Berlin. Eine Signalstörung am Hauptbahnhof kann bereits seit Dienstag nicht behoben werden. Davon sind vor allem Pendler betroffen.

Die Wut vieler Fahrgäste ist derzeit groß. Bereits den dritten Tag in Folge ist es am Mittwoch bei der Berliner S-Bahn zu Zugausfällen und Verspätungen gekommen. Betroffen davon waren erneut vor allem Linien, mit denen die Berufspendler aus den Berliner Außenbezirken und dem brandenburgischen Umland zur Arbeit in die Innenstadt oder wieder zurück nach Hause fahren.

Entsprechend geharnischt fielen dann auch die Reaktionen der von den Ausfällen Betroffenen aus. „Scheint jetzt eine feste Einrichtung zu sein, diese Signalstörungen. Bei welchen Gurkenunternehmen kauft die Bahn eigentlich ihre Technik?“, beschwerte sich etwa „Micha ist Hause“ über dem Kurznachrichtendienst Twitter bei der Berliner S-Bahn. Und „Chrissy“ schrieb zum Thema Signalstörung: „Die ist doch schon seit gestern früh vorhanden, wieso kann man das innerhalb von 24 Stunden nicht mal beheben wie sonst auch immer? Seit letzter Woche Montag habe ich jeden einzelnen Tag, egal ob morgens oder nachmittags, Probleme mit der Bahn.“ „Und täglich grüßt das Murmeltier“, kommentierte Twitter-User „Marc Vogelsang“ sarkastisch die aktuelle Pannenserie.

Signalstörungen bei bereits modernisierter Technik

Dabei hatte S-Bahnchef Peter Buchner erst am Wochenende in einem Interview mit der Berliner Morgenpost die Fahrgäste um Entschuldigung für Verspätungen und Ausfälle in den vergangenen Wochen und Monate gebeten. Buchner und der für die S-Bahn-Infrastruktur zuständige DB-Netz-Regionalleiter Helge Schreinert kündigten ein Qualitätsprogramm und Investitionen in die teils veraltete Signal- und Sicherungstechnik an. Allerdings: Die aktuellen Störungen wurden durch bereits modernisierte Technik verursacht.

So steht bereits seit Dienstagmorgen ein Signal vor der Einfahrt am Berliner Hauptbahnhof dauerhaft auf rot. Die Ursache für den Ausfall ist bislang unklar. Alle Versuche, den Schaden zu beseitigen, scheiterten bislang. In der Folge können die Lokführer die Züge nur „auf Sicht“, das heißt nur sehr langsam in dem Bereich fahren lassen. Von den Einschränkungen sind gleich vier wichtige Ost-West-Linien der S-Bahn betroffen: die S3 (Erkner–Spandau), S5 (Strausberg Nord–Westkreuz), die S7 (Ahrensfelde–Potsdam) und die S9 (Flughafen Schönefeld–Spandau).

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    Zehntausende Berufspendler leiden unter Einschränkungen

    Wegen der Probleme im Bereich Hauptbahnhof konnte die S5 nur zwischen Hoppegarten und Ostbahnhof im üblichen Zehn-Minuten-Takt fahren. Die S75 konnte zeitweise nur zwischen Wartenberg und Lichtenberg fahren. Dort hieß es dann für Zehntausende Fahrgäste, aussteigen und auf den Zug einer anderen Linie warten. Beide Linien sind vor allem für Berufspendler im Berliner Osten ein unverzichtbares Verkehrsmittel, für das es kaum Alternativen gibt. Wer etwa auf das Auto umsteigt, kommt wegen der Dauerstaus auf den Zufahrtsstraßen B1, B2 und B158 kaum schneller voran.

    Das „Problemsignal“ am Hauptbahnhof, das für die aktuellen Betriebseinschränkungen auf der Stadtbahntrasse sorgt, ist indes kein Uraltteil, wie es an vielen Stellen im S-Bahnnetz noch immer anzutreffen ist. Es wird vielmehr gesteuert durch ein modernes elektronisches Stellwerk in der S-Bahn-Betriebszentrale in Halensee. Der Rechner dahinter war aus bislang ungeklärter Ursache am Dienstagmorgen „abgestürzt“.

    Mehrfach versuchten Techniker der Bahn und der Herstellerfirma Siemens seither, das System neu hochzufahren. Am Dienstag wurde dafür sogar 20 Minuten lang der gesamte Zugverkehr zwischen Friedrichstraße und Charlottenburg eingestellt. Nach der Hauptverkehrszeit am Mittwochabend wollen Experten der Bahntochter DB Netz mit einem Computer-Reset erneut versuchen, das System hochzufahren.

    Kritik vom Verkehrsbund Berlin-Brandenburg (VBB)

    Die Signalstörung am Hauptbahnhof war längst nicht der einzige Ausfall am Mittwoch. Weitere Störungen vermeldete die S-Bahn im Tagesverlauf von den Bahnhöfen Wuhletal (betroffen wieder die Nutzer der S5) und Schönholz (betroffen S25). In der Folge dieser Störung kam es dann zu der kuriosen Meldung, dass es im Bereich des Nord-Süd-Tunnels wegen „erhöhtem Fahrgastaufkommen“ zu Verspätungen kommt.

    Harsche Kritik gab es vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB), der im Auftrag beider Länder die Nahverkehrsleistungen bestellt und kontrolliert. „Die Auswirkungen der wiederholten Signalstörungen sind für die betroffenen Fahrgäste eine einzige Zumutung“, sagte VBB-Sprecherin Elke Krokowski am Mittwoch. Es sei völlig unverständlich, dass selbst neuere Infrastruktur dermaßen störanfällig sei.

    Fahrgastverbände und Verkehrspolitiker kritisieren seit Längerem die Qualitätseinbußen im Betrieb der S-Bahn. Diese hatte nach der Krise 2009/2010, als wegen Wartungsmängeln und technischer Probleme, bis zur Hälfte aller Zugfahrten ausgefallen waren, Besserung gelobt. Anfangs mit Erfolg. Doch im Vorjahr ging es vor allem bei der Pünktlichkeit stark abwärts. Gerade mal in zwei Monaten konnte 2017 das Ziel von 96 Prozent pünktlicher Züge eingehalten werden.

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