50. St. Gallen Symposium: «Plato» hat geliefert

Zum ersten Mal fand die grosse generationenübergreifende Diskussion zwischen Studierenden und Spitzenvertretern aus Wirtschaft und Politik diese Woche Corona-bedingt virtuell statt. Dank professioneller Technologie und einer eigens dafür entwickelten Software funktionierte das gut, vermochte die physische Begegnung aber nicht ganz zu ersetzen.

Peter A. Fischer
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Die Startseite der Konferenz-Software Plato bildete die vertraute Atmosphäre auf der Plaza der Hochschule St. Gallen ab. Von hier aus konnten Teilnehmer an Plenarveranstaltungen und Sessions teilnehmen. Auch die soziale Interaktion wurde grossgeschrieben.

Die Startseite der Konferenz-Software Plato bildete die vertraute Atmosphäre auf der Plaza der Hochschule St. Gallen ab. Von hier aus konnten Teilnehmer an Plenarveranstaltungen und Sessions teilnehmen. Auch die soziale Interaktion wurde grossgeschrieben.

Seit 1969 unterbrechen jeweils rund dreissig Studentinnen und Studenten ihr Studium an der Uni St. Gallen für ein Jahr, um als International Students’ Committee (ISC) ein dem Generationendialog gewidmetes internationales Symposium zu organisieren. «Verantwortung für die Zukunft übernehmen» beschreibt ein ISC-Mitglied seine Motivation für das doch aussergewöhnliche Engagement, das während der vergangenen fünf Jahrzehnte Hunderte von Studierenden gezeigt haben. Doch was tun, wenn die strikten Corona-Vorschriften schon zum zweiten Mal die Durchführung des Anlasses zum 50-Jahr-Jubiläum in St. Gallen zu verhindern drohen?

Seit letztem Herbst hat das diesjährige ISC kurzerhand eine neue, Plato genannte virtuelle Konferenzplattform entwickelt, um das Symposium notfalls auch rein virtuell durchführen zu können. Von Mittwoch bis Freitag hat diese nun ihre Feuertaufe bestens bestanden. Etwas mehr als 2000 Teilnehmer aus 87 Ländern klickten sich von der Startseite, die dem St. Galler Uni-Gelände nachgebildet war, in Plenarveranstaltungen in der virtuellen Aula, nahmen an vielen parallelen Diskussions-Sessions mit Wirtschaftsführern und Politikern in Vorlesungsräumen teil oder diskutierten in Chats, auf der Plaza oder an virtuellen Tischen über Zukunftsfragen, die dem diesjährigen Motto «Trust matters» gewidmet waren. Auch Emojis kamen fleissig zum Einsatz.

Die Speaker setzten sich in zu professionellen Studios umgewandelte Aulas und Räume an der Uni St. Gallen, in zugeschaltete Hubs in Singapur, New York und Boston oder schalteten sich aus ihren Büros irgendwo auf der Welt zu. Nicht immer war dort ihre Online-Anbindung zweckdienlich, aber das allermeiste gelang.

Die «Generation Smartphone» habe ein schnelleres Tempo, sei kreativ und fordernd und habe wenig Verständnis dafür, wenn Systemblockaden bestünden, meinte an einer der Diskussionen Mark Schneider, der CEO von Nestlé, der einst ebenfalls in St. Gallen studiert hat. Nicht nur bei Nestlé müssten deswegen Produktentwicklungszyklen viel kürzer werden. Wichtig finde er, dass man sich immer wieder hinterfrage. Dabei helfe, wenn man in jüngeren Jahren eine Zeitlang in einem weit entfernten Land lebe, gab Schneider den Studenten als Empfehlung mit auf den Weg. Zudem zeigte er sich überzeugt, dass die Gesellschaft bei der Nutzung der Digitalisierung erst am Anfang stehe und sich den Uni-Absolventen dadurch enorme Chancen eröffneten.

Die Teilnehmer am Jubiläums-Symposium nutzten die neuen digitalen Möglichkeiten rege; auch die Vertreter aus der Wirtschaft nahmen sich Zeit dafür. Den einzelnen Diskussionen hörten so eher mehr Teilnehmer zu als früher physisch am Symposium. Klar wurde allerdings auch, dass ein rein virtuelles Format das physische nicht ganz ersetzen kann: Es fehlten spontane Treffen und die informellen Gespräche am Rande. Für die Zeit nach Corona ist eine Kombination aus virtuellem Zusammenschluss und physischer Konferenz an verschiedenen Standorten vorstellbar, was zwar attraktiv, aber auch anspruchsvoll sein wird.