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So besiegen Sie Ihre Bühnen-Panik. Für immer!

„Wird schon gutgehen“ hilft null. Die folgenden Profi-Tipps gegen Alpträume in der Nacht davor und gegen den Blackout auf der Bühne sind die Werkzeuge schlechthin für Ihren angstfreien, souveränen Auftritt, der Sie lächeln lässt: das „Superhelden-Prinzip“. Eine Kolumne.

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Hier lernen Sie, wie Sie Ihren ganz persönlichen Weltuntergang auf der Bühne abwenden. Weltuntergang klingt dramatisch, aber genau so fühlt es sich doch für uns an, wenn wir uns vorstellen, wie wir vor Publikum stehen und alles nur Vorstellbare schief geht. Diese Blamage! Für den Rest unseres Lebens werden wir daran zurückdenken und es wird uns die Scham durchziehen wie ein saurer Kriechstrom! So in etwa, oder? Kenne ich.

Sprüche wie „ach, das wird bestimmt schon werden“ oder „denk daran, wie alles gut geht“ täuschen besonders Angstgeplagte nicht darüber hinweg, dass das, was bestimmt schon gut gehen wird, eben doch auch schief gehen kann. Es bleibt eine verdammte Restwahrscheinlichkeit für das absolute Bühnendesaster. Mit anderen Worten: Der Grund für die Angst ist real. Oder?

Das Gute ist: Gleich werden Sie wissen, wie Sie diesen Horror ein für allemal besiegen. Indem Sie das Gegenteil denken von „wird schon gut gehen“. Der Weg hin zur fröhlichen Bühnensouveränität verläuft über zwei Etappen:

1. Steigern Sie sich detailliert in Ihre schlimmsten Bühnen-Alpträume hinein
2. Werden Sie in Ihrem Bühnen-Alptraum ganz souverän zum Superheld

Etappe 1: Steigern Sie sich jetzt in Ihre schlimmsten Bühnenalpträume rein

In meinen Kommunikations-Trainings mache ich immer wieder die Erfahrung: Meine Klientinnen und Klienten treibt eine Art „Top 10 der Bühnenängste“ um. Ungefähr diese:

Platz 10: Ich ruiniere mir kurz vor dem Auftritt die Garderobe.
Ich sehe unmöglich aus und mache mich zum Gespött der Leute.

Platz 9: Das Mikrofon funktioniert nicht.
Aus den hinteren Reihen kommen Rufe, ich sei nicht zu hören. Und jetzt?

Platz 8: Ich muss Zeit auf der Bühne überbrücken.
Alle starren mich an und ich weiß nicht, was ich sagen soll.

Platz 7: Ich schwitze stark oder werde rot.
Alle können sehen, wie nervös ich bin. Toll!

Platz 6: Die Präsentation hakt technisch.
Das Gefummel am Laptop lässt mich wie ein Opfer wirken.

Platz 5: Ich kann Fragen aus dem Publikum nicht beantworten.
Dann wirke ich wie schlecht vorbereitet und inkompetent. Peinlich!

Platz 4: Ich vergesse einen wichtigen Aspekt meiner Rede.
Alle Mühe war dann umsonst! Wenn sich das im Haus rumspricht...

Platz 3: Ich sage etwas inhaltlich Falsches.
Das könnte mich meine Reputation kosten. Und dann?

Platz 2: Ich leiste mir einen peinlichen Versprecher.
Gesagt ist gesagt. Das kriege ich nicht mehr aus den Köpfen.

Platz 1: Alles ist weg. Faden verloren. Blackout.
Alle merken es. Ich will im Boden versinken. Der Super-GAU!

Vielleicht wühlt Sie auch noch etwas ganz anderes auf: Ihr Sprach-„Fehler“, der allen sofort auffallen wird, ihre zu kurz geratene Frisur. Ihr Englisch ist weit von akzentfrei entfernt? – egal, was es ist: Malen Sie es sich aus. Schütteln Sie sich von mir aus vor Unbehagen. Und dann: Begeben Sie sich auf

Etappe 2: Werden Sie in Ihren Bühnen-Alpträumen zum Superheld

Keine der in der Top 10 aufgeführten Befürchtungen beruht auf unrealistischen Szenarien. Alle sind mehr oder weniger wahrscheinlich und mehr oder weniger einflussreich auf den Ablauf Ihres Auftritts. Wenn Sie besagte Situationen aber beherrschen, verliert der Alptraum nicht nur vollends an Schrecken, Sie können vor Ihrem Publikum sogar damit punkten, in diesen Momenten besonders heldenhaft zu reagieren. Nämlich souverän.

Entwickeln Sie also für alle Ihre befürchteten Szenarien gute Lösungen zum Umgang, werden Sie sich die Pannen vielleicht sogar irgendwann herbeiwünschen, weil sie Sie auf der Bühne erst richtig glänzen lassen. Entwickeln wir für ein paar Angst-Szenarien mal Heldenlösungen:

Sollten Sie sich tatsächlich noch kurz vor dem Auftritt gut sichtbar Ketchup von der Pommes aufs Hemd schaufeln oder Schokolade vom Bürokeks auf die Bluse, dann könnte Ihre Heldenlösung lauten:

Wenn ich mich sichtbar bekleckert habe, spreche ich es kurz an – und dann sofort weiter im Text. Etwa so: „Gucken Sie mir bitte nicht auf den Schokoladen-Fleck, gucken Sie mir bitte in die Augen.“ Oder: „Keine Sorge, kein Streifschuss, nur Ketchup.“

Eine elegante Garderobe ist beeindruckend, ein eleganter Umgang mit nicht mehr so eleganter Garderobe kann noch beindruckender sein. 1 zu 0 für Sie.

Ähnliches gilt für Schwitzflecken oder wenn Sie zu roten Stresspusteln neigen: Wenn Sie glauben, dass Ihre Nervosität dem Publikum auffällt, sprechen Sie es kurz an: „Gucken Sie mal, wie ich mich heute für Sie engagiere.“ oder „Die Flecken sind Ausdruck meiner Freude.“ Man wird Sie für diese Leichtigkeit beneiden, mit der Sie Ihre „Schwächen“ zu einem rhetorischen Höhepunkt ummünzen. Besser geht es nicht.

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Das Mikro streikt. Was mir dann immer hilft, ist die Devise: Ich gebe trotz aller technischer Widrigkeiten mein Bestes. Das wird man merken. Ihr Heldenrezept könnte lauten:

Wenn das Mikro streikt, unterbreche ich kurz und bitte um Unterstützung vom Technik-Team. Lässt sich das Problem nicht abwenden, biete ich dem Publikum an, ohne Mikrofon vorzutragen. Im Zweifel muss ich damit leben, die hinteren Reihen zu frustrieren.

Kommt es dann zu dieser Panne, müssen Sie nicht lange fackeln. Sie haben Ihren Lösungsweg bereits vorab entschieden und können Ihre Energie trotz aller Widrigkeiten auf Ihren Vortrag konzentrieren.

Was, wenn Sie Zeit auf der Bühne überbrücken müssen, etwa, weil Sie schon hochgerufen wurden, dann aber das Technik-Team spontan noch um etwas Geduld bittet? Gespielt gelangweilt auf die eigenen Fingernägel zu gucken, ist nicht die beste Option. Welche Heldengeschichte würde Sie entlasten? Ich würde mir vornehmen: Für den Fall, dass ich mehrere Minuten überbrücken muss, gehe ich ins Publikum, und stelle zum Thema passende Fragen. Etwa: „Was erwarten Sie von unserem gemeinsamen Abend heute?“ Oder ich erzähle von meinem Eindruck beim Gang durch die Innenstadt am Veranstaltungsort. Keine Hemmungen vor Banalem. Das Publikum wird Ihnen dankbar sein, dass Sie die Wartezeit auflockern. Und alle mögen Unterhaltsames. Hier können Sie richtig punkten.

Sie befürchten, Fragen aus dem Publikum nicht gut beantworten zu können? Legen Sie sich vorher fest: Nicht herumeiern und Halbwahres stammeln. Sondern: „Bevor ich Stuss erzähle: Lassen Sie mir Ihre E-Mail-Andresse da. Ich reiche das nach.“ Die Floskel „Da erwischen Sie mich auf dem falschen Fuß“ können Sie sich sogar sparen, wenn Sie wollen: Der Fuß ist nicht falsch. Etwas nicht zu wissen, ist normal. Damit muss das Publikum leben. Und kann es auch.

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Sie haben Angst vor peinlichen Versprechern? Das ist die Konstellation für eine rettende Heldengeschichte. Stellen Sie sich vor, Sie sagen mit lauter gutem Willen „Jedem das Seine“ und dann plagen Sie die Gewissensbisse, beiläufig eine zynische Inschrift in einem Konzentrationslager zitiert zu haben. Mein Heldenrezept: ohne Handbremse zurück. „Mir fällt gerade auf: Ich habe eben ohne bösen Hintergedanken einen KZ-Spruch zitiert. Das tut mir leid. Das war unpassend. Das nehme ich zurück und bitte um Entschuldigung.“ Und dann ohne weitere Umschweife weiter im Text. Baustelle abgeräumt. Chapeau!

Und zum Schluss: Die Angst vor dem Blackout. Einfach gesagt: Beim Blackout kommt es vor lauter Aufregung zu einer Art Kurzschluss der Synapsen. Sie bekommen die gewünschten Gedanken vorübergehend nicht abgerufen, weil der Körper effizient auf Stressbewältigung setzt. Vergeht einige Zeit, erledigt sich das Phänomen von selber. Sie müssen einfach nur das Beste aus dieser Zeit dazwischen machen. Die beruhigende Nachricht: Wenn Sie vorab für all Ihre anderen Bühnen-Alpträume Heldenlösungen vorbereiten, dann schwindet das Risiko für einen Blackout zusehends. Aber trotzdem: Hier meine Heldenlösung für den unwahrscheinlichen Fall eines Blackouts.

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von Marcus Werner

Legen Sie sich doch wie ich eine kleine Geschichte zurecht, die Sie auf immer und ewig sofort aus dem Hut zaubern können. Diese Geschichte ist so singulär für alle Fälle im Gedächtnis hinterlegt, dass Sie sich immer an sie erinnern werden. Arbeiten Sie etwa für eine Firma, die Büromöbel vertreibt, dann sagen Sie:

„Ich habe gerade den Faden verloren, aber bis ich den wieder aufgenommen habe, will ich Ihnen gerne erzählen, warum mir gute Büromöbel so am Herzen liegen. Ich hatte als Kind nämlich nie einen guten Schreibtisch. Bis zu meinem zehnten Geburtstag…“, und dann führen Sie das kurz unterhaltsam aus. Irgendwann werden Sie merken: Ah, da ist der Faden wieder. Dann binden Sie die kleine Anekdote sympathisch ab und weiter im Ursprungsablauf.

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Ja, damit wissen alle, dass Sie zwischenzeitlich den Faden verloren haben. Und damit wissen auch alle, wie sie künftig selbst souverän damit umgehen, wenn ihnen einmal dasselbe passiert.

Entwickeln Sie auf diese Weise Heldenlösungen für jeden einzelnen Ihrer ganz persönlichen Bühnen-Alpträume. Und dann freuen Sie sich drauf, wenn tatsächlich einmal eintritt, was früher für Sie ein Horror war. Weil sich das Publikum mit Ihnen gemeinsam darüber freuen wird, wie gekonnt Sie bewältigen, was anderen richtig Nerven kosten würde.

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Mit dem „Superhelden-Prinzip“ besiegen Sie die Bühnen-Panik für immer. Viel Erfolg!

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