Markus Jotzo

Markus Jotzo

für Wirtschaft & Management, Bildungswesen, Job & Karriere, Personalwesen

Die unterschätzte Disziplin: Zuhören – Den Change meistern – Teil 17

Photo by kyle smith on Unsplash

In meinem letzten Beitrag auf XING vom 21. Juli ging’s darum, die Bedenken, die Stimmung und die Gedanken der Mitarbeitenden zu erkennen und entsprechend zu reagieren.

Was aber, wenn Mitarbeitende einfach schweigen?

Was aber, wenn die Mitarbeitenden bei Deiner Umfrage und im Lösungs-Workshop gar nicht mitmachen?

Was wenn die Mitarbeitenden aufgrund von Erfahrungen aus der Vergangenheit frustriert sind, weil sie das Gefühl haben, machtlos oder ohnmächtig zu sein gegen die dauernden, verrückten Change-Ideen der Führungsriege?

Nun, da hilft nur ein offener Dialog. Und Du als Führungskraft bist gefragt, einen Schulterschluss mit Deinen Mitarbeitenden einzugehen. Du bist gefordert, klar zu sagen, dass Dir die Meinung Deines Teams wichtig ist. Dass Du auch Ihre Interessen vertrittst, nicht nur die Interessen der obersten Führung. Nur gemeinsam mit den Mitarbeitern kann eine Transformation gelingen. Möglich, dass in der Vergangenheit die Meinung der Mitarbeitenden wenig oder gar nicht zählte. Daher …

… wenn Du möchtest, dass sich Deine Mitarbeiter anders verhalten als in der Vergangenheit, dann mach Du Dinge als andere Führungskräfte vor Dir.

Dein Verhalten beeinflusst das Verhalten Deiner Mitarbeiter. Interessiere Dich brennend für die Meinung jedes einzelnen. Gerade in Zeiten von Change und Veränderung. Dich interessiert doch die Meinung jedes einzelnen in Deinem Team, oder?

Nun, ich vermute ja, sonst würdest Du auch diesen Artikel nicht lesen, in dem Wertschätzung für Mitarbeitende und Leistung gleichermaßen wichtig ist. Denn nur Menschen, die gesehen und wertgeschätzt werden, sind zu Höchstleistungen in der Lage. Ein Team aus fitten Mitarbeitenden bringt automatisch gute Leistungen. Aber für Höchstleistungen – besonders in Veränderungsprozessen – braucht es hohe Führungsqualität. Es braucht Dich!

Ein weiteres Argument für Zuhören und für die Akzeptanz und Berücksichtigung unterschiedlichster Meinungen ist eine McKinsey Studie aus dem Jahr 2020. Nach dieser Studie führt Diversität, die Unterschiedlichkeit von Mitarbeitenden zu einer um 25 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit eines profitablen Geschäftsergebnisses. Also, sei Dir bewusst, wie wichtig und wertvoll die Andersartigkeit Deiner Mitarbeitenden ist.

Teil der Lösung oder Teil des Problems sein

Wenn ich einen Team-Workshop moderiere – ob es um Change geht oder einen anderen Anlass –, leite ich den Workshop häufig auf folgende Art und Weise ein, um eine verantwortungsvolle Haltung jedes Einzelnen zu bewirken. Ich sage „‘Entweder Du bist Teil der Lösung oder Du bist Teil des Problems.‘ sagte Michail Gorbatschow. Und ich füge hinzu: Es gibt nichts dazwischen… Wenn Ihr von Problemen wisst und diese Probleme heute hier aber nicht offen benennt, dann seid auch Ihr Teil des Problems. Wenn Ihr aber offen Eure Gedanken teilt, dann besteht die Chance auf Veränderung in eine gute Richtung. Dann seid Ihr Teil der Lösung.“

Fangen nun die Mitarbeitenden an, alles zu erzählen? Eine Garantie ist diese Anmoderation nicht, aber die Offenheit in meinen Workshops spricht für diese Ansprache. Also, nutz' gern diesen Satz, um die Mitarbeitenden aus der Reserve zu locken.

Für Dich als Führungskraft: beweise mit Deiner Art der Kommunikation, mit Deiner Art von echtem Interesse, dass Du anders bist als die Führungskräfte vor Dir. Du bist neugierig. Du bist wertschätzend. Du nimmst Dir Zeit und bietest ein offenes Ohr für die Themen Deiner Mitarbeiterinnen. Und Du berücksichtigst sinnvolle Hinweise von Deinen Mitarbeitenden explizit. Sprich möglichst offen darüber, dass die eine oder andere gute Idee nicht von Dir als Führungskraft stammt, sondern von Deinen Mitarbeitenden.

Nur Offenheit kann Probleme lösen

„Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar.“ schrieb die österreichische Schriftstellerin Ingeborg Bachmann. Das tut manchmal weh und macht auch nicht immer Spaß, aber was soll’s. Wenn wir Dinge verbessern wollen, dann geht das nicht ohne die Wahrheit. Und die Wahrheit in Veränderungsprozessen sind nun mal die Empfindungen und Gedanken der Mitarbeitenden. Klar, es geht um Ergebnisse. Klar, es geht um Effizienz. Und klar, es geht darum, ein profitables Unternehmen zu erschaffen. Und manchmal kostet diese Effizienz sogar Arbeitsplätze. Das ist keine schöne Sache. Ist aber die Basis für unser System, in dem wir heute in Mitteleuropa leben und die Basis für einen Wohlstand, der auf diesem Planeten seines gleichen sucht. Ist alles bei uns perfekt? Natürlich nicht. Gibt es Dinge, die auch auf hohen Führungsebenen im Argen liegt? Ja, das ist so.

Aber wir brauchen mitdenkende, kritische Mitarbeiter, die bereit sind, ihren Mund aufzumachen und Kritikpunkte offen benennen. Nur so kommen wir wirklich weiter.

Und wir brauchen Führungskräfte, die erkannt haben, dass wir nur mit solchen kritischen Menschen im Team das Maximum für alle Beteiligte rausholen. Ist das manchmal für Dich als Führungskraft anstrengend, zu versuchen, mehrere Sichtweisen unter einen Hut zu bekommen? Ja, das ist es. Doch niemand hat gesagt, dass es leicht ist, ein Team zu führen. Ich finde, zu führen ist immer wieder herausfordernd. In meinen ersten Führungspositionen bei Unilever habe ich immer wieder Dinge falsch gemacht. Hätte ich damals vor 20 Jahren diesen und andere Podcasts gehört, hätte ich sicher einiges besser hinbekommen.

Transformation gelingt als Teamleistung

Gute Führung hat das Ziel, eine exzellente Teamleistung zu erreichen. Die Führungskraft ist dabei Mittel zum Zweck. So wie ein Gärtner Samen sät, um Monate später zu ernten, sähst Du also Führungskraft Samen, um später zu ernten.

Die Quintessenz:

  1. Zeig‘ Dich dankbar und demütig, dass Deine Mitarbeitenden jeden Tag in Deinem Team arbeiten. Und fordere gleichzeitig Leistung, darum werden alle im Team bezahlt.
  2. Hör Deinen Mitarbeitenden wirklich zu. Frag‘ sie nach Lösungen. Lass sie spüren, dass Du Dich für Ihre Gedanken, Meinungen und Beweggründe interessierst.
  3. Und lass Deinem Zuhören konkrete Taten folgen. Setze gemeinsam mit Deinem Team sinnvolle Ideen aus Deinem Team um. Sage offen, wenn Du Ideen aus Deinem Team nicht umsetzen wirst und begründe Deine Entscheidungen, bis es die Mitarbeitenden verstanden haben.

Im meinem Blog-Impuls 278 erzählte ich von meinem Freund, der seinen Job verliert, weil er auch kritische Gedanken offen ausspricht. Mein Appell an alle Führungskräfte da draußen: heißt Widerspruch, Andersartigkeit im Denken und Gegenvorschläge willkommen. Sagt nicht zu allem ja, aber lasst Eure Mitarbeiterinnen spüren, dass Ihr Euch andere Meinungen wünscht. Und klar, setzt Ihr nur um, was Sinn macht und zu den Prioritäten passt. Wenn aber die Mitarbeitenden spüren, dass da eine Chefin ist, die ernsthaft zuhört, dann wird sich Stück für Stück auch eine Kultur der Offenheit entwickeln. Nicht über Nacht, aber Tag für Tag, Woche für Woche.

Am Ende sitzt der Mitarbeiter am längeren Hebel, nicht Du als Führungskraft. Denn wenn ein Mitarbeiter Dienst nach Vorschrift macht, hast Du das Beste verloren, was Du potenziell ernten kannst: Mitdenken und Engagement Deiner Mitarbeiter.

Jedes Gespräch mit Deinen Mitarbeitenden ist eine Chance, zu lernen, wie Deine Mitarbeitenden ticken. Sei die Zuhörerin unter den Führungskräften in Deinem Unternehmen. Kostet das Zeit? Ja. Heißt, dass das Du jetzt immer und jedem zuhören sollst? Nein. Setz‘ weiter Prioritäten. Aber geh‘ pro-aktiv auf Deine Mitarbeiterinnen zu. Der Satz „Meine Tür ist immer offen“ ist echt ein schlechter Satz mit einer passiven Einstellung. Eine zuhörende Führungskraft geht auf die Mitarbeitenden pro-aktiv zu und holt sich die Gedanken selbst ab. Denn manche Mitarbeiter werden diese offene Tür niemals nutzen.

Verantwortlich ist immer die Führungskraft

Wenn Dinge nicht an die Oberfläche kommen, dann ist das die Verantwortung der Führungskraft. Die hat dann nicht genug nachgebohrt. Dann hat sie keine Atmosphäre erschaffen, in der Mitarbeitende ein offenes Wort pflegen.

Und wenn manche Mitarbeiter partout nicht kooperieren wollen? Nun, Du kannst die Mitarbeitenden nicht zur Jagd tagen. Dann ist eben ein Kritikgespräch angesagt darüber, dass der Mitarbeiter sich nicht beteiligt… Wie Du so ein Gespräch glasklar und wertschätzend führst? Im Video ‚8 Schritte professioneller Kritikgespräche‘ siehst und hörst Du’s. Oder aber Du hörst meinen "Führen-wie-ein-Löwe-Podcast" Episode 37 an oder liest den Blog-Impuls 222 auf meiner Homepage.

Und wenn Du noch tiefer ins Zuhörer einsteigen möchtest, dann hör die Podcast Episode 8a und Episode 8b. Alles, was ein sehr guter Zuhörer braucht.

Viel Erfolg dabei, jeden einzelnen in Deinem Team Teil der Lösung sein zu lassen.

Markus Jotzo

PS: Und wenn Du wissen möchtest, wie Du die Feedback-Kultur stärken und auch damit für mehr Nähe im mobilen Arbeiten sorgen kannst, dann nutz‘ dafür mein 12-Wochen-Online-Training „Der Chef, den keiner mochte“. Mehr dazu unter dem Link.

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Mehr von Markus Jotzo

Podcast: https://www.markus-jotzo.com/de/podcast-fuehren-wie-ein-loewe/

YouTube-Kanal: https://www.youtube.com/channel/UCC1Z53YB4Zal36K3E5OzPsw

Führungskräftetrainings: https://www.markus-jotzo.com/de/fuehrungskraeftetraining/ 

PPS: Netflix und Co. ausschalten, Qualitätszeit einschalten. Ausnahme: "Dominion" auf YouTube. Aber nix für schwache Nerven ...

Wer schreibt hier?

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Autor, Redner, Trainer, Coach, Führungskräftetrainer: Veränderungen & Transformation im Unternehmen meistern

für Wirtschaft & Management, Bildungswesen, Job & Karriere, Personalwesen

Markus Jotzo. Autor, Redner und Trainer für Führung. Seit 2005 provoziert und unterstützt er Führungskräfte in Deutschland und weltweit. Sein Podcast heißt "Führen wie ein Löwe". Mit seinem Blog, seinen Büchern, Reden, Seminaren und Artikeln inspiriert er Menschen in über 15 Ländern.
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