sehen anders aus.
Dabei erreichen die 20 bei vielen Themen keine Einigung, oder diese bleibt weit hinter dem Notwendigen zurück. Das ist nicht verwunderlich, weil sie doch bei den brennendsten Problemen der Welt regelmäßig zu den Verursachern gehören. Unregulierte Finanzmärkte, Kriege, Klimawandel, Flucht und Migration gehen zu einem großen Teil auf das Agieren der G-20-Staaten zurück. Freihandel und grenzenloses Wachstum sind sicherlich keine Lösungen im Interesse der Mehrheit der Weltbevölkerung.
Hamburg zeigt, wie es nicht geht
Die Rücksichtslosigkeit, mit der diese Themen angepackt werden, spiegelt sich auch auf der organisatorischen Seite der Treffen. Da sind einige Tausend Leute beteiligt und noch mal ebenso viele Journalistinnen und Journalisten. Das ist ein gewaltiger organisatorischer Aufwand, der in jeder Stadt Beeinträchtigungen des öffentlichen Lebens mit sich bringt. Wie hart die Stadt mit ihren Bewohnern und Besuchern umspringt, ist aber immer noch ihre Sache – und gerade Hamburg zeigt in diesem Jahr vor allem, wie es nicht geht.
Zum Vergleich: Ich lebe seit fast 50 Jahren in Bonn und damit in einer Stadt, die Großereignisse vergleichbar mit einem G-20-Gipfel aus ihrer Zeit als Bundeshauptstadt kennt. Im Juni 1982 fand ein NATO-Gipfeltreffen in Bonn statt, zu dem der neu gewählte US-Präsident Ronald Reagan erstmals Deutschland besuchte. Die Sicherheitsvorschriften stellten alles andere in den Schatten. Ich war damals mit für eine Großdemonstration verantwortlich, an der 450.000 Menschen teilnahmen, also anderthalb mal so viele, wie die Stadt Einwohner hat. Später gab es noch größere Demonstrationen in Bonn. Weil die damalige Bonner Polizeiführung und auch die Innenpolitik in Nordrhein-Westfalen Wert darauf legte, dass gerade anlässlich politischer Großereignisse öffentlicher Protest möglich sein muss, ließ sich das alles so regeln, dass es keine Einschränkungen des Versammlungsrechts gab.
Die Organisation zeugt von Großspurigkeit und Machtanspruch
Ganz anders ist das in Hamburg. Man möchte glauben, es handele sich um ein Provinzkaff, das nicht in der Lage ist, demokratische Meinungsäußerung, tägliches Leben der Menschen und außergewöhnliche politische Ereignisse unter einen Hut zu bekommen. Eine „rote Zone“, in der Bewohner sich nicht frei bewegen können und Besucher schon gar nicht. Eine weitere Fläche, in der zumindest zeitweise Bewegungseinschränkungen herrschen, und eine 38 Quadratkilometer große Zone, in der alle Versammlungen verboten sind. Das alles stellt für Deutschland ein einmaliges Ereignis dar. Und es zeugt von Großspurigkeit und Machtanspruch der zuständigen Behörden gegenüber demokratischen und Alltagsbedürfnissen der Menschen und von Unwille oder Unfähigkeit, berechtigte Anliegen zur Kenntnis zu nehmen.
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