Höher, schneller, weiter: Wie bilden wir uns in Zukunft fort?

Immer häufiger wird Weiterbildung zur Eigenverantwortung. Sich in der Freizeit fortzubilden, trifft jedoch bei Mitarbeitern auf Unverständnis. Bleibt die eigene Weiterbildung auf der Strecke?

Nur einer von zehn will digital kompetenter werden

Anke Anderie
  • Chefs verpassen es, ihre Mitarbeiter für die Digitalisierung zu begeistern
  • Von 1000 Befragten wollen nur zehn Prozent ihre Digitalkompetenz ausbauen
  • Die Atmosphäre im Team entscheidet über die Lernkultur

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Die vor Kurzem veröffentlichte Studie „Karriereziele 2018“ hat einen Trend aufgezeigt, der viele Führungskräfte beunruhigen dürfte: Von den 1022 befragten Bundesbürgern wollen nur zehn Prozent ihre Digitalkompetenz ausbauen.

Gleichzeitig geben viele Führungskräfte an, wenn es um die digitale Transformation ginge, sei das Mitnehmen der Mitarbeiter eine ihrer wichtigsten, aber auch größten Herausforderungen. Arbeiten hier zwei Kräfte gegeneinander?

Warum interessieren sich anscheinend nur so wenige Menschen für den digitalen Wandel, wenn gleichzeitig viele die Notwendigkeit sehen, mit diesem Schritt zu halten? Eine Frage, die sich gerade viele in den Führungsetagen stellen, die mit diversen Ansätzen versuchen, ihre Mitarbeiter zu begeistern und auf morgen vorzubereiten.

Ich glaube, wir müssen viel früher ansetzen. Nicht mit den Maßnahmen und der Frage nach dem Wie, sondern mit etwas viel Grundlegenderem.

Der Umgang mit dem Ungewohnten wird zur Normalität

Sie sollten sich eine Frage stellen: Was bedeutet „digitaler Wandel“ konkret für mein Unternehmen? Diese Frage muss immer im Kontext des einzelnen Unternehmens eingebettet sein und sollte das Fundament bilden für alle weiteren Überlegungen. Ich kann mich nicht auf etwas vorbereiten, wenn ich es weder greifen kann, noch verstehe, wofür es gut ist. Erst wenn die Unternehmensleitung und die Mitarbeiter verstanden haben, was digitale Transformation im eigenen unmittelbaren Umfeld bedeutet, können daraus Handlungen abgeleitet werden.

Eins ist jedoch sicher: Der Umgang mit dem Ungewohnten wird zur Normalität – wer das in seinem Arbeitsleben verinnerlicht, verfügt bereits über einen der wichtigsten Bausteine für die digitale Kompetenz.

Die Verantwortung liegt zunächst bei der Führung

Ist die Eingangsfrage geklärt, ist die Unternehmensführung gefragt, mit einer klaren Vision und Strategie für die gesamte Organisation einen Rahmen zu setzen: Welche Technologien werden für das Unternehmen in Zukunft wichtig? Welche neuen Trends werden zurzeit genau unter die Lupe genommen? Welchen Einfluss werden diese Technologien auf unser Unternehmen in fünf Jahren haben? Diese Fragen sehr konkret zu beantworten ist nicht realistisch. Eine Richtung vorzugeben ist jedoch durchaus möglich.

Bei dem schnellen Tempo und stetiger Veränderung erfordert das auch eine regelmäßige und offene Kommunikation. Nicht nur auf fachlicher, sondern auch auf emotionaler Ebene. Das ist ganz klar Führungsaufgabe.

Führungskräfte sollten das Unternehmen als Partner positionieren

Es gibt Onlinetools, mit deren Hilfe man errechnen kann, zu wie viel Prozent die eigene Arbeit schon heute von Maschinen übernommen werden kann. Ein wertvoller Einblick. Allerdings wird in den Medien zu oft gleich das Schwarz-Weiß-Bild vermittelt: „Bilde dich weiter, sonst können wir dich morgen nicht mehr brauchen.“ Wer das in der Mitarbeiterkommunikation genauso angeht, verbreitet nur Unsicherheit, die weder Wertschätzung zeigt noch weiterhilft. Hier ist eine ehrliche Kommunikation auf Augenhöhe wichtig, die mögliche Wege in der Zukunft aufzeigt und das Unternehmen als Partner positioniert, der die Mitarbeiter bei diesem Weg begleitet.

Mit diesem Wissen können einzelne Abteilungen besser verstehen, was das konkret für ihren Bereich und ihre Aufgabenfelder bedeutet und welche Fähigkeiten hier in Zukunft wichtig werden. Führungskräfte können ihren Mitarbeitern dadurch besser vermitteln, welche Fähigkeiten sie sich aneignen sollten, und als Vorbild selbst gezielte Weiterbildungsmaßnahmen ergreifen.

Lernen erfordert mehr als Online-Weiterbildungen

Neben der Vorgabe der Richtung müssen Unternehmen auch dafür sorgen, dass sich eine Lernkultur in der gesamten Organisation etablieren kann und Wissensvermittlung einen festen Platz in der täglichen Arbeit erhält. Dies umfasst nicht nur (Online-)Weiterbildungen. Know-how-Transfer findet auch im Rahmen von (sozialen) Netzwerken statt oder im Austausch bei bereichsübergreifenden und interdisziplinär besetzten Projekten. Ebenso entscheidend für eine gute Lernkultur ist letztlich auch eine Atmosphäre, die den proaktiven Umgang mit Fehlern und wertschätzendes Feedback fördert. Aus der Neurowissenschaft wissen wir, dass vieles nur gelernt werden kann, wenn es mit positiven Emotionen verknüpft wird.

Genauso sind aber auch die Mitarbeiter selbst in der Verantwortung, sich Gedanken zu machen und genau zu beobachten, was sich im Markt, in der eigenen Branche und letztlich auch im Unternehmen bewegt. Denn Digitalkompetenz bedeutet vor allem, regelmäßig dazuzulernen, Neues mit offenen Augen zu betrachten und auch aktiv auf Veränderungen zuzugehen, anstatt alles auf sich zukommen zu lassen. So entsteht in einem Unternehmen eine Kultur, die digitale Transformation erst möglich macht.

Veröffentlicht:

Anke Anderie
© obs/ Manpower Group Deutschland GmbH/ Manpower GmbH & Co. KG
Anke Anderie

Managing Director, HR & MarCom, Manpower Group Deutschland

Seit Dezember 2017 verantwortet die Geschäftsführerin neben dem HR- und Legal-Bereich auch das Marketing und die Unternehmenskommunikation der Manpower Group Deutschland. Bevor sie zu dem Personaldienstleister wechselte, war sie unter anderem Personalleiterin bei einer Division von Universal Pictures/Paramount Pictures und der Bauer Media Group sowie bei der NTT-Tochter Dimension Data Germany. Anderie engagiert sich in verschiedenen IT-Arbeitskreisen und ist Jurorin des Digital Leader Awards.

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