Kontogebühren und Strafzinsen – Sind nun wir privaten Sparer dran?

Als erstes Geldinstitut in Deutschland verlangt die Raiffaisenbank Gmud künftig Strafzinsen von Privatkunden. Experten erwarten, dass angesichts der Niedrigzinsen bald andere Banken folgen werden.

Lasst mich bitte endlich einen „Strafzins“ zahlen

Dr. Andreas Föller

Geschäftsführender Gesellschafter, Comites

Dr. Andreas Föller
  • Es ist an der Zeit, dass sich die Banken ehrlich machen
  • Negativzinsen wären unschön, aber fair
  • Gebühren hingegen treffen vor allem die Schwächsten

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Ich habe eine einfache Bitte an die Banken – behandelt mich als euren Kunden fair und ehrlich. Wenn ihr mir neuerdings Gebühren für alles und jedes aufdrücken wollt, dann fühle ich mich unfair behandelt. Denn ich hege die starke Vermutung, dass zumindest manche dieser Gebühren nicht nur die Kosten abdecken sollen, die bei den Banken anfallen, sondern deutlich darüber hinausgehen.

Womit ich hingegen kein Problem hätte, das wäre, wenn meine Bank mir sagen würde: „Aufgrund der Negativzinspolitik der EZB sind wir leider nicht mehr in der Lage, deine Spareinlagen gewinnbringend anzulegen. Im Gegenteil – bei der Zentralbank zahlen wir inzwischen sogar einen Strafzins von 0,4 Prozent. Darum sind wir gezwungen, bis auf Weiteres einen negativen Zins auf deine Einlagen zu erheben.“ Natürlich wäre das nicht schön. Aber es wäre fair. Und es wäre ehrlich.

Das Geschäftsmodell vieler Geldhäuser war nicht mehr ehrlich

Das grundsätzliche Problem mit den Banken ist, dass sie zu einem ehrlichen „Business Case“ gar nicht mehr in der Lage zu sein scheinen – das ist jedenfalls die Schlussfolgerung, die ich aus den vergangenen zehn Jahren ziehe. Rückblick: Bis zur Finanzkrise brachten die Menschen ihr Geld in dem festen Glauben zur Bank, dass dieses Geld an Kreditnehmer wie Mittelständler oder Häuslebauer weitergereicht würde. Vereinfacht gesagt, kauften die Banken ihr Geld also beim Bürger ein, verkauften es dann weiter – und lebten von der Bruttomarge zwischen Ankauf- und Verkaufspreis. Viele andere Branchen funktionieren ja ganz ähnlich. Der Lebensmittelhändler kauft seine Kartoffeln vom Bauern und verkauft sie mit Aufschlag an seine Kunden weiter.

Doch was mussten die Bürger dann 2008 lernen? Dass die Banken ihr Geld eben nicht brav verliehen, sondern dass sie damit auf eigene Rechnung „gezockt“ hatten. Das mag eine sehr simplifizierende Darstellung sein. Doch genau darum ging es, wenn in den Zeitungen von „Asset Backed Securities“ und ähnlichen Wertpapieren zu lesen war.

Lieber ehrliche „Strafzinsen“ als unehrliche Gebühren

Was die Banken damals gemacht haben, das war eine Uminterpretation des „Business Case Banking“ – und zwar, ohne die Öffentlichkeit darüber zu informieren. Das Geschäftsmodell vieler Geldhäuser war nicht mehr ehrlich. Und genau dasselbe erleben wir nun wieder, wenn sich Banken und Sparkassen bei den Gebühren die tollsten Dinge einfallen lassen, nur um nicht zugeben zu müssen, dass die Einlagenzinsen eigentlich negativ sein müssten.

Aus der Geschichte lernen, das hieße, einen sauberen „Business Case“ aufzusetzen. Wie der aussieht, habe ich oben skizziert: lieber ehrliche „Strafzinsen“ als unehrliche Gebühren. Ein solches Vorgehen wäre übrigens auch sozial weniger ungerecht. Denn: Gebühren sind in aller Regel Absolutbeträge. Wer wenig auf dem Konto hat, zahlt genauso viel wie der, dessen Ersparnisse hoch sind. Negativzinsen dagegen treffen Menschen mit wenig Geld deutlich weniger hart.

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Dr. Andreas Föller
© Comites GmbH
Dr. Andreas Föller

Geschäftsführender Gesellschafter, Comites

Dr. Andreas Föller, Geschäftsführender Gesellschafter der Comites GmbH, ist Arzt und Ökonom mit über 25-jähriger Erfahrung in der Top-Management- und Personalberatung. Bevor er Managing Partner Europe bei Heidrick & Struggles war, hatte er für die führende Strategieberatung europäischen Ursprungs (Roland Berger und Partner) in den Büros München und Tokio gearbeitet. In vier Jahren wurde er dort vom Berater zum Principal und zum Mitglied der Geschäftsleitung befördert.

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