Wenn’s ums Geld geht, tappen Arbeitnehmer in Deutschland kollektiv im Dunkeln. Trotz des jüngst in Kraft getretenen Entgelttransparenzgesetzes sind Gehaltsdebatten in vielen Unternehmen immer noch ein Tabuthema – sie scheuen die Diskussion um faire Vergütung wie der Teufel das Weihwasser. Intransparent beim Gehalt zu sein bedeutet Machterhalt. Denn schließlich schmerzt es, sich von alten Privilegien und Hierarchienormen zu verabschieden. Dialog auf Augenhöhe? Ist folglich Fehlanzeige.
Doch Achtung: Im größten Umbruch der Arbeitswelt seit der industriellen Revolution, in Zeiten des demografischen Wandels und dem damit verbundenen Fachkräftemangel kann diese Haltung schnell zum Fallstrick werden. Arbeitnehmer fordern Transparenz verstärkt ein, akzeptieren ungerechte Vergütungssysteme immer weniger. Das zeigt auch die XING-Gehaltsstudie 2018, laut der 77 Prozent der 12.000 befragten Arbeitnehmer sich für die Offenlegung von Gehältern aussprechen. Einmal mehr wird hier deutlich, dass das Zeitalter des mündigen Mitarbeiters längst begonnen hat. Wollen Unternehmen im Wettbewerb bestehen und die besten Köpfe für sich gewinnen, müssen sie genauso radikal umdenken wie die Arbeitswelt sich wandelt – und etwa Transparenz endlich als Chance begreifen, nicht als Risiko.
Transparenz bei Gehältern erfordert Mut, aber er lohnt sich
Im vergangenen Jahr haben auch wir bei XING den Sprung ins kalte Wasser gewagt und erstmals unternehmensweit eine Transparenzoffensive zum Thema Gehalt gestartet. Das schließt den Juniormanager ebenso ein wie den Vorstand, über alle Ebenen hinweg. Es war, offen gesagt, ein Experiment. Ein nicht ganz einfaches, denn es erfordert Mut und die Bereitschaft, ehrlich und aufrichtig miteinander zu reden. Wir waren – und sind – überzeugt, dass dies der richtige Weg ist. Denn wer sich autonome und innovative Mitarbeiter wünscht, muss ihnen auf Augenhöhe begegnen. Das heißt, auch beim Thema Gehaltsverhandlung die Karten auf den Tisch zu legen und sich dem Dialog um Leistung und Vergütung als gleichberechtigte Partner zu stellen.
Wir haben viel und heiß diskutiert, Kritik und Lob von unseren Mitarbeitern erhalten und das Projekt „Salary Transparency“ in einer zweiten Runde 2018 weiterentwickelt. Das Ziel: noch durchsichtiger und objektiver zu werden. So haben wir XING-spezifische Gehaltsbänder für Tätigkeitsbereiche und Karrierelevel innerhalb der jeweiligen Länder unserer Standorte festgelegt, die sich an marktüblichen Gehaltsspannen orientieren. Jeder Mitarbeiter kann diese Gehaltsbänder einsehen und nachvollziehen, wo er steht. Im Vergleich mit der Benchmark der Branche und im Vergleich zu Kollegen ähnlicher Positionen im Unternehmen. Die Angaben sind anonymisiert, sodass keine Rückschlüsse auf einzelne Mitarbeiter gezogen werden können.
Was haben wir damit erreicht? Wir haben die Basis für einen offenen Diskurs zwischen Führungskräften und Teammitgliedern in Personalgesprächen geschaffen. Dies in der Praxis zu nutzen ist keine einfache Aufgabe – es ist ein Prozess, der auch unbequeme Situationen auslösen kann. Ein Prozess, der aktiv begleitet werden will und in dem Führungskräfte kontinuierlich geschult werden müssen. Denn es geht nicht darum, dass alle dasselbe verdienen, sondern darum, eine faire Diskussion über Leistung und Entlohnung entstehen zu lassen. Wir sind mit unserem Experiment noch nicht am Ende. Es sind erste Schritte, und wir lernen mit jedem dazu.
Den Mitarbeiter als Mensch wahrnehmen, nicht als humane Ressource
Fest steht: Ein autokratisches Verständnis von Führung, in dem Wissensvorsprünge als Machtinstrument genutzt und antiquierte Privilegien geschützt werden, hat ausgedient. Wer als Unternehmen künftig erfolgreich sein will, muss ein Umfeld schaffen, in dem Mitarbeiter wachsen können, in dem sie als Mensch wahrgenommen werden, nicht als humane Ressource. Und dazu gehört vor allem, ehrlich miteinander zu sein. Führung bedeutet, Mitarbeiter zu befähigen, ihr Potenzial zu entfalten und Raum für Innovation zu schaffen. Transparenz und eine faire Vergütung sind dabei wichtige Zutaten. Gelingt Unternehmen das, gewinnen alle.
XING Gehaltsstudie 2018:
Wer verdient was? XING hat in einer großen Umfrage mehr als 12.000 aktive Mitglieder zum Thema Gehalt befragt. Im Fokus waren dabei besonders Fach- und Führungskräfte und ihre Meinungen zu aktuellen Themen wie Gehaltstransparenz und einer Gehaltsobergrenze. Die Studie zeigt die durchschnittlichen Gehälter nach Branche und Tätigkeitsfeld, Region, Unternehmensgröße und Alter der Befragten. Hier geht es zur kompletten XING Gehaltsstudie 2018.
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