Protektionismus EU plant ebenfalls höhere Zölle auf chinesische Dumpingprodukte

Der chinesische Präsident Xi Jinping mit der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen. Quelle: imago images

Dunkle Wolken am Horizont der globalen Handelsbeziehungen: Auch Brüssel wirft Peking vor, mit subventionierten Waren die Weltmärkte überfluten und erobern zu wollen. Die drastische Zollpolitik könnte in einen Handelskrieg münden – zum Schrecken der deutschen Autoindustrie.

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Es ist nicht so, dass die EU-Kommission die Argumente von US-Präsident Joe Biden für die drastische Heraufsetzung von Zöllen auf chinesische Produkte nicht nachvollziehen könnte. Erst in der vergangenen Woche hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach einem Treffen mit dem chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping vor Handelsverzerrungen durch den starken Anstieg billiger Elektroautos und anderer Produkte aus China auf dem europäischen Markt gewarnt. „Die Welt kann nicht Chinas Überproduktion absorbieren“, hatte von der Leyen gesagt.

Schon im vergangenen Herbst hatte die Kommission ein Antisubventionsverfahren gegen den Import chinesischer Elektroautos eröffnet. Ähnlich wie in den USA, wo im November gewählt wird, gilt auch in der EU die von chinesischen Billigprodukten ausgehende Gefahr für heimische Produzenten als relevantes Thema für die am 9. Juni stattfindende Europawahl. In Brüssel geht man deshalb davon aus, dass die Kommission noch vor der EU-Wahl dem Beispiel der USA folgen und ebenfalls über Strafzölle entscheiden wird. Allerdings gilt es als ausgeschlossen, dass diese auch nur annähernd die Höhe der US-Zölle erreichen.

Chinesische Produkte drängen in die EU

Das Weiße Haus hatte am Dienstagabend angekündigt, die Zölle unter anderem auf Halbleiter, Mineralien, medizinische Produkte und Elektrofahrzeuge deutlich anzuheben. Für E-Autos sollen sie sogar von 25 auf 100 Prozent steigen. In Brüssel war vergangenen Herbst von einer Anhebung lediglich zwischen zehn und 20 Prozent gesprochen worden. Die könne angesichts der drastischen Entscheidung der US-Regierung jetzt aber auch höher ausfallen, hieß es in der Kommission.

Die Wirtschaftsexperten der großen Parteien sprachen sich denn auch dafür aus, sich der chinesischen Expansionspolitik mit künstlich heruntersubventionierten Produkten entgegenzustellen. Reinhard Houben, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP, forderte die Kommission auf, die Prüfung für eigene Strafzölle zügig zu einem Abschluss zu bringen. Der grüne Europapolitiker Michael Bloss prophezeit, dass durch die Erhöhung der US-Zölle chinesische Produkte umgelenkt würden und als Konsequenz verstärkt auf den europäischen Markt landen, wo sie den Wettbewerbsdruck zulasten der heimischen Anbieter noch einmal verstärken würden.

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von Martin Seiwert

Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist für eine Erhöhung der Zölle. Schon vor längerer Zeit hatte er sich für eine „Gegenwehr“ ausgesprochen, um heimische Marken wie Renault, Peugeot und Citroen vor chinesischen Wettbewerbern schützen zu können. In der deutschen Autoindustrie, die inzwischen mehr Wagen im Reich der Mitte verkauft als in Deutschland, wird allerdings vor den negativen Folgen für die Branche gewarnt. Zum einen werden Marken wie der Mini von BMW oder der Smart von Mercedes inzwischen ganz oder zum Teil in China gebaut und würden damit als „chinesische Produkte“ ebenfalls unter die Strafzölle der EU und der USA fallen. Zum anderen wären gerade die in China so stark engagierten Deutschen von möglichen Vergeltungsmaßnahmen der Machthaber in Peking stärker betroffen als andere Hersteller.

„Katastrophe“ für deutsche Autobranche

Autoexperten wie der Ferdinand Dudenhöfer, Direktor des Center Automotive Research (CAR) in Bochum, sehen in der Erhöhung der Zölle und der sich anbahnenden Handelsstreitigkeiten eine „Katastrophe“ für die deutsche Autoindustrie.

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Die Gefahr geht aber nicht nur von den Elektroautos aus, deren Export aus China im vergangenen Jahr um mehr als 70 Prozent gestiegen ist. Massive Überkapazitäten durch subventionierte Produktion finden sich inzwischen auch im Maschinenbau, bei Windturbinen oder bei Solarpaneelen. Wirtschaftswissenschaftler wie der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Moritz Schularick, sprechen bereits von einem „China-Schock“, der wichtige Branchen nach und nach erfassen würde.

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