Zuletzt war immer wieder von „Dynamic Pricing“ und „personalisierten Preisen“ zu hören – meist in einem kritischen Kontext. Allerdings macht es die unscharfe Tren-nung zwischen beiden Begriffen für die Politik schwierig, die richtigen Ansätze zu finden, um die Daten der Verbraucher zu schützen.
Zur Klarstellung: „Dynamic Pricing“ bezeichnet das Phänomen sich schnell ändernder Preise für verschiedene Produkte, gegebenenfalls abhängig von Wochentag und/oder Uhrzeit; sie sind Ausdruck von Preiskämpfen zwischen Anbietern. „Dynamic Pricing“ ist im Grunde nichts Neues, sondern eine bekannte (und legale) Anbieterstrategie, um auf Märkten die Konsumentenrente abzuschöpfen; neu sind nur die Schnelligkeit und Intensität, die erst durch die Digitalisierung möglich wurden.
„Personalisierte Preise“ hingegen sind personenabhängige unterschiedliche Preise für gleiche Produkte zur selben Zeit, etwa aufgrund der Such- und Kaufhistorie des Käufers beim Onlineshopping oder des von ihm genutzten Endgeräts. So entdeckte etwa die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen 2014, dass Testkunden, die per Tablet in einem Onlineshop bestellten, zum Teil mehr zahlen mussten als Kunden, die das gleiche Produkt zum selben Zeitpunkt über den PC orderten. Das betraf unter anderem Technik, Kleidung und Hygieneartikel. Man vermutete: Bei den Nutzern, die mit einem Smartphone nach Artikeln suchten, musste es schneller gehen – und die Bereitschaft zu vergleichen wäre somit geringer. Aus verbraucherpolitischer Sicht ergeben sich hier sowohl datenschutzrechtliche Bedenken als auch die Frage, inwiefern hier eine qualifizierte Diskriminierung im juristischen Sinne vorliegt.
Noch ist die Preisgestaltung aufwendig
Personalisierte Preise hat es zwar auch schon immer gegeben – man denke nur an den Rabatt für den Stammkunden –, aber als grundlegendes Pricing-Konzept sind sie ein neues Phänomen. Die dafür notwendige Datenfülle und -qualität gab es bis vor Kurzem nicht beziehungsweise nur zu prohibitiven Preisen. Bis heute ist die personalisierte Preisgestaltung aufwendig – wohl ein Hauptgrund dafür, dass dieses Phänomen bisher nur vereinzelt nachzuweisen ist, etwa beim Onlinekauf von Reisen. Dies mag sich jedoch ändern, sobald es sich für Unternehmen rechnet, die Preisbereitschaft ihrer Kunden individualisiert zu eruieren.
Wo kann Verbraucherpolitik ansetzen, um diese Prozesse verbraucherfreundlich zu gestalten? Durch Einwilligung in die Nutzung der Daten und/oder Offenlegung der Algorithmen, könnte man vermuten. Ist es aber vorstellbar, dass Verbraucher in Prozesse einwilligen, die sie weder verstehen noch deren Folgen sie abschätzen können? Letztlich können sie nicht nachprüfen, ob die Anwendung eines Algorithmus sie in unzulässiger Weise übervorteilt. Und selbst wenn Algorithmen transparent, nachvollziehbar und legal sind, bleibt die übergeordnete Frage nach der Ethik von Big Data in Konsumprozessen.
Transparenz und Wahlfreiheit für die Verbraucher
Der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen hat Anfang des Jahres empirisch untersuchen lassen, wo wie häufig und in welcher Form personalisierte Preise in Deutschland bereits eingesetzt werden. Im Resultat: noch selten, aber zunehmend. Drei Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit Risiken für Verbraucher minimiert und gleichzeitig die Chancen erhalten bleiben können:
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Es muss transparent sein, ob personalisierte Preise eingesetzt werden. Dies muss deutlich und eindeutig, klar verständlich sowie in der gebotenen Kürze erfolgen. Hier sind zum Beispiel Mouse-over-Hinweise bei Preisangaben denkbar, die dies unkompliziert kommunizieren können.
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Der Einsatz personalisierter Preise sollte nur mit ausdrücklich und bewusst erklärter, informierter und jederzeit widerruflicher und zeitlich befristeter Einwilligung der jeweiligen Verbraucher zulässig sein. Dazu bedarf es einfacher und gut verständlicher Informationen darüber, wie personalisierte Preise zustande kommen, das heißt auch über Datensammlung und -verwertung sowie Offenlegung der Funktionsweise von Algorithmen.
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Preisvergleichsmöglichkeiten zwischen einem nicht personalisierten Referenzpreis und dem personalisierten Preis müssen bestehen bleiben. Verbraucher sollten weiterhin zwischen beiden eine echte Wahl haben, und zwar ohne entscheidungsabhängige Nachteile. Durch die Verweigerung der Einwilligung beziehungsweise den Widerruf dürfen Verbrauchern keine Nachteile entstehen.
Eine entsprechende verbraucherpolitische Flankierung der wachsenden Möglichkeiten digitaler Märkte ist letztlich für alle Marktteilnehmer von Interesse.
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