Kommentar

Goldman Sachs ist in einen der grössten Korruptionsskandale der vergangenen Jahre verwickelt – doch der grösste Schaden trifft nicht die Bank

Die amerikanische Bank hat in dem Korruptionsskandal um den Staatsfonds 1MDB eine unrühmliche Rolle gespielt. Der Schaden geht dabei weit über Malaysia hinaus und reicht bis in die USA.

Christiane Hanna Henkel, New York
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Hauptsitz von Goldman Sachs in New York. (Bild: Justin Lane / EPA)

Hauptsitz von Goldman Sachs in New York. (Bild: Justin Lane / EPA)

Nur zehn Jahre nach der Finanzkrise, die Goldman Sachs den Beinamen «Vampir-Tintenfisch» eintrug, ist die amerikanische Investmentbank in einen der grössten Korruptionsskandale der vergangenen Jahre verwickelt. Und offenbar denkt sie, dass sie ungeschoren davonkommen wird. Der seit kurzem amtierende Bank-Chef David Solomon etwa entschuldigte sich diese Woche bei der Bekanntgabe der Quartalszahlen in New York mit ein paar knappen Sätzen bei Malaysia und seinen Bürgern für die unrühmliche Rolle, die einige seiner Mitarbeiter beim Korruptionsskandal um den malaysischen Staatsfonds 1MDB gespielt haben. Seine Bank hingegen trage keinerlei Verantwortung für den Skandal, beteuerte Solomon. Mit finanziellen Folgen scheint er auch nicht gross zu rechnen. Die Bank hat im zurückliegenden Quartal lediglich 516 Mio. $ auf die Seite gelegt für juristische Auseinandersetzungen. Für das gesamte Jahr sind es 844 Mio. $. Das ist nur ein Bruchteil der 7,5 Mrd. $, die der malaysische Staatschef von Goldman Sachs fordert. Auch in den USA könnten Milliardenforderungen auf die Bank zukommen. Die Staatsanwaltschaft jedenfalls hat strafrechtliche Untersuchungen aufgenommen, erste Aktionäre sind bereits vor Gericht gezogen.

Das tatsächliche Ausmass der Verwicklung von Goldman in die 1MDB-Affäre wird wohl nie aufgeklärt werden. Malaysia ist möglicherweise bereit, die Anklage gegen eine entsprechende Milliardenzahlung fallenzulassen. In den USA dürfte eine allfällige Strafklage – wie so oft – in einer aussergerichtlichen Einigung enden. Viele Indizien aber sprechen dafür, dass Goldman Sachs nicht hat sehen wollen, was die Mitarbeiter der Bank in Malaysia taten, oder aber insofern fahrlässig gehandelt hat, da ausreichende Kontroll- und Warnmechanismen nicht installiert worden waren.

Das alles ist ein Trauerspiel, und zwar nicht, weil es die Investmentbank möglicherweise hart treffen könnte, sondern weil sie in einem anderen und in ihrem eigenen Land Schaden angerichtet hat. Aufstrebende Länder wie Malaysia sind auf professionelle Dienstleistungen von ausländischen Banken angewiesen. Oder anders formuliert: Banken spielen hier im Rahmen ihrer geschäftlichen Tätigkeit eine wichtige Rolle für die Entwicklung solcher Länder. Stattdessen hat Goldman mit dazu beigetragen, dass das Land in eine politische Krise stürzte und 6,5 Mrd. $ versickerten, die eigentlich über Investitionen die Voraussetzungen für den wirtschaftlichen Erfolg der malaysischen Bürger hätten verbessern sollen.

Dieser Schaden dehnt sich aus bis in die USA, wo gerade viele Jüngere dem Kapitalismus und Corporate America kritisch gegenüberstehen. Die Pharmabranche etwa ist derzeit in der Kritik wegen ihrer Rolle bei der Opiate-Krise, die Industrie wegen ihres steten Abbaus von Arbeitsplätzen, und die Banken haben spätestens seit der Finanzkrise jegliches Wohlwollen in weiten Kreisen der Bevölkerung verspielt. Dass nun ausgerechnet eine amerikanische Bank in einen so schwerwiegenden Skandal verwickelt ist, dürfte dem Image der gesamten Branche abermals schaden.