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Euro 6, die Erfahrungen sowie Empfehlungen für den Einsatzbetrieb

KOLUMNE von Dr. Ulrich Cimolino, Branddirektor, Fahrzeugexperte

Die EU hatte die Einführung der Abgasstufe Euro 6 zum 1. Januar 2013 (für neue Lkw-Typ-Genehmigungen) beziehungsweise 1. Januar 2014 (für Pkw und alle Lkw, die erstmalig in Verkehr kommen) beschlossen. Lkw mit Euro 6-Einstufung kamen aber schon ab 2012 in den Verkauf. Immer mehr Einsatzfahrzeuge werden seither vermehrt oder sogar ausschließlich in Euro 6 angeboten beziehungsweise beschafft. Daran ändert auch nichts, dass in den meisten deutschen Bundesländern Ausnahmegenehmigungen bestehen und für den Export natürlich in der Regel weiter anderen Versionen lieferbar sind.

Die umweltpolitischen Forderungen zur Abgasreduzierung sind unbestritten. In der Gesamtdiskussion muss aber beachtet werden, wie diese Maßnahmen wirken und wann sie demzufolge sinnvoll greifen. Und es muss auch beachtet wer-den, wann es gegebenenfalls sogar kontraproduktiv ist oder Begleitmaßnahmen erfordert, um Schäden an der Technik zu vermeiden.

Die Erfahrungen aus den letzten Jahren zeigen, dass es – wie bei der Einführung von Euro 5 in den ersten Jahren – zu einer deutlichen Verbesserung des Angebots beziehungsweise einer Verringerung der schlechteren technischen Er-gebnisse beziehungsweise Rahmenbedingungen (zum Beispiel Mehrgewicht, -volumen, Um- oder Ausbaubeschränkungen) von den Prototypen und ersten Generationen gekommen ist. Allerdings gilt mit der Einführung von Euro 6 nach wie vor im Vergleich zu Fahrgestellen in Euro 5:

• ein Lkw-Fahrgestell in Euro 6 wiegt zwischen 50 und 200 Kilogramm mehr. Das muss bei der Fahrzeugplanung unbedingt berücksichtigt werden! Die Normfahrzeuge haben übrigens mehr als ausreichend Gewichtsreserven dafür einkalkuliert.

• Die Euro 6-Fahrgestelle sind etwas teurer (Fachmagazine im Lkw-Bereich schrieben 2015 von zirka 10 Prozent Mehr-kosten), aber dafür sinkt der Verbrauch im Durchschnitt etwas.

• Es muss mit etwas höheren Ausfallzeiten – zum Beispiel aufgrund der umfangreicheren Technik – gerechnet werden.

• Der Platzbedarf für den Motor, vor allem für die Abgasführung und -kapselung, ist deutlich größer als bei den bisherigen Euro V-Fahrgestellen.

Für die meisten Einsatzfahrzeuge – vor allem bei vielen freiwilligen Feuerwehren oder Katastrophenschutzeinheiten – gelten allerdings ein paar weitere Besonderheiten. Für den reibungslosen Betrieb sollten die Verantwortlichen diese Punkte wissen.

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Im Standardbetriebsfall werden die nötigen Betriebstemperaturen für die wirksame Abgasreinigung nicht erreicht. Hier muss in der Regel im Verhältnis zum Beispiel zu einer Spedition häufiger manuell eingegriffen werden, um eine thermische Reinigung des Partikelfilters (Regeneration) zu erhalten.

Für Feuerwehrfahrzeuge muss daher weiter verhindert werden, dass unbeabsichtigt ein Notlaufprogramm gesteuert wird, in dem zum Beispiel die Drehzahl reduziert wird. Für Neufahrzeuge sollte das grundsätzlich über die Bestellcodierungen machbar sein. Für Gebrauchtfahrzeuge ist das schwierig bis unmöglich.

Es kommt im Regenerationsfall zu einer deutlichen Erhöhung der Abgastemperatur im Abgasstrahl auf zirka 200 bis 300 Grad Celsius. Diese Regeneration soll für Feuerwehrfahrzeuge daher grundsätzlich steuerbar sein. Sie darf nicht automatisch, sondern muss bewusst ausgelöst werden. Ansonsten könnte womöglich der Fall eintreten, dass bei einer Vegetationsbrandbekämpfung durch die Regeneration eine trockene Wiese entzündet wird!

Fahrzeuge mit Mannschaftsraum über dem Abgasstrang eines Euro 6-Fahrzeugs können sich im längeren Betrieb offensichtlich je nach Konstruktion der Abgasanlage beziehungsweise der Kabine unerwünscht stark erwärmen. Hier muss die Entwicklung beobachtet und gegebenenfalls in der Konstruktion nachgesteuert werden.

Euro VI-Motoren sind praktisch nur noch mit Harnstoff (AdBlue) zu erhalten. Harnstoff hat – ähnlich wie Bio-Kraftstoffe – eine beschränkte Haltbarkeit und zersetzt sich abhängig von den Lagerbedingungen nach zirka 6 bis 12 Monaten zunehmend auf natürliche Weise in Ammoniak! Der Zersetzungsprozess ist abhängig von den Standortbedingungen (Temperaturschwankungen), dem Verbrauch und der Tankgröße. Es müssen daher Maßnahmen ergriffen werden, um Störungen am Motor (zum Beispiel durch auskristallisiertes AdBlue) zu vermeiden.

Folgende Maßnahmen sind denkbar:

• kleinere AdBlue-Tanks auswählen beziehungsweise

• größere AdBlue-Tanks nur teilweise befüllen.

• Das Befüllen des AdBlue-Tanks dokumentieren und rechtzeitig durch entsprechende Fahrten verbrauchen.

• Mindestfahrleistungen je Monat beziehungsweise Jahr einhalten!

Auch mit Euro 6-Motoren ist die Abgasabsaugung an den Fahrzeugstellplätzen nach Messungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) und Diskussionen mit den Unfallkassen im Normenausschuss Löschfahrzeuge im DIN-Normenausschuss Feuerwehrwesen (FNFW) weiter das Mittel der Wahl.

„Im Standardbetriebsfall werden die nötigen Betriebstemperaturen für die wirksame Abgasreinigung nicht erreicht.“

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