Die Positionen sind klar – und eindeutig nicht miteinander vereinbar. Bundesfinanzminister Christian Linder hat die Ressorts der Bundesregierung um ihre Etatplanungen gebeten und schon im Vorfeld gemahnt, dabei innerhalb des vorgegebenen Rahmens zu bleiben.
Das Ergebnis: Die Anmeldungen fast aller Ministerinnen und Minister übersteigen die Haushaltsansätze um eine zweistellige Milliardensumme. Das ist nicht nur eine Provokation, sondern auch eine direkte Kampfansage an Lindner. In dieser für die Ampelkoalition äußerst heiklen Lage hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz jetzt in einem Interview mit dem Magazin „Stern“ überraschend auf die Seite seines Kassenwarts gestellt.
Lindner habe den Kabinettsmitgliedern Limits genannt, erinnerte Scholz, und das sei mit ihm abgesprochen. Den einfachen und von SPD und Grünen immer vehementer geforderten Ausweg, mehr Geld über weitere Kredite und eine erneute Aussetzung der Schuldenbremse zu beschaffen, hat der Kanzler versperrt. „Wir sollten uns das Leben nicht zu leicht machen“, warnte Scholz, „jetzt ist erstmal Schwitzen angesagt.“
Das bedeutet: Es muss gespart werden – aber eben auch nicht zu viel. Scholz will sich weder am „sozialen Zusammenhalt versündigen“ noch darauf verzichten, „das Wachstum anzukurbeln“. Wie das geschehen soll, bleibt bis auf weiteres das Geheimnis des Kanzlers. Legt man nämlich Ausgabenwünsche und Ausgabengrenzen nebeneinander, gleicht die Aufstellung eines verfassungskonformen Haushalts der Quadratur des Kreises. Die Ansage von Scholz per Interview ist deshalb mehr ein Appell und eine Warnung an seine Koalition. Gelingt es nicht, sich auf einen Etat für 2025 zu verständigen, ist die Koalition ohne jeden Zweifel am Ende.
Eine kraftvolle Ausübung der Richtlinienkompetenz, wie das „letzte Wort“ des Kanzlers bei Streitfällen im Grundgesetz beschrieben wird, ist das nicht – eher ein Machtwörtchen. Man darf gespannt sein, wie Scholz zum Beispiel seinen Sozialminister Hubertus Heil einbremsen will, der den mit Abstand größten Ausgabentopf verwaltet. Gleiches gilt für Verteidigungsminister Boris Pistorius, der auf den Vorrang der „Zeitenwende“ pocht. Von Robert Habeck und Annalena Baerbock, die ebenfalls deutlich mehr Geld als vorhanden ausgeben wollen, gar nicht erst zu reden.
Man darf auf die nächsten Wochen gespannt sein. Selbst wenn der Trieb zum Machterhalt die Ampel noch einmal aneinanderkettet – aus dem Dauerstreit wird diese Koalition nicht mehr herauskommen.
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