Extreme Emotionen
Auf Ängste von Mitarbeitern angemessen reagieren – 5 Tipps

Viele Mitarbeiter, die bisher in Kurzarbeit waren oder im Homeoffice arbeiteten, kehren jetzt an ihren Arbeitsplatz zurück – oft mit gemischten Gefühlen. Wie sich Führungskräfte darauf einstellen können.

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Bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz haben Mitarbeiter verschiedene Emotionen
© jayk7 / Moment / Getty Images

Die aktuelle Corona-Krise ist eine Ausnahmesituation, auf die Menschen emotional sehr verschieden reagieren. Die einen gerieten, etwa aufgrund der Schreckensbilder aus italienischen Kliniken, in Panik und fürchteten um ihr Leben. Andere konnten die Lockdown-bedingte Auszeit und das schöne Wetter genießen und dachten: Auch diese Katastrophe geht vorüber.

Führungskräfte wurden mit diesen Gefühlsextremen ihrer Mitarbeiter nur bedingt konfrontiert, während alle in Kurzarbeit oder im Homeoffice waren. Doch nun kehren viele Mitarbeiter wieder an ihre normalen Arbeitsstätten im Betrieb zurück – meist in einer sehr unterschiedlichen Gemütsverfassung. Während sich manche freuen, haben andere gemischte Gefühle – zum Beispiel,

  • weil sie Angst vor einer Infektion am Arbeitsplatz haben oder
  • weil zuhause ihre Kinder sind, deren Schulen und Kitas noch geschlossen sind, oder
  • weil sie sich schlicht fragen: Wie geht es in unserem Betrieb weiter? Welche Veränderungen kommen auf uns zu?

Mitarbeiter sind jetzt sensibler – zeigen ihre Gefühle aber häufig nicht

Führungskräfte müssen sich darauf einstellen, dass ihre Mitarbeiter nach dem Lockdown emotional sensibler als in der Vor-Corona-Zeit reagieren. Und dass viele ihre Gefühle nicht unmittelbar zeigen. Denn oft wissen die Mitarbeiter aus Erfahrung: Wenn jemand im Unternehmen Gefühle zeigt, kann dies als Schwäche interpretiert werden. Und nicht selten wird derjenige sogar mundtot gemacht mit Aussagen wie „Nun bleiben Sie mal sachlich“ oder „Nun malen Sie nicht gleich den Teufel an die Wand.“.

Die Tatsache, dass ein Mitarbeiter Gefühle zeigt, wird also als Legitimation genutzt, um sich mit seinem Anliegen nicht ernsthaft zu befassen. Und zeigt eine Person regelmäßig Gefühle? Dann wird sie schnell in eine Schublade gesteckt: „Ach die Müller, die reagiert schnell hysterisch.“ Oder: „Ach der Huber, der macht aus jeder Mücke einen Elefanten.“

Deshalb sind Mitarbeiter meist bemüht, am Arbeitsplatz wenig emotionale Betroffenheit zu zeigen. Stattdessen verbergen viele ihre Empfindungen hinter scheinbar rationalen Argumenten – und dann wird endlos über Nichtigkeiten diskutiert.

Chefs müssen Gefühle erkennen, bewerten und angemessen auf sie reagieren

Führungskräfte müssen daher gerade jetzt in der Lage sein, Gefühle zu erkennen, richtig zu bewerten und angemessen auf sie zu reagieren. Sie sollten sich bewusst machen, dass sich hinter den Emotionen und Ängsten ihrer Mitarbeiter individuelle Wünsche und Werte, Interessen und Erfahrungen verbergen. Und sie brauchen ein feines Gespür, um Fehleinschätzungen und -entscheidungen zu vermeiden.

1. Die Aussagen von Mitarbeitern richtig interpretieren

Häufig werden Emotionen und persönliche Interessen im Unternehmenskontext verklausuliert zum Ausdruck gebracht. So kann zum Beispiel die Aussage eines Mitarbeiters „Das geht nicht“ zweierlei bedeuten:

Der Gastautor
Joachim Simon ist Führungskräftetrainer und -coach. Mit dem von ihm konzipierten Online-Programm „Egoleading“ können (angehende) Führungskräfte die Skills trainieren, die sie im digitalen Zeitalter zum Führen von Menschen brauchen.
  • „Das funktioniert aus fachlichen Gründen nicht“ und
  • „Ich möchte dies persönlich nicht“.

Was zutrifft, müssen Führungskräfte oft erst ermitteln, indem sie Rückfragen stellen. Weil dies nicht immer einfach ist, sollten Führungskräfte allen Mitarbeitern dankbar sein, die offen ihre Emotionen zeigen, denn: Dies erleichtert es ihnen, eine gute Lösung für alle zu finden.

2. Das eigene Wertesystem prüfen

Wichtig wird es in den kommenden Wochen und Monaten sein, dass Führungskräfte – gerade weil sie selbst unter einem enormen Entscheidungs- und Handlungsdruck stehen – regelmäßig reflektieren:

  • Was ist mein Wertesystem und was kennzeichnet meine Lebens- und Arbeitssituation? Und:
  • Wodurch unterscheiden sich diese von meinem jeweiligen Gegenüber?

3. Killerphrasen vermeiden

Diese Unterschiede sollten sich Führungskräfte stets bewusst machen. Sonst ist die Gefahr groß, auf Verhaltensweisen oder emotionale Äußerungen des Gegenübers, die einen irritieren, selbst irrational zu reagieren. Oder mit Killerphrasen zu antworten wie „Nun regen Sie sich mal nicht so auf“ oder „Nun lassen Sie die Kirche mal im Dorf“. Solche Aussagen verletzen das Gegenüber und zerstören letztlich das, was sich Führungskräfte von ihren Mitarbeitern wünschen: Identifikation mit ihrer Aufgabe sowie dem Unternehmen und die Bereitschaft, sich hierfür zu engagieren.

Mehr dazu: Killerphrasen: 9 Sätze, die gute Chefs niemals sagen

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4. Die Gefühle des Gegenübers anerkennen

Sinnvoller ist es in einer solchen Situation, dem Mitarbeiter zunächst zu signalisieren, dass man seine Emotionalität bemerkt hat – zum Beispiel mit einer Aussage wie „Ich sehe, dass Sie das Thema beschäftigt.“ Oder: „Es freut mich, dass Sie sich so sehr dafür engagieren, dass…“

5. Die wahren Beweggründe ermitteln und darauf angemessen reagieren

Danach sollten Führungskräfte versuchen, sich ein Bild davon zu verschaffen, warum der Mitarbeiter so reagiert, um vorschnelle Schlüsse zu vermeiden. Angenommen, ein Mitarbeiter sperrt sich dagegen, eine gewisse Aufgabe mit Kundenkontakt zu übernehmen. Dann kann dies auch daran liegen, dass er Angst hat, sich mit Corona zu infizieren – etwa, weil in seinem Haushalt eine Peron mit einer Vorerkrankung lebt. Dann ist als Führungskraft eine andere Reaktion angesagt, als wenn ein Mitarbeiter auf eine nötige Aufgabe schlicht keine Lust hat.

In den kommenden Wochen und Monaten, so viel ist klar, kommen auf Führungskräfte viele neue Herausforderungen zu. Sie können nun jedoch auch beweisen, inwieweit sie auch über die emotionale Intelligenz verfügen, die eine reife Führungspersönlichkeit auszeichnet.

Die aktuelle Corona-Krise ist eine Ausnahmesituation, auf die Menschen emotional sehr verschieden reagieren. Die einen gerieten, etwa aufgrund der Schreckensbilder aus italienischen Kliniken, in Panik und fürchteten um ihr Leben. Andere konnten die Lockdown-bedingte Auszeit und das schöne Wetter genießen und dachten: Auch diese Katastrophe geht vorüber. Führungskräfte wurden mit diesen Gefühlsextremen ihrer Mitarbeiter nur bedingt konfrontiert, während alle in Kurzarbeit oder im Homeoffice waren. Doch nun kehren viele Mitarbeiter wieder an ihre normalen Arbeitsstätten im Betrieb zurück – meist in einer sehr unterschiedlichen Gemütsverfassung. Während sich manche freuen, haben andere gemischte Gefühle – zum Beispiel, weil sie Angst vor einer Infektion am Arbeitsplatz haben oder weil zuhause ihre Kinder sind, deren Schulen und Kitas noch geschlossen sind, oder weil sie sich schlicht fragen: Wie geht es in unserem Betrieb weiter? Welche Veränderungen kommen auf uns zu? Mitarbeiter sind jetzt sensibler - zeigen ihre Gefühle aber häufig nicht Führungskräfte müssen sich darauf einstellen, dass ihre Mitarbeiter nach dem Lockdown emotional sensibler als in der Vor-Corona-Zeit reagieren. Und dass viele ihre Gefühle nicht unmittelbar zeigen. Denn oft wissen die Mitarbeiter aus Erfahrung: Wenn jemand im Unternehmen Gefühle zeigt, kann dies als Schwäche interpretiert werden. Und nicht selten wird derjenige sogar mundtot gemacht mit Aussagen wie „Nun bleiben Sie mal sachlich“ oder „Nun malen Sie nicht gleich den Teufel an die Wand.“. Die Tatsache, dass ein Mitarbeiter Gefühle zeigt, wird also als Legitimation genutzt, um sich mit seinem Anliegen nicht ernsthaft zu befassen. Und zeigt eine Person regelmäßig Gefühle? Dann wird sie schnell in eine Schublade gesteckt: „Ach die Müller, die reagiert schnell hysterisch.“ Oder: „Ach der Huber, der macht aus jeder Mücke einen Elefanten.“ Deshalb sind Mitarbeiter meist bemüht, am Arbeitsplatz wenig emotionale Betroffenheit zu zeigen. Stattdessen verbergen viele ihre Empfindungen hinter scheinbar rationalen Argumenten - und dann wird endlos über Nichtigkeiten diskutiert. Chefs müssen Gefühle erkennen, bewerten und angemessen auf sie reagieren Führungskräfte müssen daher gerade jetzt in der Lage sein, Gefühle zu erkennen, richtig zu bewerten und angemessen auf sie zu reagieren. Sie sollten sich bewusst machen, dass sich hinter den Emotionen und Ängsten ihrer Mitarbeiter individuelle Wünsche und Werte, Interessen und Erfahrungen verbergen. Und sie brauchen ein feines Gespür, um Fehleinschätzungen und -entscheidungen zu vermeiden. 1. Die Aussagen von Mitarbeitern richtig interpretieren Häufig werden Emotionen und persönliche Interessen im Unternehmenskontext verklausuliert zum Ausdruck gebracht. So kann zum Beispiel die Aussage eines Mitarbeiters „Das geht nicht“ zweierlei bedeuten: „Das funktioniert aus fachlichen Gründen nicht“ und „Ich möchte dies persönlich nicht“. Was zutrifft, müssen Führungskräfte oft erst ermitteln, indem sie Rückfragen stellen. Weil dies nicht immer einfach ist, sollten Führungskräfte allen Mitarbeitern dankbar sein, die offen ihre Emotionen zeigen, denn: Dies erleichtert es ihnen, eine gute Lösung für alle zu finden. 2. Das eigene Wertesystem prüfen Wichtig wird es in den kommenden Wochen und Monaten sein, dass Führungskräfte – gerade weil sie selbst unter einem enormen Entscheidungs- und Handlungsdruck stehen – regelmäßig reflektieren: Was ist mein Wertesystem und was kennzeichnet meine Lebens- und Arbeitssituation? Und: Wodurch unterscheiden sich diese von meinem jeweiligen Gegenüber? 3. Killerphrasen vermeiden Diese Unterschiede sollten sich Führungskräfte stets bewusst machen. Sonst ist die Gefahr groß, auf Verhaltensweisen oder emotionale Äußerungen des Gegenübers, die einen irritieren, selbst irrational zu reagieren. Oder mit Killerphrasen zu antworten wie „Nun regen Sie sich mal nicht so auf“ oder „Nun lassen Sie die Kirche mal im Dorf“. Solche Aussagen verletzen das Gegenüber und zerstören letztlich das, was sich Führungskräfte von ihren Mitarbeitern wünschen: Identifikation mit ihrer Aufgabe sowie dem Unternehmen und die Bereitschaft, sich hierfür zu engagieren. Mehr dazu: Killerphrasen: 9 Sätze, die gute Chefs niemals sagen 4. Die Gefühle des Gegenübers anerkennen Sinnvoller ist es in einer solchen Situation, dem Mitarbeiter zunächst zu signalisieren, dass man seine Emotionalität bemerkt hat – zum Beispiel mit einer Aussage wie „Ich sehe, dass Sie das Thema beschäftigt.“ Oder: „Es freut mich, dass Sie sich so sehr dafür engagieren, dass...“ 5. Die wahren Beweggründe ermitteln und darauf angemessen reagieren Danach sollten Führungskräfte versuchen, sich ein Bild davon zu verschaffen, warum der Mitarbeiter so reagiert, um vorschnelle Schlüsse zu vermeiden. Angenommen, ein Mitarbeiter sperrt sich dagegen, eine gewisse Aufgabe mit Kundenkontakt zu übernehmen. Dann kann dies auch daran liegen, dass er Angst hat, sich mit Corona zu infizieren – etwa, weil in seinem Haushalt eine Peron mit einer Vorerkrankung lebt. Dann ist als Führungskraft eine andere Reaktion angesagt, als wenn ein Mitarbeiter auf eine nötige Aufgabe schlicht keine Lust hat. In den kommenden Wochen und Monaten, so viel ist klar, kommen auf Führungskräfte viele neue Herausforderungen zu. Sie können nun jedoch auch beweisen, inwieweit sie auch über die emotionale Intelligenz verfügen, die eine reife Führungspersönlichkeit auszeichnet.
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