Hinweis der Redaktion: Diesen Beitrag schrieb Olaf Scholz unmittelbar vor dem G-20-Gipfel; er wurde am 6. Juli veröffentlicht. Angesichts der Ereignisse in Hamburg wird die Debatte jetzt um weitere, aktuelle Meinungen ergänzt.
Am 7. und 8. Juli wird zum ersten Mal ein G-20-Gipfel in Deutschland stattfinden. Nicht nur in Hamburg, dem Austragungsort dieser Konferenz, auf der ganzen Welt blickt man mit Spannung auf das Ereignis. Wenn sich in den kommenden Tagen die Staats- und Regierungschefs der führenden Industrie- und Schwellenländer treffen, stehen Themen von globaler Bedeutung auf der Tagesordnung. Klimaschutz, Freihandel, Weltgesundheit, Entwicklungspolitik und Digitalisierung gehören zu den Schwerpunkten des Gipfels.
Es wird unter anderem um die Frage gehen, wie wir verhindern, dass eine Welt des Protektionismus entsteht. Wie können wir einen fairen weltweiten Handel organisieren, ohne dass sich alle wieder auf nationale Grenzen zurückziehen? Was können wir dafür tun, dass die Gesundheitsversorgung auch in den ärmsten Regionen der Welt besser wird? Und: Wie kann die Entwicklung Afrikas beschleunigt werden? Die G-20-Staaten stehen für fast zwei Drittel der Weltbevölkerung, über vier Fünftel des weltweiten Bruttoinlandsprodukts und drei Viertel des Welthandels. Deshalb ist es richtig, dass diese Fragen im Rahmen einer solchen Zusammenkunft erörtert werden.
Eine Innovation, die sich weiterentwickelt hat
Das G-20-Format ist aus jenen Gesprächsrunden heraus entwickelt worden, die der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt bereits in den 1970er-Jahren angestoßen hat. Diese informellen – anfangs noch sehr kleinen – Runden als G-6- oder G-7-Treffen stellten damals eine echte Innovation in der Politik dar. Sie waren eine Reaktion auf den Zusammenbruch des Währungssystems von Bretton Woods, auf die Ölkrise, auf die Brüche im internationalen Wirtschaftssystem.
Da das Weltgeschehen schon lange nicht mehr allein von den klassischen westlichen Industrienationen dominiert wird, war es folgerichtig, den Kreis der Teilnehmer zu erweitern. Heutzutage nehmen an den G20-Gipfeln regelmäßig auch internationale Organisationen wie der Internationale Währungsfonds, die Weltbank, die Vereinten Nationen oder die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) teil. Auch die verschiedenen Akteure der internationalen Zivilgesellschaft sind in das Gipfelgeschehen eingebunden. Eine wichtige Tagung in diesem Zusammenhang, der sogenannte Civil20 oder C20, hat vor Kurzem in Hamburg stattgefunden.
Friedliche Kundgebungen sind willkommen
Ungeachtet der Anstrengungen, diesen Dialog zum Erfolg zu führen, ist es offensichtlich, dass sich die Politik mancher Regierungen und ihrer Repräsentanten in Inhalt und Stil zum Teil deutlich von der unsrigen unterscheidet. Daher ist es zu begrüßen, wenn die Bürgerinnen und Bürger die Gelegenheit wahrnehmen, für unsere Werte, für Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung und einen fairen Ausgleich der Interessen einzutreten. Das wird bei verschiedenen friedlichen Kundgebungen und Veranstaltungen möglich sein.
Nur eine Großstadt wie Hamburg verfügt über die erforderliche Infrastruktur und die Hotels, um den Gipfel auszurichten. Natürlich sind mit dieser politischen Konferenz auch Herausforderungen für unsere Stadt verbunden. Klar war aber immer: Die Einschränkungen des öffentlichen Lebens, die damit verbunden sind, sollen so gering wie möglich sein. Das betrifft vor allen Dingen die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen. Die Polizei hat die schwierige Aufgabe, die Gipfelteilnehmer zu schützen, die öffentliche Ordnung zu gewährleisten, den reibungslosen Ablauf der friedlichen Kundgebungen sicherzustellen und die Sicherheit der Hamburgerinnen und Hamburger zu wahren. Darauf ist sie bestens vorbereitet, sodass wir dem Gipfel gelassen entgegensehen können. Wir wollen gute Gastgeber sein, das entspricht der Weltoffenheit und Gastfreundschaft unserer Stadt.
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